Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
unangenehmsten war der Hunger. Jäh wurde ihm bewusst, dass er seit dem letzten Sonnenaufgang nichts mehr gegessen hatte. Seinen Rucksack hatte er am Schauplatz des Kampfes zurückgelassen, es wäre ohnehin nichts Essbares mehr darin gewesen.
    Er stand auf, streckte seine müden Glieder und untersuchte die Wunde an seinem Arm, die glücklicherweise nicht mehr ganz so quälend pochte wie am Vortag. Sie hatte sich nicht entzündet und würde vermutlich bloß eine hübsche Narbe abgeben. Ein vergleichsweise geringer Preis.
    Yanil stillte seinen Durst im Bach, wusch sein Gesicht und begab sich auf die Suche nach Nahrung. Er fand Beeren, Wurzeln und Kräuter, mit denen er sich die Taschen füllte und zu ihrem Lagerplatz am Flussufer zurückkehrte. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel.
    Brilys hockte noch immer unter der Weide, ein Knie bis unter das Kinn gezogen, das geschiente Bein gerade von sich gestreckt. Als er Yanil erblickte, lächelte er.
    »Ich dachte, du seiest ohne mich weitergezogen.«
    Yanil stutzte. Er hatte über diese Option noch gar nicht nachgedacht, weshalb ihm keine passende Antwort einfiel. Stattdessen zuckte er nur die Achseln und bot Brilys von den Wurzeln und Beeren an, die der Khaleri dankbar entgegennahm.
    Nach dem Frühstück zogen sie in stillem Einvernehmen weiter. Sie fanden eine Stelle, an der sie den Wasserlauf mühelos hätten überspringen können, wenn Brilys verletztes Bein nicht gewesen wäre. Ohne ihn um Erlaubnis zu bitten, hob Yanil ihn wie ein Kind auf den Arm und trug ihn auf die andere Seite, obwohl er ob seines Gewichtes nicht weit springen konnte und sich nasse Füße holte.
    Sie marschierten noch einen weiteren ereignislosen Tag nach Norden, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Jedoch stießen sie auf Spuren. Schwere Stiefel hatten Gräser und junge Schößlinge niedergetreten. Es sah aus, als sei eine größere Gruppe Menschen erst kürzlich durch diesen Waldabschnitt gezogen. Yanil lief ein kalter Schauder über den Rücken. Schon bald würden sie auf die ersten Truppen stoßen, und dass es sich dabei im Khaleri handeln würde, war mehr als wahrscheinlich. Sie alle zogen nach Norden, dorthin, wo König Raslyr erbittert um seine Vormachtstellung im Land kämpfen würde. Yanil verdrängte jeden Gedanken an den Krieg, er war des Kämpfens müde. Doch er benötigte dringend die Unterstützung seines Volkes, um je wieder nach Hause zurückkehren zu können. Er fühlte sich wie Vieh, das man zum Schlachter trieb. Es gab kein Zurück.
    Am Nachmittag rasteten sie auf einer Wiese, der Baumbestand war deutlich lichter geworden, in der Ferne ragte das nördliche Gebirge bereits bedrohlich über ihnen auf. Nicht mehr lange, und sie würden den Pass nach Fjondryk erreichen. Spätestens dort rechnete Yanil mit erneuten Kämpfen, zumindest glaubte er nicht, ohne Zwischenfälle den Sitz des Königs zu erreichen. Als er mit Brilys zwischen den üppigen Wildkräutern saß und der Wind ihnen durch die Haare strich, spielte er eine Weile lang ernsthaft mit dem Gedanken, allein im Wald zu leben, bis der Krieg vorüber war. Er könnte sich einen Unterschlupf bauen und von den Dingen leben, die der Wald ihm bot. Essen gab es reichlich. Allerdings nur in den Sommermonaten, und wer konnte schon sagen, wie lange dieser gottverdammte Krieg noch andauern würde?
    Gegen Abend plagte sie erneut der Hunger. Zwar schmerzte Yanils Hand bei weitem nicht mehr so sehr wie noch vor zwei Tagen, dennoch konnte er sie nicht dazu gebrauchen, Jagd auf kleinere Tiere zu machen. Beeren und Wurzeln langweilten seinen Gaumen, ihm lief das Wasser im Mund zusammen beim Gedanken an frisches Fleisch. Nachdem er mit Brilys ausführlich darüber diskutiert hatte, wie sie an solches gelangen konnten, ohne seine Hände und Brilys Beine benutzen zu müssen, saßen sie am Abend scherzend beieinander und bauten sich eine Schleuder – oder zumindest versuchten sie es. Yanil gab sich alle Mühe, seinem Partner (als solchen bezeichnete er ihn mittlerweile) zu erklären, wie er aus faserigen Rindenstreifen und einem entsprechend geformten stabilen Ast eine adäquate Waffe zur Kaninchenjagd bauen konnte. Yanil konnte seine Hände nicht benutzen, um es Brilys zu zeigen, und dessen Unverständnis für den Schleuderbau bescherte ihnen heitere Stunden, in denen sie den Ernst des Krieges vergessen konnten. Schließlich segnete Yanil zähneknirschend die Waffe ab und gab sie frei für einen Testlauf, obwohl sie krumm war und jedem Mazari
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher