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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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alt und verkrüppelt ihr Leben in der Diözese von Sarlat fristeten«.
    Als die beiden Hauptleute an jenem Sonntag in Sarlat anlangten, boten sie wahrlich nicht den Anblick von Hasenherzen, die sich leicht ins Bockshorn jagen lassen. Begleitet von ihren drei Soldaten, ritten sie stolz zum Stadttor hinein, alle fünf – ausgenommen Coulondre – mit der Pistole in der Faust, der blanke Degen von der Hand hängend, welche die Zügel führte. So zogen sie durch die Straßen, Siorac und Sauveterre ein Auge auf die Fenster gerichtet, ihre Männer den Blick auf die Passanten. Sie steckten ihre Waffen erst weg, als sie vor dem Hause La Boéties absaßen. Auf das Hufgetrappel hin war der Leutnant aus seinem Hause getreten und kam ihnen entgegen, ein Lächeln auf den Lippen und die Hände ausgestreckt, um den Honoratioren (welche sich, wie es bei schönem Wetter Brauch war, vor der Messe auf dem Platze versammelt hatten) zu zeigen, welche Wertschätzung der königliche Offizier den Neuankömmlingen entgegenbrachte.
    Nachdem die Herren Brüder in sein Haus eingetreten, kam Bewegung in die versammelte Menge: die Bürgersleute befragten einander unter vielem Kopfnicken, indes das einfache Volk sich um die fünf feurigen Rösser drängte, deren schweißglänzende Leiber sowie die verzierten Sättel zu bewundern, in deren Taschen schwere Pistolen steckten.
    Unter den Bürgern von Sarlat und bei den Schloßadeligen war Fontenac verhaßt wegen seiner abscheulichen Mord- und Gewalttaten, doch unter dem gemeinen Volk genoß er einiges Ansehen, weil er mit dem auf seinen Raubzügen erbeuteten Gelde zuweilen Heiligenprozessionen veranstalten ließ, welche indessen, da Fontenac den reichlich fließenden Wein bezahlte, zu höchst unzüchtigen Ausschweifungen führten, denen La Boétie dann ein Ende setzen mußte. Trotzdem vermeinen manche, man dürfe dem Stadtvolk, welches vom Morgen bis in die Nacht für ein paar armselige Sols arbeiten muß, seine Vorliebe für Heiligenprozessionen nicht verübeln, verlängern selbige doch seine karge Freizeit; die von den Katholiken verehrtenzahlreichen Heiligen bescheren ihm im Jahre immerhin mehr als fünfzig Feiertage neben den Sonntagen, aus welchem Grunde es auch immer leicht war, das Volk gegen die Anhänger der reformierten Religion aufzubringen, welche es verdächtigt, ihm die Feiertage zu nehmen, weil sie ja die Heiligen abschaffen wollen.
    Obgleich die Sprache des Quercy und der Gascogne sich von der ihren unterschied, wurden die herumstehenden Gaffer bald gewahr, daß unsere Soldaten okzitanisch miteinander sprachen, und so stellten sie, die Rösser streichelnd, die Sättel bestaunend wie auch den eisernen Haken, den Coulondre an der Stelle der linken Hand trug, schier endlose Fragen, auf welche allein Cabusse antwortete, denn als Gascogner besaß er einen aufgeweckten Verstand und eine geschickte Zunge.
    »Werden Eure Herren Mespech kaufen?«
    »Wir haben keine Herren. Die beiden Brüder sind unsere Hauptleute.«
    »Werden Eure Hauptleute die Baronie kaufen?«
    »Solches ist gut möglich.«
    »Haben sie denn genug Geld dafür?«
    »Ich habe nicht nachgesehen in ihren Truhen.«
    »Es wird gesagt, der Baron de Fontenac habe fünfzehntausend tourische Livres.«
    »Gott erhalte sie ihm.«
    »Haben Eure Hauptleute mehr?«
    »Da müßt ihr sie selbst fragen.«
    »Man sagt, wenn Eure Hauptleute Mespech kaufen, wird Monsieur de Fontenac diesen Schimpf nicht verdauen.«
    »Gott schenke ihm eine gute Verdauung.«
    »Ihr schwört bei Gott. Schwört Ihr auch bei den Heiligen?«
    »Ei gewiß! Beim Heiligen der Maulaffen!«
    »Welcher Religion seid Ihr?«
    »Derselben wie ihr.«
    »Es geht die Rede, Eure Hauptleute hingen dem verdammlichen Ketzertum an.«
    »Solches können nur Dummköpfe behaupten.«
    Nach diesen Worten richtete Cabusse sich auf und rief mit donnernder Stimme:
    »Ihr lieben Leute, lasset unsere Gäule in Frieden und nehmet eure Hände von den Sätteln!«
    Und so groß ist der Respekt vor einer hochgewachsenen Gestalt und einer Donnerstimme, daß die Menge sofort gehorchte.
    Sobald sich die Haustür hinter den Gästen von Monsieur de La Boétie geschlossen, kam der Kriminalleutnant sogleich zur Sache.
    »Messieurs«, so hub er an, »ich habe von einem Zuträger erfahren, daß Fontenac Euch heute nacht in Taniès zu überrumpeln gedenkt. Wenn Ihr es wünscht, könnt Ihr mit Euren Männern die heutige Nacht und die Zeit bis zur Versteigerung in meinem Landhaus verbringen.«
    »Ich danke
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