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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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durcheinanderflossen. Der Schoner war außer Gefecht. Wenn er nicht eingegriffen hätte, wäre es möglich gewesen, Bord an Bord zu kämpfen.
    Aber jetzt ... Er starrte auf das Chaos, die kämpfenden Gestalten, die verzweifelt versuchten, das Deck von Trümmern zu klarieren. Überall lagen Tote und Sterbende, und am Vormast rann Blut herunter, von der zerfetzten Leiche eines Matrosen, die sich hoch oben verfangen hatte und im Wind schwankte.
    »Hat keinen Zweck, Sir.« Lakeys hageres Gesicht schwamm in sein Blickfeld. »Wir schaffen es nie, das Ruder zu reparieren, ehe der Schuft uns einholt.«
    Bolitho sah Herrick an. »Wissen Sie noch, was Sie immer von diesem Schiff gesagt haben?« Er zog seinen Degen und schlang sich die Halteschleife ums Handgelenk.
    »Aye.« Fasziniert und entsetzt sah Herrick ihn an. »Daß sie stark genug ist, den schwersten Beschuß auszuhalten. Sie hat noch keinen Tropfen Wasser genommen, trotz ...« Er duckte sich, als wieder Geschosse durch die Netze fuhren.
    Bolitho nickte zähneknirschend. Der Anblick der Männer in seiner Nähe, von Midshipman Fitzmaurice, der auf der Seite lag und mit aufgerissenen Augen auf das Blut starrte, das aus ihm sickerte und sich um ihn auf den Planken ausbreitete, hatte ihn zu einer Entscheidung gebracht.
    »Befehlen Sie den Leuten, nachzuladen und abzuwarten.« Er schüttelte Herrick am Arm. »Das ist unsere einzige Chance. Die Narva l kann sich hinter uns legen und uns in Stücke schießen. Ohne Ruder kann ich nichts dagegen tun.
    Bewaffnen Sie die Leute. Machen Sie sich fertig!«
    Herrick starrte ihn an, sah die Qual und die fiebrige Wildheit in seinen Augen. Aber er konnte ihn nicht zurückhalten. Er wandte sich an Allday. »Bleiben Sie bei ihm.«
    Dann schien Stille das treibende Schiff zu umfangen, dessen zerfetzte Segel wirkungslos schlugen, nachdem das erbarmungslose Bombardement von achtern aufgehört hatte. An seiner Stelle wehte vom Feind Gebrüll herüber, das nach und nach die Schmerzensschreie der Verwundeten und Sterbenden übertönte, bis es zu einem lauten und wilden Triumphgeheul anschwoll.
    Ohne sich ihrer eigenen Stärke oder Zahl bewußt zu werden, kauerte oder lag die Besatzung der Tempes t unter den Trümmern oder verbarg sich neben den Geschützen, die vom Feuern noch heiß waren. Jetzt kam es auf Piken und Entermesser, Äxte und Belegnägel an. Die Männer, vom Kanonendonner betäubt, fast von Sinnen durch das Grauen ringsum, starrten auf die wuchtigen Bohlen nieder, die sie beschützt hatten, und warteten darauf, daß der Alptraum ein Ende nehme.
    Noch hämmerten vereinzelt Musketen, und Bolitho konnte Billyboy laut fluchen hören, der wieder und wieder auf den Feind schoß. An seiner Stimme erkannte er, daß der Marinesoldat schwer verwundet war, vielleicht im Sterben lag und dennoch weiterschoß.
    Langsam, dann mit erschreckender Plötzlichkeit, wuchsen Segel und Rahen der Narva l an Steuerbord empor.
    Bolitho stand an der Reling, den Degen vom Handgelenk baumelnd. Der Schrecken war noch nicht zu Ende. Er sah, wie sich der Klüverbaum des anderen Schiffs hoch über ihre Netze schob, über die Trümmer der Rah und die Leichenhaufen. Am Bugspriet baumelte, den Bewegungen des Schiffes folgend, als lebe er noch, der abgetrennte Kopf von de Barras.
    Bolitho spürte, wie neue Energie ihn durchlief. Er schrie gellend: »Feuer frei!«
    Wie Ratten aus ihren Löchern hetzten seine rauchgeschwärzten Matrosen aus ihren Verstecken, und in der von Einschlägen zernarbten Bordwand der Tempest feuerte jedes Geschütz, das noch ein Ziel finden konnte, mit ohrenbetäubendem Crescendo. Der Lärm wurde noch gesteigert durch die doppelten Ladungen und die Nähe der beiden Schiffe.
    Das Deck unter seinen Füßen bäumte sich auf, als der Klüverbaum der Narva l die Wanten des Vormasts durchstieß. Der knirschende Zusammenprall beider Rümpfe wurde übertönt vom schrecklichen Schreien jener, die von der mörderischen Breitseite getroffen worden waren.
    »Enterkommando vorwärts!«
    Brüllend und jubelnd wie Wahnsinnige, hackten sich die Reste seiner Besatzung den Weg auf das andere Schiff hinüber frei. Manche fielen, noch ehe sie einen Halt gefunden hatten, andere klammerten sich fest und wurden zwischen den beiden Schiffsrümpfen zermalmt.
    Bolitho fand sich auf der Gangway der Narva l wieder, während auf allen Seiten Stahl klirrte. Er glitt auf einer frischen Blutlache aus und wußte, daß nur Allday ihn davor bewahrt hatte, über Bord zu
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