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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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sich selbst, weil er seine Kräfte vergeudete, und auf Borlase, weil er so schwerfällig war.
    Herrick blickte über das schrägliegende Deck, die Augen sehr klar im hellen Licht. »Fertig, Sir«, meldete er. Er sah überrascht auf, als eine Kugel zwischen Großmast und Besan hindurchfuhr, ohne auch nur ein Fall zu streifen. Er hatte nicht einmal den Abschuß gehört.
    Bolitho sah sich schnell nach dem Ruder und der Gruppe Männer um, die dort bereitstand. Keen war bei den Bedienungen der Achterdeckgeschütze, und die Marinesoldaten befanden sich in Stellung hinter ihm, ihre Musketen lagen schon schußbereit auf den fest zusammengerollten Hängematten.
    Er wandte sich dem Vorschiff zu und sah die neuen Leute an den Brassen, ihre grimmigen Gesichter; mancher von ihnen fragte sich zweifellos, ob ihr spontaner Heroismus das Ganze wohl wert war.
    Die älteren Seeleute warteten darauf, die Vorsegelschoten loszuwerfen, damit die Tempes t unbehindert durch den Wind gehen konnte, und in ihrer Nähe sah er Pyper und die Bedienungen der beiden Karronaden auf ihre Chance warten, die mörderischen Ladungen in das Heck des Feindes zu feuern.
    »Rhe!«
    Langsam und geräuschvoll begann die Tempes t in den Wind zu drehen, während Wanten, Stage und Spieren unter dem Ansturm vibrierten. Er sah die Männer an den Brassen hieven, einer verlor den Halt und fiel, nur um von Schultz, dem Bootsmannsmaaten, hochgehetzt und angetrieben zu werden.
    Weiter und weiter drehte sich das schwankende Panorama brechender Wellen und glasiger Tröge vor dem Klüverbaum, während jeder Fetzen Leinwand lautstark protestierte.
    Und dort, wie ein bisher ungesehenes Fahrzeug, wuchs die Narva l jetzt an Steuerbord empor, die Pyramide ihrer Segel leuchtend weiß in der strahlenden Sonne.
    Bolitho sah die Schatten auf ihrer Fock und den Vorsegeln sich vertiefen und erkannte, daß sie Kurs ändern wollte. Doch dann füllten sich die Segel wieder, als Tuke vermutlich begriff, daß es unmöglich war, dem Manöver seines Gegners zu folgen.
    Bolitho ignorierte das Durcheinander an Deck, das Jaulen der Blöcke und das betäubende Knarren der Spieren, als die Rahen herumgeholt wurden, um die Tempes t auf den neuen Bug zu bringen. Er beobachtete angespannt, wie das andere Schiff ihm in spitzem Winkel entgegenstrebte. Die Entfernung betrug noch gut eine Meile, dennoch sah es vom Achterdeck so aus, als würden sich beide Bugspriets wie Stoßzähne ineinander verfangen.
    »Feuer frei, Mr. Borlase.«
    Borlase durchschnitt mit seinem Degen die Luft. »Feuer!« Mit doppelter Ladung krachten die Steuerbordgeschütze in einer ungeheuren Breitseite, die Lafetten wurden zurückgeschleudert, und dichter Qualm drang als erstickende Wolke aus den Geschützpforten.
    Über dem verklingenden Widerhall der Breitseite hörte Bolitho einen gräßlichen Schrei und sah, wie in der Nähe von Borlase Blut über das Deck spritzte. Einer der Sträflinge hatte im Augenblick des Rückstoßes seinen Platz gewechselt und war von dem zurückgeschleuderten Geschütz gegen die Brust getroffen worden.
    Borlase riß seinen Blick von dem Blut los, das auf seine Beine gespritzt war, und brüllte: »Auswischen! Nachladen!« Seine Stimme klang so schrill wie die einer verängstigten Frau. Angestrengt spähte er durch den wirbelnden Pulverqualm.
    Bolitho sah von der französischen Fregatte Rauch aufsteigen, als sie zurückschoß. Eisen hämmerte in den unteren Rumpf, und er vernahm das Jaulen der Geschosse, die über das Deck hinwegflogen. Der plötzliche Richtungswechsel der Tempes t hatte die Zielsicherheit des Gegners beeinträchtigt.
    Der Qualm wurde dünner und verzog sich mit dem Wind, und Bolitho atmete tief ein, als er den Feind wieder erblickte. Seine Segel waren an vielen Stellen durchlöchert, und mindestens zwei Stückpforten blieben leer.
    Herrick rief anfeuernd: »Gut gemacht, Jungs!«
    »Ein zweites Mal werden wir den aber nicht überraschen«, konstatierte Prideaux.
    Bolitho ging zum Kompaß, achtete nicht auf die vom Pulverdampf fleckigen Gesichter der Männer, die ihn beobachteten. Beim Kompaß kontrollierte er den Stand der Segel, die Position des anderen Schiffes, das vor dem Wind lief, während Matrosen auf den Rahen Segel kürzten.
    Er versuchte, seine Übelkeit zu unterdrücken, aber sie zehrte an ihm, zog ihn mit unerbittlicher Härte hinab.
    Plötzlich war ihm alles ganz klar: Er würde sterben. Heute, auf diesem Deck. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Er wischte sich den Schweiß
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