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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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anderes als die Ketzer steckten. Es entspreche zwar der Wahrheit, daß die sechs zu Sarlat gehenkten Männer in seinem Dienst gestanden, doch hätten diese Treulosen, verführt durch hinterlistige Versprechungen, ihn am Vorabend heimlich verlassen, um sich samt der ihm gestohlenen Waffen und Pferde in den Dienst der Reformierten zu begeben, welche sich unter Verheimlichung ihres wahren Glaubens in der Provinz niederlassen und selbige mit Ketzerei verseuchen wollten. Als die ungetreuen Diener an dem von den verkappten Hugenotten genannten Treffpunkt ankamen, hätten letztere sie sogleich heimtückisch niedergemacht, um einen Angriff Fontenacs vorzutäuschen und sich der ihm gehörenden Waffen und Reittiere zu bemächtigen. Was den Gefangenen betreffe, so sei offensichtlich, daß sein angebliches Zeugnis, welches durch kein zweites habe erhärtet werden können
(testis unus, testis nullus
1 )
, von den Hugenotten erkauft worden sei, um die jahrhundertealte Ehre der Fontenacs zu besudeln. Wenn er, Fontenac, diesem Elenden hätte gegenübergestellt werden können, hätte selbiger mit Sicherheit all seine abscheulichen Lügereien widerrufen. Doch leider habe ein höchst verdächtiger Tod
(fecit cui prodest
2
)
ihn zum Vorteil der Ankläger rechtzeitig zum Schweigen gebracht.
    Zu guter Letzt verlangte Fontenac noch von dem Vorsitzenden des Gerichtes, den Herren Siorac und Sauveterre die richterliche Weisung zu erteilen, ihm unverzüglich seine Waffen und Pferde zurückzugeben.
    Nun war in den letzten Jahren der Herrschaft Franz’ I. der Parteigeist so mächtig und an den Parlamenten die Voreingenommenheit gegen all jene, die heimlich der Ketzerei anzuhängen schienen, so groß, daß dieser unverschämte und unzweifelhaft lügnerische Brief Fontenacs von dem Vorsitzenden und seinen Gerichtsräten ernst genommen ward, obgleich doch der schandbarliche Ruf Fontenacs ihnen bekannt war. So mußten sich die beiden Hauptleute, La Boétie, die beiden Konsulnvon Sarlat sowie François de Caumont als Abgesandter des Adels eigens nach Bordeaux begeben, die Tatsachen richtigzustellen. Dennoch bestand das Parlament darauf, daß die beiden Hauptleute, welche überall mit Ehren aufgenommen wurden, einer Befragung zu ihrer Glaubensfestigkeit zustimmten. Was sie auch taten unter der Bedingung, daß dies nicht öffentlich geschehe, sondern in alleiniger Gegenwart des mit der Befragung beauftragten Gerichtsrates.
    Selbiger war ein Mann mit bereits ergrautem Haar, besonnen und überhaus höflich, welcher sich in vielen Entschuldigungen erging, ehe er zur Befragung der beiden Brüder schritt.
    »Herr Gerichtsrat«, sprach Siorac, »wie kann es geschehen, daß die Behauptungen eines solchen Erzschurken für ernst genommen werden?«
    »Weil er ein guter Katholik ist, so groß seine Sünden auch sein mögen. Er geht zur Messe, zur Beichte und zur Kommunion, er begibt sich zu Exerzitien in ein Kloster, er …«
    »Es ist nur höchst bedauerlich, daß seine Werke nicht mit seinen Worten übereinstimmen …«
    »Es freut mich«, fuhr der Gerichtsrat fort, »Euch von den Werken des Menschen sprechen zu hören. Vermeinet Ihr nicht, daß ein Christ dank seiner Werke das ewige Leben zu gewinnen vermag?«
    Sauveterres Miene verdunkelte sich, doch Siorac erwiderte ohne Zögern:
    »Gewiß, das vermeine ich.«
    »Ihr zerstreuet meine Bedenken«, sprach hierauf der Gerichtsrat mit einem Lächeln. »Im übrigen bin ich kein Kirchengelehrter und werde Euch nur einfache Fragen stellen, welche Ihr ohne Mühe beantworten könnt. Höret Ihr selbst regelmäßig die heilige Messe?«
    »Ja, Herr Gerichtsrat.«
    »Lassen wir doch die Förmlichkeiten. Wenn es Euch beliebt, antwortet nur mit ja oder nein.«
    »Wie es Euch beliebt.«
    »Ich fahre also fort. Verehret Ihr die Jungfrau Maria und die Heiligen?«
    »Ja.«
    »Rufet Ihr in Euren Gebeten die Jungfrau Maria und die Heiligen an?«
    »Ja.«
    »Erweiset Ihr den Medaillen, Bildnissen, Kirchenfenstern und Standbildern, welche sie darstellen, Eure Achtung?«
    »Ja.«
    »Billiget Ihr die Ohrenbeichte?«
    »Ja.«
    »Glaubet Ihr an die tatsächliche Gegenwart Gottes im heiligen Sakrament?«
    »Ja.«
    »Glaubet Ihr an das Fegefeuer?«
    »Ja.«
    »Glaubet Ihr, daß der Papst das heilige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche ist und daß jeder Christ ihm Gehorsam schuldet?«
    »Ja.«
    »Glaubet Ihr, daß der Papst Ablaß erteilen kann?«
    »Ja.«
    »Verehret Ihr die Reliquien der Heiligen und
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