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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt
Autoren: James Dickey
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aber er kann da unten irgendwo zwischen den Felsen hängen.«
    »Dann wird nicht viel von ihm übriggeblieben sein, was?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Sie sagen, Sie sind vorgestern abgefahren?«
    »Wir sind Freitag abgefahren, nachmittags um vier.«
    »Mit zwei Kanus?«
    »Richtig.«
    »Und das eine haben Sie dann hier verloren?«
    »Nein, viel weiter flußaufwärts. Als wir hier durchkamen, waren wir alle in dem einen.«
    Schweigen. Mindestens eine Minute lang.
    »Ihr Freund hat aber was ganz anderes gesagt.«
    »Ach, ausgeschlossen«, sagte ich. »Fragen Sie ihn doch mal.«
    »Ich habe ihn schon gefragt.«
    »Dann fragen Sie ihn noch mal, oder den im Krankenhaus.«
    »Nein. Nein. Sie hätten sich ja inzwischen mit den beiden absprechen können.«
    »Na, jedenfalls müssen Sie sich da verhört haben.«
    »Ich höre gut genug. Hier werden wir garantiert keine Leiche finden. Wir werden sie weiter flußaufwärts finden.«
    »Verdammt noch mal, worauf wollen Sie eigentlich hinaus?« sagte ich, und meine Empörung war echt; er zweifelte an meiner Geschichte, die mich so viel Mühe gekostet hatte, und Blut auch. Ich wandte mich dem Polizisten zu. »Nun sagen Sie doch mal, muß ich mir das gefallen lassen? Ich will verdammt sein, wenn ich mir das gefallen lasse. Hat er denn überhaupt ein Recht dazu, mich so zu behandeln?«
    »Es ist besser, wenn Sie seine Fragen beantworten. Dann kann er ja sehen, was er daraus macht.«
    »Wir haben das andere Kanu gefunden – oder jedenfalls Teile davon –, bevor Sie noch bei den Fällen hier angekommen sind.«
    »Na und? Ich habe Ihnen doch gesagt, daß wir es weiter oben verloren haben. Oben in irgendeiner Schlucht. Wenn Sie Lust haben, dort oben raufzugehen, kann ich Ihnen ja zeigen, wo es war.«
    »Sie wissen ganz gut, daß wir nicht da oben rauf können.«
    »Das ist Ihr Problem. Und überhaupt – was zum Teufel soll das alles? Wir haben eine Menge durchgemacht, und diese Scheißfragerei habe ich satt. Sagen Sie mal: Sind Sie denn hier der Sheriff?«
    »Stellvertreter.«
    »Wo ist denn der Sheriff?«
    »Er steht drüben.«
    »Na, dann holen Sie ihn doch mal. Ich will mit ihm sprechen.«
    Er stand auf und ging zu einem rotgesichtigen Texasfarmer mit der Sheriffplakette und kam mit ihm zurück. Ich gab dem Sheriff die Hand. Er hieß Bullard.
    »Sheriff, ich weiß nicht, was dieser Mann will, weil er es mir nicht sagt. Aber soweit ich sehe, bildet er sich ein, wir hätten einen von uns in den Fluß geschmissen oder so ‘nen Blödsinn.«
    »Vielleicht haben Sie’s ja getan«, sagte der alte Mann.
    »Aber warum denn, um Himmels willen?«
    »Wie soll ich das wissen? Ich weiß nur, daß Ihre Geschichte irgendwie nicht stimmt und daß Sie ja ‘nen Grund haben müssen, wenn Sie lügen.«
    »Langsam, Mr. Queen«, sagte der Sheriff. Dann wandte er sich mir zu: »Was sagen Sie denn dazu?«
    »Wie meinen Sie das? Sehen Sie – wenn Sie nur einen Menschen finden, nur einen, der der gleichen Meinung ist wie er, dann werde ich mit dem größten Vergnügen tun, was Sie von mir verlangen, dann werde ich mit Ihnen in den Wald raufgehen und Ihren Leuten helfen, den Fluß dort abzusuchen – was Sie auch von mir verlangen. Aber der Mann hier ist ja verrückt. Er hat anscheinend ein Vorurteil gegen Leute aus der Stadt, er will sich nur wichtig machen oder Gott weiß was. Was ist denn los mit Ihnen, Mr. Queen? Haben Sie etwa Angst, die Leute glaubten, Sie täten nicht genug für Ihr Geld?«
    »Ich will Ihnen sagen, was mit mir los ist, Sie gottverdammter Stadtkerl«, sagte Queen mit dem haßerfüllten Ton dieser Hinterwäldler, der mich immer in Rage bringt. »Meine Schwester hat mich gestern angerufen und mir gesagt, daß ihr Mann jagen gegangen und nicht wiedergekommen ist. Und da oben in den Wäldern gibt’s sonst niemand. Ich will gottverdammt wetten, daß ihr ihn da oben irgendwo getroffen habt. Und ich werde es beweisen.«
    »Ausgezeichnet. Beweisen Sie’s.«
    »Was ist denn bloß mit Ihnen los, Mr. Queen?« fragte der Sheriff, »Warum wollen Sie die Geschichte den Leuten hier in die Schuhe schieben? Bloß weil sie aus der Stadt sind? Vielleicht ist Ihr Schwager irgendwo abgestürzt und hat sich verletzt.«
    »Der stürzt nicht ab.«
    »Wieso sind Sie denn so gottverdammt sicher, daß ihm überhaupt etwas zugestoßen ist?« sagte ich.
    »Das spüre ich einfach«, sagte Queen. »Und da irre ich mich nie.«
    »Na, diesmal haben Sie eben geirrt«, sagte ich. »Und hören Sie auf, mich zu
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