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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang
Autoren: Nadine Kühnemann
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konnte es sich eigentlich nicht erlauben abzuwarten.
    Als der Khaleri merkte, dass kein Schwert und auch sonst nichts, womit man sich hätte verteidigen können, in greifbarer Nähe war, riss er den Kopf ruckartig herum und starrte Yanil erneut an. Es war unverkennbar, dass er erwartete, von ihm attackiert zu werden. Doch Yanil rührte sich noch immer nicht, und so sahen sich die beiden Krieger in die Augen, ohne dass jemand noch einen Versuch unternommen hätte, etwas an der Situation zu ändern. Yanil bemerkte, dass sie Augen des Mannes stechend grün waren, wie die fast aller Khaleri. Seine Züge waren fein, nicht die eines grobschlächtigen Ungeheuers. Über seiner Augenbraue zog sich eine Narbe bis hinunter zu seiner Schläfe, vermutlich eine alte Verletzung.
    Eine gefühlte Ewigkeit verging, ehe der Khaleri endlich den Mut aufbrachte, die Stimme zu erheben. Er räusperte sich. »Willst du mich nicht endlich töten? Ich bin wehrlos und kann nicht aufstehen!«
    Eine seltsame Frage, die sich Yanil kaum selbst beantworten konnte. Weshalb tötete er ihn denn nicht? Er hätte leicht eine Waffe finden können, immerhin funktionierten seine Beine und ein Arm noch. Doch noch mehr als die Antwort auf diese Frage irritierte ihn etwas anderes.
    »Du sprichst die Gemeinsprache?«
    Das hatte er nun wahrlich nicht erwartet. Ein Monster, das ein Kinderspielzeug mit sich herumtrug und die menschliche Sprache beherrschte, und das sogar nahezu akzentfrei – unfassbar. Träumte er etwa noch immer?
    »Natürlich spreche ich die Gemeinsprache, wie kommst du darauf, dass ich es nicht könnte?«
    Wieder eine berechtigte Frage. Vielleicht sollte er eine ehrliche Antwort geben. »Weil ich bislang gedacht habe, ihr wäret unkultivierte Dämonen, angetrieben von einer bösen Gottheit, ohne eigenen Verstand und ohne Lebensberechtigung.«
    Der Khaleri schüttelte ungläubig den Kopf. »Wie bitte?« Seine Stimme überschlug sich vor Empörung. Yanil wusste nicht weshalb, aber er fühlte sich wie ein dummes Kind, das man auf sein Fehlverhalten hinwies.
    »Weißt du eigentlich überhaupt irgendetwas von mir?«, fuhr er aufgebracht fort. » Ihr seid die unkultivierten Parasiten dieses Landes, nicht wir. Und jetzt töte mich endlich, deshalb sind wir doch hier, oder etwa nicht? Ich kann nicht aufstehen, ich werde mich sicherlich nicht wehren.«
    Heißes Blut schoss in Yanils Wangen. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt, Scham breitete sich in ihm aus, obwohl er sich dafür tadelte, überhaupt mit einem Feind zu kommunizieren. Er wollte von seinen festgefahrenen Ansichten nicht abweichen, aber mit jedem Wort, das der Kerl sprach, wackelten seine Überzeugungen stärker. Es war einfacher, ein gefühlloses Monster zu töten, das nicht einmal sprechen konnte, als einen Menschen aus Fleisch und Blut, mit Sorgen, Nöten und einer eigenen Familie. Er glaubte schon jetzt, den Mut nicht mehr aufbringen zu können, dem Khaleri ein Messer in die Brust zu rammen. Die Anonymität eines beliebigen Gegners hatte ein Gesicht bekommen, eine Stimme, einen Charakter. Allein die Art, wie der Kerl ihn ansah mit seinen stechend grünen Augen – fordernd, mutig und intelligent. Nein, er würde ihn nicht töten. Wenn er ihn hier zurückließ, würde er früher oder später verhungern und verdursten. Vielleicht war es die bessere Lösung, ihn passiv sterben zu lassen.
    »Dein Arm blutet stark«, bemerkte der Khaleri trocken.
    Yanil sah reflexartig auf seine Wunde hinab. »Nur eine Fleischwunde. Ich werde nicht daran sterben.« Verdammt, er ließ sich schon wieder auf eine Unterhaltung mit ihm ein.
    »Stimmt es, dass die Mazari über besondere Heilkräfte verfügen?« Ehrliche Neugier sprach aus ihm heraus.
    Yanil musterte ihn argwöhnisch, ehe er antwortete. »Manche von uns mehr als andere. Es ist eine Form von Magie.«
    Der Fremde nickte stumm. »Wenn du mich schon nicht töten willst, und das sehe ich in deinen Augen, könntest du dir vielleicht mal meinen Fuß ansehen? Ich kann ihn nicht bewegen.«
    Yanil weitete die Augen ob dieser unverschämten Bitte. Der Khaleri hob beschwichtigend die Hand.
    »Lass uns eine Vereinbarung treffen«, sagte er. »Wir töten uns nicht, gehen jeder unseren eigenen Weg. Diese Unterhaltung hat nie stattgefunden. Einverstanden?«
    Yanil nickte, ehe er sich über die Konsequenzen Gedanken gemacht hatte. Andererseits ... Was machte ein Khaleri mehr oder weniger schon aus? Er würde früher oder später ohnehin sterben, ob er dem Kerl
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