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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Euch sehr für Euer edeles Angebot, Monsieur de La Boétie«, erwiderte Siorac, »doch kann ich es nicht annehmen. Wenn Fontenac uns nicht in Taniès fände, würde er womöglich gemeine Rache an meinem Oheim, meinen beiden Vettern und den armen Dorfleuten nehmen!«
    »Siorac hat recht«, setzte Sauveterre hinzu, ohne dem Bruder zu verübeln, daß er geantwortet, ohne ihn zu befragen. Und er fuhr fort: »Dank Euch, Herr Leutnant, werden nicht wir es sein, die heute nacht überrumpelt werden, sondern Fontenac.«
    »Er wird sich bei der ganzen Sache gar nicht sehen lassen«, erwiderte La Boétie, »dafür ist er zu schlau.«
    »Doch wenn wir seine Mörderbande niedermachen«, sprach Siorac, »ist es, als ob wir ihm die Klauen abhackten!«
    Das Dörfchen Taniès, das in damaliger Zeit etwa ein Dutzend Familien zählte, drängt sich um einen wuchtigen Kirchturm auf einem Hügel; ein steiler Weg führt in das Beunes-Tal hinab, welches sich bis zum Flecken Les Ayzies erstreckt. Neben dem Beunes-Fluß verläuft eine recht gut gepflasterte Straße – der einzige Weg, welcher von der Burg Fontenacs hierher führt.
    Nach Einbruch der Nacht postierten die beiden Hauptleute Cabusse und die beiden Söhne des Oheims Siorac am Fuße des Hügels, denn sie mutmaßten, die Angreifer würden ihre Pferde dort zurücklassen, um den steilen, steinigen Pfad zum Dorf auf leisen Sohlen hinaufzuschleichen. Cabusse und seine Helfer hatten den Befehl, sich verborgen zu halten und die Angreifer passieren zu lassen. Beim ersten Büchsenknall sollten sie dann den Bewacher der Reittiere niederschlagen und die Pferde in eine Scheune führen, welche der Oheim im Beunes-Tal besaß. Danach sollten sie zurückkehren, um diejenigen der Bande,welche gegebenenfalls zu entkommen suchten, am Fuße des Hügels mit ihren Arkebusen zu erledigen.
    Cabusse, welcher mir die Begebenheit berichtet hat – denn die Herren Brüder liebten es nicht, mit ihren Heldentaten zu prahlen –, erzählte mir lachend, das schwierigste sei es gewesen, die Dorfleute zum Mittun zu überreden, denn ihre Furcht vor Fontenac war riesengroß. Doch nachdem sie einmal umgestimmt, waren sie unerbittlich in ihrem Grimm. Nach dem Kampf erledigten sie gnadenlos die Verwundeten und begannen sogleich, ihnen die Stiefel und Kleider vom Leibe zu reißen, und forderten lauthals einen Anteil an den erbeuteten Waffen und gar den Pferden, wo doch allein die Söhne Raymond Sioracs geholfen hatten, sie einzufangen.
    Jedem dieser beiden sprachen die Hauptleute ein Reittier mit Sattel zu und den Dorfleuten ebenfalls zwei Pferde, die reihum für die Feldarbeiten genutzt werden sollten. Doch die Dörfler, gewöhnt an ihre Ochsen, verkauften die Pferde und teilten das Geld unter sich. Den Rest der Beute behielten die Herren Brüder, nämlich sechs starke, prächtige Gäule, die sich sowohl für die Feldarbeit als auch zum Reiten eigneten und von großem Nutzen sein würden, wenn es die brachliegenden Felder von Mespech zu bestellen galt.
    Ohne daß auf seiten der Hauptleute auch nur ein einziger Verwundeter zu beklagen war, fanden in jener Nacht sechs Spießgesellen des Räuberbarons den Tod. Und es wurde ein Gefangener gemacht: der Pferdewächter, welchen Cabusse im Beunes-Grund niedergeschlagen. Als dieser in das Dorf gebracht ward, wollten ihn die Dörfler sogleich massakrieren, doch zumindest einer dieser Strauchdiebe mußte am Leben bleiben, auf daß er gegen Fontenac aussagte. Nach der Anzahl der Reittiere zu urteilen, mußte es zweien der Angreifer gelungen sein, im Schutze der Dunkelheit zu entkommen, obgleich die Nacht recht hell war. Doch jenseits des Beunes-Baches beginnt ein dichter Kastanienwald, welcher sich ohne Unterbrechung über die fünf Meilen bis zur Burg Fontenac erstreckt.
    Am nächsten Tage, dem Montag der Versteigerung Mespechs, ließen die beiden Hauptleute die blutigen Leichname auf einen Karren laden und zusammen mit dem Gefangenen zu La Boétie bringen, welcher den letzteren im Stadtkerker festsetzen, die Toten aber am Galgen vor dem Stadttor zur Schaustellen ließ, wo sich alsbald eine dichte Menge von Schaulustigen drängte, darunter etliche Jungfern, obgleich die sechs toten Schurken nicht einen Faden mehr auf dem Leibe trugen.
    Auch La Boétie verweilte dort geraume Zeit zusammen mit den Hauptleuten, nicht um sich an dem Anblick zu weiden, sondern um den Leuten zuzuhören und herauszufinden, ob nicht manch einer die Aufgeknüpften als Männer Fontenacs erkennte, mit
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