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Flammender Diamant

Titel: Flammender Diamant
Autoren: Ann Maxwell
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Satellitenverbindung summte und schien nur darauf zu warten, daß Street dem Offensichtlichen zustimmte.
    »Ich nehm's an«, erwiderte der Australier widerstrebend.
    Van Luik blickte über die feuchten grauen Dächer hinaus, unter denen die geschicktesten Diamantenschleifer und die rücksichtslosesten Juwelenhändler der Welt zu Hause waren. Manchmal ließ das Stechen im Kopf nach, wenn er in die Ferne sah. Manchmal mußte er es einfach ertragen.
    Er schloß die Augen und ertrug, versuchte über den blendenden Schmerz hinauszudenken, der hinter seinen Augen seinen Herzschlag spürbar machte. Jason Street war vor zehn Jahren mit den besten Empfehlungen zu ConMin gekommen, als er gerade erst dreißig war. Seitdem war nichts geschehen, das bei van Luik Zweifel an seinen Fähigkeiten oder seiner Loyalität gerechtfertigt hätte.
    Bis jetzt. Jetzt stimmte etwas nicht. Street log oder hielt irgendeine wichtige Information zurück. Und van Luik wußte nicht, ob er das tat, um ConMins Zorn zu entgehen, oder ob es einen anderen, weniger offensichtlichen Grund dafür gab.
    »Konnten Sie irgend etwas über den Hubschrauber in Erfahrung bringen?« fragte van Luik vorsichtig.
    »Ich habe jeden, der in Westaustralien oder dem nördlichen Territorium Hubschrauber vermietet, überprüft. Ohne Erfolg. Auch keine Spur von derartigen Flügen bei der Luftüberwachung. Muß eine private Maschine gewesen sein.«
    »Finden Sie den Hubschrauber!« Van Luik würgte fast wegen des plötzlich mit seinem Ausruf ins Unerträgliche gewachsenen Schmerzes. Einen Augenblick lang atmete er ganz flach durch den Mund. Als er wieder sprach, war seine Stimme beherrscht und ruhig. »Wir müssen herausfinden, wer die Gedichte und die Steine hat.«
    »Bin schon bei der Arbeit, Kumpel.«
    Van Luik nahm den Hörer in die linke Hand und massierte sich die rechte Schläfe. Licht glitzerte am kleinen Finger seiner rechten Hand, an dem er einen fünf Karat schweren, reinweißen, lupenreinen Diamanten im Smaragd-Schliff trug. Der Stein war in Platin gefaßt. Er war der einzige Schmuck, den van Luik trug. In Antwerpen war dieser Stein wie eine Visitenkarte und machte seinen Träger sofort als Mitglied der internationalen Diamanten-Bruderschaft erkennbar.
    »Sie haben natürlich eine Kopie von >Chunder from Down Under<, oder?« fragte van Luik.
    »Sarah hat sie noch eine Woche vor Abes Tod mit dem Original verglichen. Seit ich Ihnen das letzte Mal eine Kopie geschickt habe, hat er nichts mehr geändert.«
    »Ich nehme nicht an, daß sie es geschafft hat, auch das Testament abzuschreiben, oder?« Van Luiks Stimme klang ruhig und fast vorwurfsvoll. Als Street nicht antwortete, fragte der Holländer: »Konnte sie es nicht wenigstens ansehen?«
    Street holte tief Luft und nahm sich vor, van Luik zu sagen, was er schon wußte: »Abe hat >Chunder< immer auf seinem Nachttisch liegenlassen, aber sein Testament war sein ganz persönliches verdammtes Geheimnis, das er sogar noch sorgfältiger hütete als die Steine um seinen Hals.«
    Van Luik grunzte. Er öffnete die Akte auf dem Schreibtisch vor sich und sah sich einige Fotos an. Es waren grobkörnige Vergrößerungen von den winzigen Negativen einer Minox, Seite um Seite einer spinnenfeinen, altmodischen Handschrift auf grobem, liniertem Papier. Bedeutungslose Kritzeleien oder die klug versteckten Hinweise eines Toten auf die Lage einer unbekannten Diamantenmine? Immer noch war ihm nicht klar, was in diesen »Gedichten« eigentlich stand.
    »Sie haben eine Kopie bei sich«, sagte van Luik.
    Das war eine Feststellung, keine Frage. Street verkniff sich eine böse Antwort und antwortete nur: »Ja.«
    »Anfangen.«
    »Lassen wir das doch, van Luik. Wir sind das Ding schon so oft durchgegangen, daß -«
    »Anfangen«, wiederholte van Luik kalt.
    Schweigen, gefolgt von leisem Papierrascheln, während Street die Streifen mit Crazy Abes seltsam penibler Handschrift durchsah.
    »Spricht irgendein spezieller Vers Ihre Phantasie an?« fragte Street mit beißendem Ton. Er wußte, daß >Chunder< van Luik nicht nur ärgerte, weil es ihm nicht gelang, sein Geheimnis zu entschlüsseln.
    »Ich denke, wir nehmen uns diesmal die vierzehnte Strophe vor.«
    »Okay.« Street fing mit ungerührter Stimme an vorzulesen. »Find es, wenn du kannst/Wenn du zu gehen wagst/wo schwarze Schwäne ziehn/über eines toten Meeres Knochen/wo Männer Percys sind und Lady Janes aus Stein.« Street wartete, nachdem er zu Ende gelesen hatte.
    Van Luik
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