Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
Vom Netzwerk:
schwer.«
    »Mach sie klein.«
    »Das geht nicht. Sie ist zu schwer verletzt. Komm schon, Gabe, bevor wir alle sterben.«
    Gabe entzog sich seinem Griff. Er versuchte, in das Haus zu gelangen, doch immer mehr Domestiken stürzten aus der Tür – Weber und Instandhalter und Baumeister. Es war unmöglich hineinzukommen.
    Fast alle Gebäude stürzten ein. Das Domizil gehörte zu den wenigen, die noch standen, aber es konnte nicht mehr lange dauern. Gabes Vater hatte sich klein gemacht, flatterte um seinen Kopf und schrie ihm mit seiner dünnen Stimme etwas zu. Gabe hörte nicht auf ihn. Auf diesem Weg würden sie nicht herauskommen. Schon jetzt starben einige Fey neben dem Torkreis. Andere starben unter den vom Himmel fallenden Stücken. Wieder andere starben, wenn sie durch den Boden brachen.
    Das Schattenland mußte zusammengehalten werden.
    Gabe dehnte seinen Geist und hielt sich an den Ecken seiner Welt fest. Er hielt sie mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, zusammen. Sein Vater schrie immer noch, überall kreischten die Leute durcheinander, doch die dumpfen Aufprallschläge hatten aufgehört.
    Er schloß die Augen und stellte sich das Schattenland so vor, wie es gewesen war. Er stopfte die Löcher in den Wänden, ersetzte die fehlenden Stücke am Himmel und verschloß die Spalte im Boden. Im Geiste spazierte er durch das Schattenland, untersuchte jeden Abschnitt und machte ihn stärker, als er jemals gewesen war.
    Das Kreischen hörte auf.
    Er öffnete die Augen.
    Rings um ihn bot sich das Bild eines einzigen Blutbads.
    Überall lagen Leute unter großen Stücken grauer Materie oder dicken Balken begraben. Zerschmetterte Körper. Stöhnende Verwundete. Aber der Boden hatte aufgehört zu beben. Die blauen Löcher im Himmel waren verschwunden, und überall stieg feiner Nebel auf.
    Alle Gebäude waren zerstört.
    Mit Ausnahme des Domizils.
    Die Fey in der Tür und auf der Veranda waren stehengeblieben. Gabe schob sich an ihnen vorbei. Seine Mutter lag auf dem Bett und hatte einen Arm aufgestützt. Als sie ihn sah, stieß sie einen Schrei aus. Er rannte zu ihr und schloß sie in die Arme. Sie drückte ihn so fest, daß er glaubte, ersticken zu müssen.
    »Ich dachte, ihr würdet sterben«, sagte sie.
    »Wir wären auch fast gestorben«, kam eine Stimme von oben. Gabe blickte auf. Die Schamanin nickte ihm zu. »Aber er hat das Werk seines Großvaters in Ordnung gebracht.«
    »Gabe?« Die Stimme seiner Mutter zitterte. »Gabe hat das Schattenland wiederhergestellt?«
    »Ich mußte«, sagte Gabe. Sie taten so, als hätte er etwas falsch gemacht. »Niemand wollte dich retten. Es wäre auf dich draufgefallen.«
    Seine Mutter löste sich aus der Umarmung. »Mein lieber Kleiner«, sagte sie und legte ihre unverletzte Hand auf sein Gesicht. Sie sah traurig aus. »Mein Kleiner, du weißt ja nicht einmal, was du da getan hast.«
    »Ich habe dich gerettet«, erwiderte er.
    »Nein«, sagte die Schamanin. »Du hast uns alle gerettet.«

 
     
     
DER WECHSELBALG
     
(Eine Woche später)

 
39
     
     
    Der Hof sah sehr gepflegt aus. Adrian blieb am Straßenrand stehen und betrachtete ihn wohlwollend. Die Felder waren gepflügt, die Furchen lagen lang, braun und fruchtbar vor ihm. Der Zaun war ordentlich ausgebessert, und auch sein Lieblingswäldchen stand noch dort, auch wenn die Bäume größer waren, als er sie in Erinnerung hatte.
    »Sind wir da?« fragte Coulter.
    Adrian nickte. Er konnte sich nicht dazu entschließen, weiterzugehen. Es roch nach Dung und Sämlingen. Wenn er der Straße folgte und bis zur Rückseite des Anwesens ging, würden ihn die anderen Düfte begrüßen, das Heu der letzten Mahd, die Hühner und die Schweine, auf deren Haltung sein Bruder seit jeher bestanden hatte.
    Zu Hause.
    Es hatte sich überhaupt nichts verändert.
    Er schluckte den Kloß im Hals herunter. Es war Mittag. Jetzt hielten sich alle im Haus auf, um sich vor der Nachmittagsarbeit eine Weile auszuruhen.
    »Na schön«, meinte Fledderer. »Das wär’s dann wohl.«
    Er schwang sich seinen Rucksack auf den Rücken und drehte sich um.
    »Nein!« sagte Adrian. »Warte!«
    Fledderer hielt inne. Sie hatten nicht darüber gesprochen, was sie jetzt tun wollten. Adrian hatte einfach angenommen, daß Fledderer bei ihnen blieb. Er konnte sich nicht vorstellen, daß er wieder in den Wald zurückwollte, zumindest jetzt nicht, nachdem das Schattenland explodiert war.
    Sobald sie begriffen hatten, was mit dem Schattenland geschah, hatten sie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher