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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Autoren: Der Silberfalke
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wie seine Panik
größer wurde. Die Vögel bedeuteten auch, dass sich niemand
um die Toten kümmerte. Wenn Banditen sich in den Tälern
herumtrieben, wäre Kulaam das nächste Dorf auf ihrer Liste.
Kielis Gedanken überschlugen sich bei der Vorstellung,
dass seine Familie um ihr Leben kämpfen musste und er nicht
bei ihr war. Als Junge war er zweimal im Rundhaus bei den
Frauen geblieben, während die Männer das Dorf gegen einen
Angriff verteidigten. Einmal war es ein sauberer Kampf mit
den Männern aus dem Dorf Kahanama gewesen, und ein anderes Mal hatte ein Trupp von Gnomen Kinder für ihre widerwärtigen Opferrituale gesucht, aber die feste Palisade hatte sie
wirkungsvoll fern gehalten. Wer könnte das sein? , fragte er
sich, während er weiter den Weg hinunterrannte und stolperte.
Die Moredhel, die im Tiefland Bruderschaft des Dunklen
Pfades genannt wurden, hatten sich in diesen Bergen nicht
mehr sehen lassen, seit Kielis Großvater noch ein Junge gewesen war, und Trolle machten für gewöhnlich einen großen
Bogen um die Orosini-Dörfer. Derzeit gab es auch keine
Clanfehden. Die Leute, die in den hohen Bergen im Nordosten lebten, waren friedlich, und Latagore und das Herzogtum
Farinda im Süden hatte ebenfalls keinen Grund, die Orosini
anzugreifen.
Es mussten Banditen sein – Sklavenhändler entweder aus
Inaska oder aus der Hohen Wacht unten in Miskalon; die
wagten sich manchmal in die Berge. Die hoch gewachsenen,
rothaarigen oder blonden Orosini brachten auf den Sklavenmärkten unten in Groß-Kesh einen guten Preis. Die Angst
überwältigte Kieli nun beinahe; es war, als beherrsche sie all
seine Gedanken.
Er trank den Rest Kräuterwasser, der ihm noch geblieben
war, band sich den Kürbis mit einer Schnur um die Taille und
rannte dann ein halbes Dutzend zittriger Schritte weiter den
Weg entlang, bis er abermals ins Stolpern geriet. Er versuchte,
den Sturz mit der rechten Hand abzufangen, aber er stürzte
dennoch, drehte sich im Fallen und prallte gegen einen großen
Felsen. Ein stechender Schmerz war die Folge, und ihm wurde noch schwindliger, als er erkannte, dass er sich den linken
Arm verletzt hatte. Es fühlte sich nicht an, als wäre der Knochen gebrochen, aber von seiner Schulter bis zum Ellbogen
breitete sich bereits ein großer roter Fleck aus. Es tat weh,
wenn er Arm und Schulter bewegte. Kieli versuchte aufzustehen, und ihm wurde vor Schmerzen so übel, dass er sich übergeben musste.
Vor seinen Augen verschwamm alles, und die Landschaft
färbte sich grellgelb. Kieli fiel rückwärts auf den Weg. Der
Himmel über ihm wurde gleißend weiß, und er spülte die
Sonne, die ihm die Haut verbrannte. Er starrte nach oben, aber
schon bald konnte er überhaupt nichts mehr sehen. Der Boden
unter ihm schien sich zu drehen, bis alles weggefegt wurde
und er durch einen Tunnel ins Dunkel fiel.
    Schmerzen weckten ihn auf. Er öffnete die Augen, als sie
durch seinen linken Arm zuckten. Sein Blickfeld verengte
sich, zog sich zusammen und wurde wieder weiter, als ihn
abermals Schwindel überfiel. Dann sah er es.
    Auf seinem Arm ruhte etwas, das aussah wie die Krallen
eines Vogels. Kieli drehte die Augen nach links, bewegte den
Kopf aber nicht. Nur wenige Zoll von seiner Nase entfernt
stand ein Silberfalke, ein Bein leicht angehoben, die Krallen
auf Kielis Arm, wo sie sich in die Haut drückten, sie aber
nicht aufrissen. Beinahe so, als wollte er den halb betäubten
Jungen wecken, bog der Falke die Krallen noch einmal und
drückte fester.
    Kieli starrte in die schwarzen Augen des Vogels. Wieder
krallte der Vogel, und wieder zuckte Schmerz durch Kielis
Arm. Kieli starrte den Vogel an, und dann hörte er die Worte: Erhebe dich, kleiner Bruder. Erhebe dich und sei eine Waffe
für dein Volk. Du spürst meine Krallen an deinem Arm, und
so wie sie kannst du ebenfalls festhalten und schützen, aber
auch zerfetzen und zerstören. Kieli hörte die Worte nicht laut,
aber sie waren in seinem Kopf. Abrupt stand er auf, wobei er
den Falken auf dem Arm mit hochhob. Der Vogel breitete
die Flügel ein wenig aus, um die Bewegung auszubalancieren.
    Als er dem Vogel direkt in die Augen sah, vergaß der Junge einen Augenblick alle Schmerzen. Der Falke starrte zurück, dann beugte er den Kopf vor, als würde er zustimmend
nicken. Noch einmal sahen sie einander an, dann sprang der
Vogel mit einem Kreischen in die Luft, und ein einziges Flügelflattern brachte ihn direkt am Ohr des jungen Mannes
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