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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt
Autoren: James Dickey
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beruhigt.«
    »Okay. Dann können wir ja losfahren.«
    »Fahren Sie mal schön langsam«, sagte er. »Und lassen Sie sich noch eins gesagt sein, mein Sohn. Machen Sie so was bloß nie wieder. Kommen Sie bloß nie wieder in diese Gegend.«
    »Da machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich.
    Ich grinste und er auch.
    »Wollen Sie mir damit sagen, daß ich die Stadt verlassen und mich hier nie wieder blicken lassen soll?«
    »So können Sie’s auch ausdrücken«, sagte er.
    »Aber Sheriff, Sie wissen doch, daß wir keine bezahlten Revolverhelden sind«, sagte ich. »Wir sind harmlose Bogenschützen.«
    »Na, lassen Sie sich’s jedenfalls gesagt sein, mein Sohn …«
    »Sie sollten zum Film gehen, Sheriff. Oder nach Montana. Da werden Sie wahrscheinlich schlimmere Gangster finden als mich.«
    »Schon möglich«, sagte er. »Hier ist nicht gerade viel los, das kann ich Ihnen sagen. Ein paar Hühnerdiebe und ein paar Schwarzbrenner. Nicht viel los hier.«
    »Bis wir kamen …«
    »Ja, und das hat uns auch gereicht. Es ist kein Spaß, den Fluß abzusuchen.«
    »Uns hat’s auch gereicht. Und deshalb sehen Sie uns auch bestimmt nicht wieder.«
    »Okay. Gute Fahrt.«
    »Auf Wiedersehen. Und hoffentlich findet Ihr Stellvertreter bald seinen Schwager.«
    »Ach, der ist sicher nur besoffen. Er ist sowieso ‘n ziemlicher Schweinehund. Die Schwester vom alten Queen wäre besser dran ohne ihn. Und alle anderen auch.«
    Ich wollte gerade in Drews Wagen steigen.
    »Halt, bevor Sie fahren, beantworten Sie mir noch eine Frage, und lassen Sie mich Ihnen noch eins sagen.«
    »Schießen Sie los.«
    »Wieso hatten Sie eigentlich bis zum Schluß noch vier Schwimmwesten?«
    »Wir hatten eine zur Reserve dabei. Nein, sogar zwei. Die andere werden Sie bestimmt weiter flußabwärts finden. Wissen Sie, die schwimmen ja. Und was wollten Sie mir sagen?«
    »Sie haben da allerhand geleistet auf dem Fluß.«
    »Mußte ich auch«, sagte ich. »Sonst war’s mir so gegangen wie Drew.«
    »Und dabei haben Sie sich ganz schön verletzt. Aber wenn Sie nicht gewesen wären, würden Sie jetzt alle im Fluß liegen.«
    »Danke, Sheriff. Das geht mir glatt runter.«
    »Baumaffe«, sagte er. »Wen zum Teufel haben Sie denn bloß zum Vater gehabt?«
    »Tarzan«, antwortete ich.
    Bobby setzte sich in Lewis’ Kombiwagen, und ich besorgte mir in der Tankstelle eine Karte und stieg in das andere Auto.
    »Wir wollen noch das Kanu holen«, schrie ich zu Bobby hinüber.
    »Um Himmels willen«, sagte er. »Laß es bloß, wo es ist. Ich will das gottverdammte Ding nie wieder sehen und anfassen.«
    »Doch«, sagte ich. »Wir werden es mitnehmen. Fahr hinter mir her. Es dauert bloß ein paar Minuten.«
    Im Boot spielten ein paar Kinder, und ich fand, das sei ein gutes Zeichen, weil dann Queen sicher nicht in der Nähe war. Ich verscheuchte die Kinder und sah mir noch einmal das Kanu von vorn und hinten an. Es war ziemlich angeschlagen und mitgenommen, nicht nur am Boden, sondern auch an den Seiten am Bootsrand entlang, an mehreren Stellen. Dabei dachte ich wieder an das Stoßen der Felsen. Es hatte auch ein paar Löcher bekommen, kleine Löcher, dicht beieinander in der Mitte des Bootes. Aber es hätte wohl noch einiges ausgehalten.
    Bevor wir uns mit dem Boot abmühten, blickte ich zufällig über den Fluß und sah dort einige Männer zwischen den Bäumen. Dort drüben lag ein kleiner Friedhof, der von den Bäumen und Büschen so gut verdeckt wurde, daß er mir niemals aufgefallen wäre, wenn sich nicht Menschen dort gezeigt hätten. Ich fragte eines der Kinder, was die Leute dort machten.
    »Ist dort eine Beerdigung?«
    »Nee«, antwortete ein schmuddeliges kleines Mädchen. »Aber sie müssen alle Leute rausholen, weil der Damm gebaut wird. Sie graben sie alle aus.«
    Ich hatte gewußt, daß es keine Beerdigung war; dazu gab es dort zuviel Hin und Her. Aber darauf wäre ich nicht gekommen. Ich sah genauer hin, und da erblickte ich einige übereinandergestapelte grüne Särge, und ein paar Männer verschwanden in der Erde und kamen wieder hoch und hoben etwas.
    »Genau wie im Tennesseetal«, sagte ich zu Bobby.
    »Stimmt«, sagte er. »Nun komm bloß, um Gottes willen. Laß uns hier verschwinden.«
    Wir zerrten das Kanu über das Ufergeflecht hoch und befestigten es auf dem Wagendach.
    »Fahr schon voraus«, sagte ich. »Du weißt ja, wo Lewis wohnt. Erzähl Mrs. Medlock, was passiert ist, und denk daran, erzähl ihr nur ja, wie alles gewesen ist. Sie wird sich dann
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