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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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Flagge der Handelsgesellschaft eingesetzt worden war. Es hatte sie achtzehntausend Pfund gekostet. Die Admiralität mußte in einer verzweifelten Lage gewesen sein, um einen so fürstlichen Preis zu bezahlen, überlegte der Kommodore; oder – und das war ebensogut möglich – ein paar zusätzliche Goldstücke hatten in anderer Richtung den Besitzer gewechselt.
    Er winkte seinem Diener, ihm das Fernrohr zu reichen, und richtete das Glas auf das langsam manövrierende Schiff.
    Wie die meisten Marineoffiziere war er vom Anblick einer Fregatte immer wieder beeindruckt. Diese hier war schwerer als üblich, verfügte aber dennoch über die anmutigen Proportionen, bot das gleiche Bild latenter Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit, die diese Schiffe zum Wunschtraum jedes jungen Seeoffiziers machten.
    Trotz des Dunstes konnte der Kommodore auf dem Vorschiff der Fregatte eine Ansammlung von Gestalten ausmachen. Ein Anker war gekattet und zum Fallenlassen bereit, während das Schiff zielstrebig über seinem Spiegelbild dahinglitt, wobei sein Bug kaum die blaue Wasserfläche riffelte. Nur unter Marssegeln und Klüver fahrend, ging sie über Stag, um die schwache Brise zu nutzen; er konnte beinahe die Erregung jenseits des Wassers spüren. Der Anblick eines Hafens, jedes Hafens, verwischte immer die Erinnerung an die Mühsal und mitunter brutalen Bedingungen der Fahrt.
    Der Kommodore hatte die Tempes t schon vor zwei Wochen oder früher aus Madras erwartet. Depeschen, die er bereits durch eine Kurierbrigg erhalten hatte, hatten ihn nicht daran zweifeln lassen, daß die Tempes t pünktlich eintreffen würde. Als sich ihr Einlaufen verzögerte, war er nicht beunruhigt, wie er es bei einem anderen Schiff gewesen wäre. Die Tempes t stand unter dem Befehl von Kapitän Richard Bolitho, nicht gerade einem persönlichen Freund, aber doch einem Landsmann aus Cornwall, und das war unter den üblen Verhältnissen dieser Strafkolonie beinahe genausoviel wert.
    Er hob das Glas wieder ans Auge. Jetzt konnte er die Galionsfigur der Fregatte erkennen, eine Frauengestalt mit wilden Augen, wehendem Haar und vorspringenden Brüsten, die ein großes Muschelhorn an die Lippen hielt.
    Haar und Körper waren blank vergoldet, nur die Augen leuchteten in einem intensiven Blau und blickten weit in die Ferne, als folgten sie dem Weg ihrer Kinder, der Stürme. Die Vergoldungen der Galionsfigur und der Verzierungen rings um den Kajütaufbau mußten Bolitho ein kleines Vermögen gekostet haben. Aber in diesen Gewässern gab es wenig, wofür man sonst sein Geld verwenden konnte. Er zuckte unwillkürlich zusammen, als er seine Marinesoldaten zur Schanzpforte stampfen hörte. Schon ihre Stiefeltritte schienen ihm schwer genug, die alte Hebru s zu zertrampeln. Ein Leutnant blickte respektvoll durch den Türvorhang.
    Der Kommodore nickte knapp. Er wollte seinen Untergebenen nicht erkennen lassen, daß er sich so sehr für das andere Schiff interessierte. »Ja, ja, ich weiß. Ich komme hinauf.«
    Noch als er nach seinem Hut griff, hallte der erste Salutschuß über den Hafen und scheuchte die dösenden Vögel vom Wasser auf, die kreischend durcheinanderflatterten, wie um den Neuankömmling dafür zu beschimpfen, daß er ihre Ruhe störte.
    Auf dem Achterdeck war es trotz des ausgespannten Sonnensegels heiß wie in einem Backofen.
    Der Flaggkapitän legte die Hand an seinen Hut und versuchte, die Stimmung seines Vorgesetzten zu ergründen.
    Er meldete: »Tempest , sechsunddreißig Geschütze, Kommandant Fregattenkapitän Richard Bolitho.«
    Geschütz um Geschütz feuerte weiter Salut; der dunkle Qualm sank auf das Wasser hinab, als ob er eine schwere Masse wäre.
    Der Kommodore legte die Hände auf dem Rücken zusammen.
    »Signalisieren Sie, sobald sie Anker geworfen hat: Kommandant zu mir an Bord!«
    Der Flaggkapitän unterdrückte ein Lächeln. Die Laune war also gut. Er hatte schon erlebt, daß er mitten in die letzten Manöver anderer Schiffe ein Dutzend Signale hatte geben müssen; als ob der Kommodore Vergnügen an der Verwirrung fände, die er damit stiftete. Dies muß ein Sonderfall sein, dachte er.
    Mit Marssegeln, die noch unter dem für einen Kommodore vorgeschriebenen Salut von elf Schüssen vibrierten, setzte Seiner Britannischen Majestät Fregatte Tempes t ihre langsame Fahrt durch den Hafen fort. Die Wasseroberfläche gleißte so grell, daß es schmerzhaft war, über Takelage oder Gangway hinauszusehen.
    Richard Bolitho stand an der Reling des
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