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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang
Autoren: Nadine Kühnemann
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hinab. Vorsichtig legte der Khaleri das Blatt auf die Wunde, die inzwischen zu bluten aufgehört hatte, und fixierte es mit dem Stoff, dessen Enden er zuknotete – nicht zu fest, nicht zu locker. Yanil wunderte sich über seine Sorgfalt. Er war darauf bedacht, Yanil keine unnötigen Schmerzen zuzufügen. Ein seltsames Verhalten, wenn man bedachte, dass sie sich kurz zuvor noch bekämpft hatten.
    Nachdem Yanil den geschwollenen Knöchel von Brilys versorgt, mit Salbe bestrichen und geschient hatte, reichte er ihm eine Hand, um ihm aufzuhelfen. Er biss sich auf die Unterlippe, gab jedoch keinen Laut von sich.
    »Glaubst du, dass du laufen kannst?«
    Brilys zuckte die Achseln. »Was bleibt mir anderes übrig?« Er suchte Yanils Blick. »Danke, dass du mir geholfen hast.«
    Am liebsten hätte Yanil mit einer Floskel wie Nichts zu danken geantwortet, aber das hätte nicht der Wahrheit entsprochen. Eine derart skurrile Situation hatte er bislang noch nie erlebt.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte er stattdessen.
    »Wir suchen den Anschluss an unsere jeweiligen Truppen. Entweder es gelingt uns oder wir sterben bei dem Versuch.« So, wie Brilys es sagte, hörte es sich an wie etwas Selbstverständliches.
    »Ich schätze, dass du es definitiv einfacher haben wirst als ich«, sagte Yanil mit einem Hauch Bitterkeit in der Stimme. »In diesen Wäldern scheint es von Khaleri zu wimmeln. Ich weiß nicht einmal, ob Leute meines Volkes in der Nähe sind, alle sind schon vor Wochen nach Norden aufgebrochen, um die Burg zu halten.« Yanil hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Ob es klug war, dem Feind zu viel zu verraten?
    Doch Brilys nickte nur verständnisvoll. »Weißt du, ein bisschen siehst du aus wie einer von meinen Leuten. Deine Augen sind gar nicht wirklich blau, eher gräulich, und dein Gesicht ist für einen Mazari ein bisschen zu fein geschnitten.« Er lachte und machte eine beschwichtigende Geste. »Nicht dass ihr hässlich wäret, das will ich damit nicht sagen.«
    Unwillkürlich musste auch Yanil grinsen. »Ich denke trotzdem nicht, dass mir mein Gesicht einen Vorteil verschafft, wenn ich auf einen deines Volkes treffe. Meine Kleidung spricht eine andere Sprache.« Sie lachten gemeinsam, obwohl die Situation eigentlich nichts Amüsantes an sich hatte.
    »Ich kann dir leider auch nicht weiterhelfen«, griff Brilys das Thema schließlich wieder auf, als sie sich beruhigt hatten. »Du kannst nur hoffen, entweder Anschluss an deine Leute zu finden oder dich allein nach Norden durchzuschlagen. Bis dahin würde ich vorschlagen, dass wir gemeinsam gehen. Ich habe zwei gesunde Hände und du zwei gesunde Beine. Wir ergänzen uns, zudem haben wir das gleiche Ziel.«
    Yanil willigte ein, obwohl es seltsam anmutete, dass zwei Todfeinde gemeinsam reisten, um in einen Krieg zu ziehen, in dem sie gegeneinander kämpfen würden.
    »Weshalb haben du und deine Leute uns im Wald angegriffen?« Noch vor wenigen Stunden hätte Yanil sich diese Frage überhaupt nicht gestellt. In Kriegen machte man sich nun einmal keine Freunde, und erst recht nicht in den Reihen der Gegner.
    Brilys zögerte einen Herzschlag lang. Seine Stirn legte sich in Falten. »Ich könnte dir eine Gegenfrage stellen: Weshalb bist du dem Ruf deines Königs gefolgt? Bist du so versessen darauf zu töten?« Er wandte Yanil den Kopf zu, sie waren beinahe identisch groß. »Ist es nicht immer so, dass andere die Entscheidungen treffen? Dir sagt jemand: Kämpfe! und du kämpfst. Dabei hat dir dein Gegner persönlich sicher nie etwas getan. Natürlich, du wirst jetzt sagen: Aber es ist für eine gute Sache, für das große Ganze. Für Frieden, für Wohlstand, für Verbesserung. Aber weshalb ist denn alles schlecht? Ist es dein Verschulden? Und ist es überhaupt schlecht? Kann es nicht sein, dass du dem Drängen eines Einzelnen nachgibst, weil derjenige einen Vorteil für sich selbst erwirken will? Ich möchte nicht behaupten, dass euer König egoistisch ist. Ich kenne ihn gar nicht. Aber der Kampf um Macht und Ehre wird grundsätzlich auf dem Rücken derer ausgetragen, die nichts zu gewinnen und alles zu verlieren haben. Anders erging es mir auch nicht. Ich habe den Krieg nie gewollt, und ich halte es für unsinnig, dass wir beide uns hassen sollen, nur weil sich in unseren Köpfen irgendein dummes Dogma festgebissen hat, dass uns jemand anderes eingetrichtert hat. Ich bin froh, dass du scheinbar genauso gedacht und mich nicht getötet hast.« Brilys verfiel in
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