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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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welchen man in den Schenken gezecht. Und in der Tat, da der Wind sich gegen den Räuberbaron zu drehen begann, lösten sich auch einige Zungen.
    Der Gefangene ward eine Stunde nach seiner Ankunft in Sarlat einer hochnotpeinlichen Befragung durch den Henker unterzogen und gestand unter der Folter alles und sogar mehr noch ein. Er enthüllte unglaubliche Missetaten, welche Fontenac vor zwei Jahren begangen und die sein eigenes Gewissen mehr zu belasten schienen als das seines Herrn.
    Anno 1543 war nämlich ein wohlhabender Bürger namens Lagarrigue aus Montignac verschwunden. Einen Monat darauf verließ sein Weib den Ort, allein zu Pferde, und ward ebenfalls nie wieder gesehen. Das Geständnis des Gefangenen erhellte nun auf fürchterliche Weise das Verschwinden dieser beiden. Fontenac hatte Lagarrigue bei Anbruch der Nacht auf der Straße von Montignac nach Sarlat überfallen, die beiden Diener erschlagen und den Mann selbst auf seine Burg entführen lassen. Dann teilte er insgeheim dem Eheweib Lagarrigues mit, daß ihr Mann in seinen Händen sei: er werde ihn gegen ein Lösegeld von achttausend Livres wieder freilassen unter der Bedingung, daß sie das Geld in aller Heimlichkeit überbringe und keinem Menschen, selbst ihrem Beichtvater nicht, ein Wort davon sage.
    Das unglückliche Weib, welches ihrem Angetrauten in großer Liebe zugetan, ließ sich in ihrer Sorge, ihn zu verlieren, zu der törichten Annahme verleiten, der Räuberbaron sei ein Mann, der sein Wort hält. Und so tat sie alles, was er geheißen. Als nun die Burgtore sich hinter ihr geschlossen, das Lösegeld gezählet und in der Schatztruhe verwahrt, sprach Fontenac, welcher ein Edelmann von schöner Gestalt, von Bildung und höflichen Sitten war, mit sanfter Stimme zu dem Frauenzimmer, sie möge sich nur ein wenig gedulden, bald sei sie wieder mit ihrem Manne vereint. Doch als sich dann die Tür auftat,ward Lagarrigue blutüberströmt und in Ketten hereingezerrt, und Fontenac, dessen Miene und Ton sich unversehens änderten, stieß das arme Weib seinen Soldaten mit den Worten vor die Füße, sie sollten sich an ihr vergnügen, falls sie Lust dazu verspürten. Was auch prompt geschah – vor den Augen Lagarrigues, welcher sich wie von Sinnen in seinen Ketten wand. Um die Qualen der unglücklichen Frau noch zu steigern, befahl Fontenac alsdann, den Ehemann vor ihren Augen zu erwürgen, und drohte ihr das gleiche Schicksal an. Zuvor aber überließ er sie noch zwei oder drei Tage seinen Soldaten. Doch etliche von denen begannen Mitleid mit ihr zu verspüren, denn trotz unsäglichen Leidens bewahrte sie sich ihre christliche Milde und Würde. Worauf Fontenac, gleichsam um ihnen eine Lektion in Grausamkeit zu erteilen, ihr den Dolch in die Brust stieß, selbigen in der Wunde hin und her bewegte und sie unter unflätigen und groben Reden fragte, ob solches nicht ihre Sinneslust aufreize. Die beiden Leichname wurden in den Wallgräben verbrannt, damit von dieser abscheulichen Missetat keine Spur verbliebe. Als der beißende Qualm aufstieg, sah Fontenac oben von der Burgmauer zu und höhnte, Lagarrigue und sein Weib könnten zufrieden sein, daß sie nun wieder vereint wären.
    Fontenac hatte von dem Geständnis erfahren und ließ sich am Montag mittag nicht in Sarlat blicken. So ward Mespech bei Verlöschen der Kerze dem Chevalier Jean de Siorac und dem Junker Jean de Sauveterre für 25   000 tourische Livres zugesprochen, ein bescheidener Preis für die ausgedehnten, fruchtbaren Ländereien.
    Man hätte glauben können, daß nun das Recht seinen Lauf nehmen und Fontenac endlich mit dem Leben hätte büßen müssen. Doch der Gefangene, welcher gegen ihn gezeugt, verstarb zwei Tage später in seinem Kerker an einer Vergiftung, wodurch das einzige Zeugnis, welches wider den Räuberbaron vorlag, in seinem ohnehin nicht hohen Wert weiter gemindert ward. Fontenac bekam zwar eine Vorladung vor das Parlament zu Bordeaux, doch er hütete sich, seine zinnenbewehrte Räuberhöhle zu verlassen, und sandte dem Vorsitzenden des Gerichts einen gar höflichen Brief in wohlgesetzten Worten, worinnen es an lateinischen Zitaten nicht mangelte.
    Er entschuldigte sich unter vielerlei artigen Worten, daß er der Vorladung nicht Folge leisten könne, er liege todkrank darniederund könne vor seinem nahen Ende nur noch für das Wohl seiner Seele beten. Im übrigen sei er in dieser Angelegenheit das Opfer einer heimtückischen Verschwörung, hinter der ganz offensichtlich niemand
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