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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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Augen, wie der schwere Anker durch das stille, einladende Wasser brach. Doch als er sich an die beiden Haie erinnerte, die das Schiff mehrere Tage und fast bis in den Hafen hinein verfolgt hatten, mußte er ein Schaudern unterdrücken.
    »Signal vom Flaggschiff, Sir: ›Bitten Kommandant an Bord‹.«
    Bolitho wandte sich Midshipman Swift zu. Dem Siebzehnjährigen unterstanden die Signalgasten, und zweifellos wartete er voller Ungeduld und Hoffnung auf eine Chance, befördert zu werden. Sein Blick wanderte weiter zu Keen, dem Dritten Offizier, und er fragte sich flüchtig, ob dieser sich noch an die Zeit erinnerte, als er selbst Swifts jetzigen Rang auf der Undin e innehatte. Keen war zweiundzwanzig, braun wie eine Nuß und so adrett und hübsch, daß ihm die Mädchenherzen zufliegen mußten. Er hatte auf seinem ersten Schiff angemustert, we il sein Vater wünschte, daß er »sich selbst finde«, ehe er in das Londoner Familienunternehmen eintrat; doch dann war er bei der Marine geblieben, weil er dieses Leben liebte. Und das trotz eines fußlangen Holzsplitters, der bei einem Gefecht aus den Decksplanken gerissen worden war und seinen Körper in der Leistengegend durchbohrt hatte. Selbst jetzt noch verzog er das Gesicht, wenn der Vorfall nur erwähnt wurde. Allday, der jedem Schiffsarzt – und dem der Undin e besonders – mißtraute, hatte den Splitter aus dem Körper des Jungen entfernt und Bolitho wieder einmal mit einem unerwarteten Talent überrascht.
    »Gig zu Wasser!« rief Herrick durch die trichterförmig gehaltenen Hände. »Mr. Jury, mehr Leute an die Taljen, aber mit Beeilung!«
    Allday verfolgte das hastige Manöver mit kritischen Blicken, als das Boot über die Finknetze gehievt wurde. In der blauen Jacke und der weiten weißen Hose, das Haar in seinem kräftigen Nacken sauber zusammengebunden, wirkte er so solide und zuverlässig wie immer.
    Gelassen sagte er: »Ein neuer Ort, Captain, und zweifellos eine neue Aufgabe.« Dann schnauzte er: »Daß mir der Lack keinen Kratzer abkriegt, ihr Tölpel! Das Boot gehört dem Captain, nicht dem Koch!«
    Manche der Altgedienten grinsten bei dem Ausbruch; jüngere oder jene, die sich mit diesem Umgangston noch nicht abgefunden hatten, duckten sich unwillkürlich.
    Allday murrte: »Bei Gott, wenn wir nicht bald richtig zu tun kriegen, dann weiß ich nicht, was aus den Leuten wird!« Er schüttelte den Kopf. »Das sollen Seeleute sein?«
    Was Allday unter »richtig zu tun« verstand, wußte Bolitho nicht.
    Sie unternahmen regelmäßige Patrouillen zwischen den sich ausbreitenden Handelsniederlassungen, die in dem Gebiet zwischen Sumatra und Neuguinea verstreut lagen. Auch waren sie viele hundert Meilen westwärts gesegelt, um wertvollen Handelsschiffen auf der Fahrt von Europa Begleitschutz zu bieten. Die Tempes t war ständig im Einsatz gewesen. Denn mit der Ausbreitung des Handels, der Ausweitung von Niederlassungen zu Kolonien, kamen auch jene, die davon profitieren wollten: Piraten, selbsternannte Herrscher oder alte Gegner, die jetzt unter dem Schutz von Kaperbriefen segelten. Das Leben war auch ohne die zusätzliche Bedrohung durch feindselige Eingeborene und Tropenstürme gefährlich genug.
    Vielleicht meinte er damit, wie Herrick, der Hitze und dem Durst zu entkommen, der täglichen Gefahr durch nicht kartographierte Riffe oder Überfälle kriegerischer Wilder.
    Die Entdecker und großen Seefahrer hatten viel getan, um die Geheimnisse und Gefahren dieser Gewässer zu mildern, aber jene, die in ihrem Kielwasser kamen, hatten weniger edle Motive. Für eine Handvoll Nägel, ein paar Äxte und Perlenschnüre konnte ein Kapitän beinahe alles und jeden kaufen.
    Zum Nutzen ihres Handels und ihrer Besitzungen übernahmen Großbritannien, Frankreich und Holland den Schutz weiter Seegebiete, damit die gefährdeten Handelsschiffe ihre Aufträge erfüllen konnten. Unglücklicherweise waren die Ozeane zu groß und die eingesetzten Kräfte zu gering, als daß dies mehr hätte darstellen können als eine Geste. Auch trauten die Länder, die das meiste in Indien und der Südsee investiert hatten, einander nicht; zudem hatten sie alte Kriege und unbezahlte Schulden nicht vergessen.
    Bolitho hörte die Bootsmannschaft in die Gig klettern und sah, daß das Spalier der Marinesoldaten und die Bootsmannsmaaten für die Zeremonie seines Vonbordgehens bereitstanden.
    Er blickte zu dem schlaffen Wimpel im Masttopp auf und dann über das schimmernde Wasser zu den beiden großen
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