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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang
Autoren: Nadine Kühnemann
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Schweigen, und Yanil schnürte es die Kehle zu. Das waren eindeutig zu viele Denkanstöße für einen Tag. Er schüttelte seine Gedanken ab, sie führten ohnehin zu nichts. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach Norden.
     
    ***
     
    Es musste ein seltsames Bild abgegeben haben – zwei grundverschiedene Menschen, die sich gegenseitig stützend durch einen Wald schleppten – der eine hinkte, der andere konnte seine Hand kaum bewegen. Nur wenn der Untergrund völlig eben war und keine Gefahr bestand, dass Brilys über Wurzeln hätte fallen können, konnte er alleine gehen. Yanil war froh, dass sie niemand beobachtete. Sogar ein Laie hätte bereits von weitem erkannt, dass sie nicht derselben Rasse angehörten, obwohl Brilys behauptet hatte, Yanils Gesicht wäre unter den Khaleri kaum aufgefallen. Jedoch hüllten sie sich gemäß den Gebräuchen ihrer jeweiligen Völker in vollkommen unterschiedliche Kleidung. Yanil bildete in seinen glänzenden Hosen, die in allen Grüntönen schimmerte, und dem reichlich bestickten Wams darüber einen extremen Gegensatz zu Brilys, der einfache, ungefärbte Leinenkleidung trug.
    Sie begegneten den ganzen Tag über niemandem, und obwohl sie beide vorgaben, Anschluss an ihre Truppe finden zu wollen, verspürte Yanil Erleichterung darüber, dass es vollkommen still blieb in der dicht bewaldeten Provinz Azkatar, der grünen Lunge von Gûraz. Er hatte den Eindruck, dass auch Brilys nicht allzu erpicht darauf war, alsbald in seinen Alltag zurückzukehren. Yanil wunderte sich darüber, auf keinerlei Spuren jener Khaleri zu treffen, die Brilys zurückgelassen hatten, immerhin hatten nach seiner Rechnung mindestens fünf von ihnen den Kampf überlebt. Aber sie waren nicht zurückgekehrt, weder um nach Überlebenden zu suchen noch um zu Plündern und die Toten nach brauchbaren Gegenständen zu durchsuchen oder sie gar zu beerdigen. Yanil plagte ein schlechtes Gewissen, weil er seinen eigenen Leuten kein ordentliches Begräbnis hatte zuteilwerden lassen. Er fragte sich, ob die Khaleri überhaupt Begräbnisrituale zu ihrem Kulturgut zählten. Waren sie überhaupt kultiviert? Bis zum Morgen hatte er immerhin noch geglaubt, sie seien fleischfressende Monster. Yanil sprach Brilys nicht darauf an, aber der Khaleri wirkte keineswegs verstört ob dieses Umstands. Es schien für ihn selbstverständlich zu sein, dass seine Kameraden nicht zurückgekommen waren.
    Am späten Nachmittag frischte der Wind auf, wehte ihre Haare durcheinander, wirbelte Laub umher. Die Äste der mächtigen Eichen und Buchen wiegten sich hin und her. Das Rauschen im Blätterdach bildete ein angenehmes Hintergrundgeräusch, das Yanil an seine Heimat in den südlichen Wäldern erinnerte.
    Die Schleierwolken am Himmel türmten sich zu grauen Bergen auf, vielleicht würde es ein Gewitter geben. Obwohl sie nur quälend langsam vorankamen, erreichten sie endlich einen Wasserlauf, ein seicht in östlicher Richtung dahinplätschernder Bach, vielleicht der Seitenarm eines größeren Flusses. Das Gelände fiel bis zum Ufer ab, auf der anderen Seite wölbten sich grüne, mit roten und gelben Blumen übersäte Hügel in den Himmel. Die Luft roch schwer nach ihren Blüten. Yanil kannte jede Pflanze seines Heimatlandes, doch diese kamen ihm gänzlich unbekannt vor. Sie hielten inne und genossen den Ausblick, wenngleich erste Regentropfen auf sie niederprasselten.
    Schweigend füllten sie ihre Wasserschläuche und wuschen sich das getrocknete Blut von der Haut. Als der Regen stärker wurde, suchten sie Schutz unter dem dichten Blattwerk einer jungen Weide. Sie lehnten sich an ihren Stamm und schwiegen. Ohne Worte verständigten sie sich darauf, die Nacht am Flussufer zu verbringen. Sie waren müde und erschöpft, sogar seinen Hunger spürte Yanil kaum. Er schlief im Sitzen ein.
    Yanil erwachte erst, als die Sonne sein Gesicht kitzelte. Er schlug die Augen auf, und für einen Moment wähnte er sich zuhause in Zakuma, wenn die ersten warmen Strahlen des Tages durch das Fenster seines Baumhauses fielen und tanzende Schatten auf die Holzdielen malten. Dann wurde er sich jäh der Realität bewusst, Erinnerungen kehrten zurück. Einen Augenblick lang schüttelte ihn Verzweiflung, doch er dankte den Göttern, dass sie ihm überhaupt einen weiteren Tag geschenkt hatten.
    Yanil wandte den Kopf. Brilys lag neben ihm im feuchten taubedeckten Gras. Er schlief. Yanils Kleidung fühlte sich klamm an und klebte ihm an Armen und Beinen. Doch am
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