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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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konnte. Aber offenbar hatte dieser die Absicht, bis zum Ende in seiner kümmerlichen Verteidigungsposition auszuharren. Um bei einem Sieg das Verdienst für sich zu beanspruchen oder, was wahrscheinlicher war, wieder mit dem Angreifer um sein Leben zu feilschen.
    Er sah Herrick an der Querreling warten. Sein Gesicht verriet seine Besorgnis.
    »Werfen Sie hier eine Boje aus, und lassen Sie sämtliche Boote außer der Barkasse daran festmachen, bitte.«
    Herrick verstand. »Aye, Sir.« Heute war ein Tag, an dem sie keine Boote brauchen würden, und wenn alles fehlschlug, konnten sie Hardacre und einigen anderen zur Flucht verhelfen.
    »Sehr gut.« Bolitho sah sich auf dem überfüllten Achterdeck um. »Wir lichten sofort Anker. Lassen Sie das Ankerspill bemannen.« Er nickte Lakey zu. »Legen Sie einen Kurs fest, der uns so dicht wie möglich an der Landzunge und den Riffen vorbeiführt.«
    Er drehte sich um und sah Midshipman Romney darauf warten, Fitzmaurice beizustehen.
    »Hissen Sie die Flagge und sagen Sie Sergeant Quare, er soll aufspielen lassen.«
    Während die Tempes t wieder einmal den Anker einholte und sich widerstrebend vor den Wind legte, tauchten unter den Bäumen am Strand zögernd Gestalten auf und kamen dann zum Wasser gelaufen, um das Schauspiel anzusehen. Sie sahen, wie sich die Segel unter den großen Rahen entfalteten, die winzigen Figuren, die dichtgedrängt wie Äffchen über das Deck huschten, sahen den zunehmenden Gischt unter der vergoldeten Galionsfigur, und wenn die meisten auch nicht verstanden, was hier vor sich ging, waren viele bei dem Anblick tief bewegt.
    Der junge Häuptling Tinah stand neben Hardacres massiger Gestalt und hob eine Hand zum Ohr, als er, zunächst nur dünn, dann kräftiger, die Töne einer Melodie vernahm. Fragend sah er den großen Mann an seiner Seite an.
    Hardacre sagte ergriffen: »Das ist die ›Portsmouth Lass‹. Ich hätte nie geglaubt, es hier draußen auf den Inseln zu hören.« Hardacre, der die Wahrzeichen der Autorität und der sich ausbreitenden Macht eines Landes, das er fast vergessen hatte, haßte, der nur Sicherheit und Frieden bei den Menschen gesucht hatte, die gelernt hatten, ihm zu vertrauen, war unfähig, seine Stimme zu beherrschen, als er hinzufügte: »Gott schütze sie. Männer wie sie werden wir nie wiedersehen.«
    Sobald die Tempes t den Schutz des Landes hinter sich gelassen hatte, legte sich der Nordwest in ihre Segel und hielt das Schiff stark krängend auf Steuerbordbug.
    »Ostnordost, Sir. Kurs liegt an!«
    Bolitho nickte und ging über das schräge Deck zur Luvseite. Das anschwellende Rauschen von Tauwerk und Leinwand, das Klappern der Blöcke und das Zischen der See verschmolz in seinem Bewußtsein zu einem einzigen großen Getöse. Er spürte, wie das Deck vom Wind vibrierte, und wenn er über die Zwölfpfünder an Backbord spähte, sah er sie an straffen Taljen hängen, wenn das Schiff unter dem Druck stärker und stärker krängte.
    Gischt sprühte über die ausgespannten Netze und traf stechend sein Gesicht, aber er zuckte kaum mit den Wimpern. Er sah Gesichter, die er nicht kannte, die zu den verschiedenen Stationen des Schiffes dirigiert wurden; manche blickten zu ihm auf, als sie an ihm vorbeihasteten. Er sah sie nicht mehr als Sträflinge, sondern fragte sich, was sie früher einmal gewesen sein mochten. Wieder fand er sie seinen Leuten sehr ähnlich: unter Zwang aus der Heimat geflohen oder durch unerfüllbare Träume zur See gelockt. Wenn ihr Geschick eine andere Wendung genommen hätte, hätte auch jeder der Häftlinge auf einem Schiff des Königs enden können, sei es durch die unbeteiligte Härte eines Preßkommandos oder einen Zwang zur Flucht wie bei Jenner oder Starling.
    »Noch einen Brandy, Captain?«
    Bolitho drehte sich um, klammerte sich fest an das Netz und bemerkte Allday.
    »Später.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ich komme sonst zu sehr in Fahrt.«
    Allday erwiderte das Lächeln nicht. »Gott helfe mir, Captain, aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann Sie nicht aufhalten, und helfen kann ich Ihnen auch nicht.« Bolitho griff nach seinem Arm. »Sie helfen mir aber. Wie immer.« Im Augenblick sah er Al ldays Gesicht nur verschwommen, wie durch einen Nebel. »Schon durch Ihre Gegenwart.«
    »An Deck! Segel querab an Backbord.«
    Herrick fluchte. »Verdammt, sie haben die Luvposition.« Bolitho winkte Romney und nahm das Teleskop entgegen. Sein Herz schlug wie ein Schmiedehammer, und er brauchte
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