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Feuerwasser

Feuerwasser

Titel: Feuerwasser
Autoren: Paul Lascaux
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klassizistischen Gebäudes am Viktoriaplatz, sondern durch einen Hintereingang im angebauten neuen Bürotrakt. Dort wurden sie von der Informationsabteilung empfangen, die aus einem älteren Herrn und seiner Sekretärin in ihrer zweiten Jugend bestand. Das Büro auf der Schattseite wurde offensichtlich nicht häufig benutzt. Entweder war es abwehrsicher oder im Gegenteil mit Abhörgeräten voll gestopft.
    »Die EKW sind ein Konglomerat aus verschiedenen Elektrizitätsfirmen«, erklärte der Herr, der sich als Daniel Abegg vorstellte, »sozusagen eine Risikogesellschaft für neue Projekte. Deswegen genießen wir hier nur Gastrecht.«
    Er stand offensichtlich knapp vor der Rente. Auf seinem Eierkopf hatte er sein schütteres Haar nach vorne gestriegelt, sodass es beinahe auf die strenge Brille mit dem auffällig roten Rand fiel. Der kurz geschnittene braune Vollbart war durchsetzt von weißen Haaren, Abeggs Gesicht eingefallen, die Stimme rauchig. Am Handgelenk trug er eine klassische schwarze Swatch. Er bediente das Telefon, als ob er eine Sitzung vorbereite und einen Untergebenen orientiere. Blaue, klassische Jeans schlotterten über dünnen Beinchen, die in grauen Socken und schwarzen Schuhen steckten. Sein hellolives Hemd verschwand unter einer dunkeloliven Kunstlederweste.
    »Womit kann ich Ihnen dienen?«, wollte er wissen.
    »Wir sind in der Sache Kurt Grünig mit Ermittlungen betraut«, sagte der Detektiv. »Da er bei Ihnen angestellt war, hätten wir gerne einige Auskünfte über sein Tätigkeitsgebiet.«
    »Die EKW gehen davon aus, dass im Kanton Bern die Polizei Ermittlungen in Todesfällen durchführt«, erwiderte seine Assistentin, und man war nicht sicher, ob sie sich nicht als die Federführende im Hintergrund herausstellen würde.
    »Frau …?«, sagte Nicole Himmel, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
    »Entschuldigen Sie, mein Name ist Julia Steiner«, erwiderte sie in kühler Höflichkeit. Sie war knapp 40, mit einer schlichten Eleganz gekleidet, alles in leichter grauer und schwarzer Wolle, oft getragene Eleganz allerdings, denn der hellgraue Pullover über den pfirsichgroßen Brüsten war knotenfusselig.
    Der Teufel trägt Prada , dachte Müller, aber was trägt Gott?
    Julia Steiner strich ihre zu einem Pony gebundenen dunkelbraunen Haare glatt. In ihrem sonnenverwöhnten Gesicht mit den vielen Sommersprossen gruben sich zwei Sorgenfalten von der Nase zum lila geschminkten Mund.
    »Bernhard Spring von der Police Bern wird im Verlauf des Verfahrens bestimmt auf Sie zukommen«, sagte der Detektiv. »Aber bei einem Mord gibt es andere Prioritäten. Deshalb sind wir hier. Wir gehen ja nicht davon aus, dass Sie mit der Tötung in Verbindung stehen.«
    Die beiden waren sichtlich verlegen, Frau Steiner befeuchtete nervös ihre langen Finger, bevor sie in einer vor ihr liegenden Broschüre blätterte.
    »Vielleicht hat Grünigs Tätigkeit bei den EKW etwas mit seinem Ableben zu tun«, mutmaßte Nicole.
    »Das weisen wir von uns«, entgegnete Abegg, »dieser Vorwurf ist ungeheuerlich. Wenn so etwas öffentlich wird …«
    »Wir anerkennen, dass es nicht im Interesse der EKW liegen kann, negative Schlagzeilen zu provozieren«, meinte Nicole Himmel. »Aber die Gefahr steigt, wenn sie nicht mit uns zusammenarbeiten.«
    »Außerdem«, Müller räusperte sich, »wäre da noch die Sache mit der Versicherung. Wieso sollten die EKW für ihren Mitarbeiter eine Risikoversicherung abschließen, wenn es dafür keinen Anlass gegeben hat?«
    Nun war der Widerstand gebrochen.
    »Sie kennen die Umstände von Kurt Grünigs Tod?«, fragte Nicole Himmel.
    »Ja«, antwortete Daniel Abegg.
    »Hat dies etwas mit dem geplanten Pumpspeicherkraftwerk im Justistal zu tun?«, hakte Müller nach.
    Die beiden Informationsmitarbeiter schauten einander verblüfft an.
    »Wir führen ein Detektivbüro«, setzte Nicole Himmel trocken hinzu.
    »Ja«, sagte Abegg nach einigem Zögern.
    »Inwiefern?«, fragte Heinrich.
    »Kurt Grünig war der Projektverantwortliche«, sagte Abegg.
    »Ist er bedroht worden?«, fragte Müller.
    »Indirekt. Wir werden seit Monaten von einer Aktionsgruppe angegriffen. Dabei haben wir das Gesamtprojekt noch gar nicht öffentlich gemacht.«
    »Wieso ist Grünig denn allein zum Schafloch hochgestiegen?«, wunderte sich Nicole.
    »Das fragen wir uns auch. Vielleicht war er mit jemandem verabredet«, meinte Abegg.
    »Mit wem?«, fragte der Detektiv.
    »Wir haben natürlich unsere Kontakte zur Bevölkerung und zu
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