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Feuersbrut - Der Untergang

Feuersbrut - Der Untergang

Titel: Feuersbrut - Der Untergang
Autoren: Nadine Kühnemann
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bescherte Yanil eine Welle der Übelkeit.
    »Ich habe Frau und Kind in der Wüste zurückgelassen. Ich weiß nicht einmal, ob sie noch leben. Vyruk hat unser Heimatland verlassen, um mit uns in den Krieg zu ziehen. Da sein magischer Einfluss auch mich seit ein paar Tagen verlassen hat, muss ich davon ausgehen, dass es den Zurückgebliebenen in der Heimat nicht anders ergeht. Sie sind sicherlich verdurstet.« Seine Stimme brach, er nestelte an seiner Gürteltasche herum und zog das geschnitzte Pferd hervor. »Mein einziges Andenken an sie.«
    Yanil legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Hat Vyruk euch zu diesem Krieg gezwungen, indem er euch die Nahrung verweigert hat?«
    Brilys senkte den Blick und wischte sich mit dem Handrücken über das tränennasse Gesicht. »Unter anderem, ja. Aber sein Einfluss ist noch sehr viel größer. In seiner Nähe kann ich nicht einmal klar denken. Es ist, als seien wir nichts als Bauern auf seinem Schachfeld. Ich möchte diesen Krieg nicht, Yanil. Und ich fürchte mich vor dem Moment, wenn ich meine Truppe wiederfinde. Es wird mich erneut in den Strudel aus Hass hinabziehen und mich vergessen lassen, was ich tue. Aber noch mehr als davor habe ich Angst vor Vyruks Zorn, davor, was er meiner Familie antun könnte, wenn ich mich verweigere.« Er atmete tief ein und ließ die Luft als Seufzer entweichen. »Manche von uns kämpfen aus Überzeugung. Ich möchte es nicht so aussehen lassen, als seien wir alle unschuldige Lämmer. Dieses Land verspricht Wohlstand und Reichtum. Ein besseres Leben. Es lohnt sich, darum zu kämpfen. Sogar einige deiner Rasse haben die Seite gewechselt.«
    Entsetzen durchflutete Yanil. Seine Beine zitterten und er war froh, bereits zu sitzen, andernfalls hätten seine Knie unter ihm vermutlich nachgegeben. Die Khaleri kämpften tatsächlich an der Seite eines wahrhaftigen Gottes? Das würde bedeuten, dass der Krieg für die Mazari kaum zu gewinnen war. Der Feind kannte weder Hunger noch Schmerz, stand unter magischem Einfluss. Wie sollte man gegen einen solchen Gegner bestehen? Kein Wunder, dass sich ihnen einige Mazari angeschlossen hatten. Das versprach zumindest den Hauch einer Chance, den Krieg zu überleben. Mehr denn je reizte ihn der Gedanke, sich den Rest seines Lebens im Wald zu verstecken.
    Für einen langen Zeitraum sagte niemand etwas. Sie aßen schweigend vor der fettigen Ratte und hingen ihren Gedanken nach. Erst als sie sich zum Schlafen hinlegten, ergriff Brilys noch einmal das Wort.
    »Glaubst du, Gott hat uns zusammengeführt?« Er räusperte sich, seine Stimme klang belegt.
    »Gott? Sprichst du von Eyzan, dem Obersten?« Yanil starrte in den Himmel und betrachtete die Sterne. Es war eine warme, wolkenfreie Nacht. »Wer versteht schon das Spiel der Götter? Ich habe den Glauben an alles verloren.«
    Er drehte sich auf die Seite und schloss die Augen, aber es dauerte lange, ehe ihn der Schlaf übermannte.
     
    ***
     
    Stimmen weckten ihn. Zuerst glaubte Yanil, er würde träumen, aber mit einem Mal fühlte er sich hellwach. Er lag auf der Seite, ein spitzer Stein stach ihm unbequem in den Beckenknochen. Er schlug die Augen auf. Die Sonne schien durch die Wipfel des Birkenhains, der an die Wiese grenzte, auf der Brilys und er das Nachtlager aufgeschlagen hatten. Knöchelhohe Nebelschwaden waberten über das Gras, Feuchtigkeit stieg auf. Es war noch früher Morgen.
    Wieder Stimmen, diesmal lauter. Yanil konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber es handelte sich um Männer. Ihr Tonfall schien ausgelassen. Er drehte sich herum und blickte in die Augen von Brilys, der ebenfalls auf der Seite lag und ihn entsetzt ansah. Beinahe zeitgleich fuhren sie auf.
    »Hörst du das auch?«, fragte Brilys im Flüsterton. Der Farbe seines Gesichts zu entnehmen, freute er sich nicht darüber, Gesellschaft zu bekommen. Er war bleich wie der Tod.
    Yanil lauschte. Vögel zwitscherten, Wasser plätscherte, Blätter rauschten. Und dann wieder – Stimmen. Sie kamen näher.
    Ruckartig sprang Yanil auf die Füße, was Brilys wegen seines verletzten Knöchels nicht gelang. Panisch sah Yanil sich um, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. Er hörte Äste im Unterholz knacken, ganz in der Nähe. Er betete, dass die Eindringliche verschwinden und einen anderen Weg einschlagen würden, aber anscheinend beabsichtigten sie die Wiese zu überqueren, auf der sie rasteten. Seltsam – vor ein paar Tagen hatten sie noch fest beabsichtigt, auf andere Menschen zu stoßen, und
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