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Schwangerschaft ist keine Krankheit

Schwangerschaft ist keine Krankheit

Titel: Schwangerschaft ist keine Krankheit
Autoren: Jael Backe
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Vorwort
    In fast allen Bereichen der heutigen Medizin kümmern sich Ärzte um kranke Menschen. Sie bemühen sich darum, Krankheiten zu heilen, zu helfen oder zumindest bestehende Symptome zu lindern. Das ärztliche Bemühen in diesen medizinischen Fachgebieten steht unter dem negativen Vorzeichen von Leid, Schmerz, Angst und Verlust. Immer mehr Menschen werden psychisch krank, leiden an Depressionen oder Angststörungen. Krebserkrankungen wie Darmkrebs oder Prostatakrebs nehmen zu. Auch in der Frauenheilkunde sind diese eher traurigen Themen leider dauernd präsent.
    Vor diesem Hintergrund ist es ein Privileg, als Arzt oder Ärztin gesunde junge Frauen wie Sie durch die Schwangerschaft begleiten zu dürfen. Hier steht alles unter einem positiven, freudigen Vorzeichen: Ein neues Lebewesen wächst heran.
    Es geht um konstruktives Planen, freudiges Erwarten, um »In-sich-wachsen-Lassen« und um das, was man früher »guter Hoffnung sein« nannte. Die ärztliche Begleitung der schwangeren Frauen von der Feststellung der Schwangerschaft, dem gemeinsamen Sehen der ersten kindlichen Herzaktionen im Ultraschall, dem ersten Verspüren von kindlichen Bewegungen durch die werdende Mutter und dem Wahrnehmen von physiologischen Veränderungen des mütterlichen Körpers bis hin zur beginnenden Wehentätigkeit ist eine erfüllende, verantwortungsvolle Aufgabe. Auch und gerade wenn sich im Verlauf der Schwangerschaft Komplikationen ergeben, entsteht im Laufe von etwa acht bis neun Monaten eine vertrauensvolle Beziehung zwischen schwangerer Frau und Arzt, die in eventuellen weiteren Schwangerschaften eine Vertiefung erfährt.
    So schön könnte die Begleitung schwangerer Frauen sein … Doch leider trifft dieses rosarote Bild der Schwangerenvorsorge immer weniger zu. Die Schwangerschaft ist ein normaler Zustand im Leben einer Frau, in dem die Schwangere grundlegende Umstellungsprozesse an Leib und Seele erfährt. Schwangerschaft ist eben nur ein »anderer Umstand« und kein krankhafter Umstand in einem Frauenleben. Die Schwangerschaft wird von der derzeitigen Medizin zunehmend zu einer grundlegend gefährdeten Lebenssituation erklärt, zu einer Situation, in der zahlreiche Risiken die Schwangerschaft oder die Schwangere bedrohen. Schwangerschaft ist heute ohne das Wort »Risiko« nicht mehr denkbar.
    Dieses Thema wird sich durch alle Bereiche Ihres neuen Alltags als Schwangere ziehen: Bakterien in der Nahrung, der angebliche Vitaminmangel, Ihr Alter, Ihr Körpergewicht, Bewegungsmangel, zu hoher Blutzucker und vieles mehr – all dies wird als Risiko hervorgehoben. Eine Schwangerschaft wird heutzutage von ärztlicher Seite überwacht wie eine schwere chronische Erkrankung.
    Wen wundert es, dass die »gute Hoffnung« sich ganz langsam aus der Schwangerschaft verabschiedet und einer allgemeinen Risikoangst und grundlegenden Besorgnis schwangerer Frauen Platz macht? Doch wer propagiert diese Risiken? Das sind wir Ärzte selbst, und dazu alle Schwangerschaftsdienstleister sowie unzählige Arten von Beratern, die sich um den einträglichen Markt der Schwangerschaft scharen.
    Eines Tages fragte ich mich, wie viel von dem, was ich selbst schwangeren Frauen mitteile, zu dieser Verängstigung beiträgt. Ich bin aus rechtlichen Gründen verpflichtet, über zahlreiche sogenannte Schwangerschaftsrisiken aufzuklären. Selbst wenn ich den Risikogedanken nicht verbreiten will, muss ich beispielsweise eine Schwangere über 35 Jahren über das altersabhängige Fehlbildungsrisiko des Babys aufklären. Das verlangt das Gesetz. Ich sitze als Ärztin in der Aufklärungsfalle und ziehe die werdende Mutter gleich mit hinein.
    In meiner täglichen Praxis beobachte ich, wie viele schwangere Frauen grundlegend verunsichert und unnötig verängstigt sind. Über ihnen schwebt der Dämon des Risikos. Dies brachte mich auf den Gedanken, ein Buch zu diesem Thema zu verfassen. Dieses Buch will kein Ratgeber sein – davon gibt es schon mehr als genug –, sondern das exakte Gegenteil: ein Anti-Ratgeber, der Ihnen Mut macht, sich aus dem Risikodenken aller professionellen und selbstberufenen »Rat-Geber« zu befreien.
    Und noch etwas begann mich zu beschäftigen: Wie viele Untersuchungen der Routinevorsorge sind eigentlich sinnvoll? Seit Jahren führe ich im Rahmen der Schwangerenvorsorge Urin- und Blutanalysen durch, von denen
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