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Fey 04: Die Nebelfestung

Fey 04: Die Nebelfestung

Titel: Fey 04: Die Nebelfestung
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Schattenland errichtet?« fragte Adrian.
    »Ja. Rugar. Sogar zwei davon.«
    »Was geschieht mit den Leuten da drin?« wollte Coulter wissen. Tränen rannen dem Jungen über das Gesicht, und er drückte einen Zweig an seine Brust, als halte er sich an einem Rettungsfloß fest.
    Fledderer schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung«, sagte er. »Das weiß ich nicht.«

 
37
     
     
    Die Ältesten hatten ihn aus dem Audienzsaal geschickt. Sie wollten eine Privatkonferenz abhalten. Titus verließ den Tabernakel ganz und suchte seine Lieblingsstelle am Ufer des Cardidas auf. Hier war er in den Tagen, nachdem er den Alten Rocaan hatte sterben sehen, immer hergekommen. Das Wasser spendete ihm Trost. Es ließ ihn immer an die Geschriebenen und die Ungeschriebenen Worte denken, wie sie im Mitternachtssakrament zum Ausdruck kommen:
     
    Ohne Wasser stirbt der Mensch. Der Körper des Menschen braucht Wasser. Sein Blut ist Wasser. Kinder werden in einem Schwall Wasser geboren. Wasser hält uns rein. Es hält uns gesund. Es hält uns am Leben. Im Wasser sind wir Gott am nächsten.
     
    Diese Worte hatten ihn nach dem Tod des Alten Rocaan getröstet. Sie waren ihm sehr passend vorgekommen, insbesondere, da die Fey vom Weihwasser getötet wurden. Jetzt spendete ihm das Wasser jedoch keinen Trost. Er sah, wie sich der Fluß von ihm entfernte, und es kam ihm vor, als treibe sein Leben weg von ihm.
    Er hatte einen Rocaan sterben und einen anderen seinen Glauben an Gott verleugnen sehen.
    Jetzt saßen die Ältesten zusammen und entschieden, wer der nächste Rocaan werden sollte. Er mußte dieser Wahl entweder zustimmen oder sich ihr widersetzen, indem er dem neuen Kandidaten die Geheimnisse vorenthielt und auf diese Weise selbst Rocaan wurde.
    Dabei war womöglich nicht einmal diese Wahl rechtens. Der Ältestenrat mußte aus zehn Männern bestehen. Dieser hier konnte nur acht vorweisen.
    Er kam sich vor, als versteckte er sich. Auf dem Fluß waren mehr Leute als sonst. Nicht weit von ihm entfernt fischte eine Gruppe Männer, und am Ufer spielten ein paar Jungen. An der Biegung westlich von ihm wuschen mehrere Frauen Wäsche.
    Er saß im Gras auf dem feuchten Uferstreifen dicht am Wasser. Er trug die alte Robe, die er oft anzog, wenn er hier ans Ufer kam. Seine Füße standen im Wasser, das seine Zehen kühl umspülte – ein perfekter Ausgleich zur Hitze der Sonne. Der Sommer stand bereits vor der Tür, und er freute sich auf die träge, beruhigende Wärme. Dieser Frühling war zu aufregend für ihn gewesen.
    Der Abschied des Rocaan machte alles noch komplizierter.
    Titus fürchtete sich vor den Entscheidungen der Ältesten. Er befürchtete, daß sie Porciluna wählten, denn in diesem Fall würde er sich weigern, die Geheimnisse weiterzugeben. Der Mann durfte nicht Rocaan sein. Titus spürte es tief in sich. Auch Titus war nicht die richtige Wahl, aber er glaubte wenigstens. Er sorgte sich wenigstens um die Belange der Kirche.
    Vor ihm knackte etwas. Er zuckte zusammen und sah zum Himmel auf. Ein graues Viereck zeichnete sich dort ab, wo eben noch keines gewesen war. Er hatte Gewitterwolken erwartet, keine langgezogene Kiste, die sich bis zum Horizont erstreckte.
    Ein zweites lautes Knacken, dann fing es ringsum zu knistern an. Licht trat durch unzählige Löcher in der Kiste aus.
    Titus kroch hastig die Uferböschung hinauf. Es hatte etwas mit den Fey zu tun. Etwas Schreckliches. Die Männer und die Jungen auf der anderen Seite des Flusses schrien und zeigten auf etwas. Feine Risse überzogen die Ränder der Kiste wie Spinnweben, bis die graue Oberfläche plötzlich splitterte und abplatzte. Dann brach der Boden durch, und aus dem Himmel fielen Boote herab.
    Keine Boote.
    Schiffe.
    Eine riesige Welle erfaßte Titus und warf ihn zu Boden. Plötzlich hatte er Wasser im Mund, in der Nase, in den Augen. Er krallte mit den Fingern nach der Oberfläche, fand sie so plötzlich, wie er sie verloren hatte. Das Wasser schwappte zurück, allerdings nur, um sofort die nächste Welle auszuformen. Er kletterte noch weiter hinauf und sah, wie auch die Frauen schreiend durch Wasser und Schlamm krochen.
    Im brodelnden Fluß schwammen Männer und schrien um Hilfe. Holzstücke trieben rings um sie herum. Die Schiffe versanken, und aus dem Himmel fielen graue Stückchen wie ein heftiger Platzregen.
    Titus rannte hustend und spuckend bis zur Straße; sein Körper war völlig mit Schlamm bedeckt. Andere Leute streckten die Hände ins Wasser, als die nächste
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