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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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für Franzosen von der Narva l hielt, während der Schoner mit jedem heftigen Überholen noch höher auf das Riff geworfen wurde.
    Um das Maß voll zu machen, feuerte Millers Kutter die Drehbasse auf das Wrack ab.
    Herrick schrie ihm zu: »Zum Schiff! Rudert an!«
    Ihm stockte der Atem, als sich fast unter dem Bug der Barkasse eine breite, von Muscheln dicht bewachsene Schulter des Riffs aus dem Wasser hob. Er wartete auf den Zusammenprall, das einströmende Wasser, doch als das Boot dann klarkam, wandte er sich seinen Leuten zu. Der arme Gwynne. Ein Freiwilliger, aber nur für so kurze Zeit. Er sah zu Nielsen, dem jungen Dänen, hinüber, der hin und her schwankte, das Gesicht aschfarben vor quälenden Schmerzen. Er hatte sein Entermesser fallenlassen, und einer der Piraten hatte ihn mit dem Degen bedroht. Nielsen hatte die Klinge mit beiden Händen gepackt und auch noch dann festgehalten, als der Angreifer die rasiermesserscharfe Waffe durch seine Handflächen und Finger zurückriß.
    Grant, der alte Geschützmaat, zeigte in einem müden Grinsen seine tabakfleckigen Zähne. »Wir haben es geschafft, Sir. Einer weniger.« Er drehte sich zu dem Schoner um, der in einem Schauer Sprühwasser kenterte.
    »Jetzt kommt der nächste.«
    »Aye.« Herrick blickte über das Boot hinweg, teilte den Schmerz und den Stolz seiner Leute. »Gut gemacht.« Er dachte an Bolitho und das, was er sagen würde.
    Es war erst der Anfang, aber sie hatten gezeigt, was sie leisten konnten.

Das ist der Tag
    Bolitho bemühte sich, völlig ruhig dazustehen, als Herrick nach achtern auf ihn zugeeilt kam. Die Übelkeit kam und ging, und mehrmals hatte er geglaubt, er würde zusammenbrechen. Dennoch war ihm klar bewußt, was um ihn herum geschah, als könne er sehen, ohne selbst gesehen zu werden. Als wäre er bereits tot.
    Selbst seine Stimme schien ihm aus weiter Ferne zu kommen. »Gott sei Dank, Sie sind in Sicherheit, Thomas.«
    Er sah zur Gangway hinüber, wo das Kommando des Bootsmanns den verwundeten und erschöpften Seeleuten aus den Booten half.
    Herrick berichtete: »Sie haben sich sehr gut gehalten. Sobald der Rauch sich verzogen hat, werden Sie nichts als ein paar Sparren auf dem Riff sehen. Aber ich habe drei gute Leute verloren ...« Er brach ab, weil er bemerkte, daß Lakey versuchte, ihm ein Zeichen zu geben. Doch erst, als er die Erschöpfung und Wut des Kampfes überwunden hatte, konnte er Bolitho genauer ansehen.
    Er sagte: »Ich – ich bedaure sehr, Sir. Ich dachte nur an mich selbst.« Er wußte nicht, wie er fortfahren sollte. »Sie müssen nach unten, auf der Stelle.« Er bemerkte Bolithos entschlossenes Kinn. Wie bei einem Mann, der sich darauf vorbereitet, daß der Chirurg sein Messer ansetzt.
    Von der Back kamen laute Rufe. Überrascht und verwirrt drehte Herrick sich danach um und sah ihre anderen Boote vom Ufer langsam näherkommen. Sie waren bis an die Grenze ihrer Tragfähigkeit mit Menschen beladen, hatten nur noch wenige Zoll Freibord, und über den Riemen und den Dollborden hingen die Leute wie Getreidesäcke.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    Borlase erwiderte mit heiserer Stimme: »Sträflinge. Er läßt sie rekrutieren.«
    »Ja.« Bolitho ging langsam zur Reling, um zu beobachten, wie das erste Boot anlegte.
    Die Tropfen, die der Arzt ihm gegeben hatte, hatten ihm eine gewisse Erleichterung gebracht, und Alldays Brandy brannte ihm wie Feuer in der Kehle. Er mußte ein paarmal blinzeln, um klar zu sehen, wie die Sträflinge unbeholfen durch die Netze kletterten. Sie unterschieden sich nur wenig von seinen eigenen Leuten, fand er. Plötzlich packte ihn unwiderstehlich der Drang zu handeln. Er mußte mit den Leuten sprechen, es ihnen sagen. Er sah Keen auf sich zukommen und wartete, um ihn zuerst sprechen zu lassen. Er mußte mit jedem Atemzug sparsam umgehen. Bei jeder kleinen Anstrengung brach ihm am ganzen Körper der Schweiß in Strömen aus.
    Keen meldete: »Die Posten der Marinesoldaten glauben, daß der Schoner in der Nacht Spione an Land gesetzt hat, Sir.« Er blickte hilflos zu Herrick hinüber. »Sie sind nicht sicher, aber es ist möglich.«
    Bolitho wartete, bis der nächste Schwindelanfall vorüber war. »Das habe ich befürchtet. Sie können sich stundenlang verstecken, tagelang.« Bitterkeit schlich sich in seine Stimme. »Sie werden unsere klägliche Tarnung bald durchschauen.« Er ging zur Reling und sah auf das Batteriedeck, die sich dort drängenden Gestalten hinunter. Herrick sagte schnell:
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