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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Autoren: Der Silberfalke
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häufig über ihn zu amüsieren, und er fühlte sich in ihrer
Gegenwart verlegen. Obwohl er es gut verbarg, hatte er ziemliche Angst vor ihr. Aber Rapanuana war dick und launisch,
und Janatua hatte ein spitzes Gesicht und war so schüchtern,
dass ihr in Gegenwart von Jungen die Worte fehlten. Teal Eye
hatte einen geschmeidigen, hoch gewachsenen Körper und
glitzernde, honigfarbene Augen, die sie zusammenkniff, wenn
sie lachte. Ihre Haut war heller als die der anderen Mädchen,
sie hatte ein paar Sommersprossen, und ihr herzförmiges Gesicht war umgeben von einer Haarmähne von der Farbe reifen
Weizens. Kieli betete zu den Göttern, dass sein Vater sich am
Abend vor Mittsommer mit ihrem Vater und nicht mit einem
der Väter der anderen Mädchen zusammengesetzt hatte. Dann
wurde ihm mit aufflackernder Panik klar, dass sein Vater sich
vielleicht auch mit dem Vater eines der Mädchen aus den
Nachbardörfern getroffen haben könnte, mit dem der trägen
Pialua oder der hübschen, aber immer unzufriedenen Mandia!
    Er seufzte. Auf diese Angelegenheit hatte er keinen Einfluss. Manchmal berichteten die Geschichtenerzähler am Feuer von Männern und Frauen, die sich nacheinander sehnten –
viele von diesen Geschichten hatten sie von Sängern aus dem
Tiefland gehört, die hin und wieder in die Berge kamen. Aber
bei seinem Volk wählte ein Vater eine Braut für seinen Sohn
oder einen Mann für seine Tochter. Manchmal kehrte ein Junge – nein, verbesserte er sich, ein Mann – von seiner Suche
zurück und musste feststellen, dass keine Braut auf ihn wartete und bei seinem Namensfest neben ihm sitzen würde, und er
musste noch ein Jahr auf eine Braut warten. Manchmal, wenn
auch sehr selten, geschah es, dass kein Vater seine Tochter
mit einem bestimmten jungen Mann verheiraten wollte, und er
musste das Dorf verlassen, um sich eine Frau zu suchen, oder
sich damit abfinden, allein zu leben. Er hatte einmal von einer
Witwe gehört, deren Vater vor ihrem Mann gestorben war,
und danach hatte sie einen solchen Mann in ihre Hütte aufgenommen, aber niemand hielt das für eine richtige Ehe.
    Wieder seufzte er. Er wollte die ganze Sache endlich hinter
sich bringen. Er wollte etwas essen, er wollte wieder in seinem Bett schlafen, und er wollte Teal Eye, obwohl sie ihn
verlegen machte.
    Der Wind trug ein Geräusch heran, das er als das Knurren
einer Bärin mit Jungen erkannte. Sie klang erschrocken, und
Kieli wusste, dass ihre Jungen nun auf einen Baum klettern
würden, um Schutz zu suchen. Kieli setzte sich aufrecht hin.
Was konnte einen Schwarzbären so nahe am Berg in Schrecken versetzen? Vielleicht eine große Katze wie ein Leopard
oder Puma. Für die mächtigen Felsenlöwen waren sie zu hoch
am Berg. Oder vielleicht war einer dieser geflügelten Drachen
auf der Jagd, dachte er und fühlte sich hier draußen auf den
Felsen plötzlich sehr klein und verwundbar.
    Die kleineren Vettern der großen Drachen, die hier in den
Bergen nisteten, konnten ein halbes Dutzend oder mehr erfahrene Krieger in Schach halten, und ein Junge mit nur einem
Ritualdolch und einem Wasserkürbis wäre für ein solches Tier
nichts weiter als ein leicht verdientes Frühstück.
    Auch ein jagendes Rudel könnte die Bärin erschreckt haben; wilde Hunde und Wölfe gingen Bären zwar für gewöhnlich lieber aus dem Weg, aber ein Junges wäre eine brauchbare Mahlzeit, wenn man die Mutter von ihm weglocken konnte.
    Oder es waren Menschen.
In der Ferne wurde der Kreis von Truthahngeiern größer.
Der Junge erhob sich, um besser sehen zu können, und spürte,
dass ihm schwindlig wurde, denn er war zu schnell aufgestanden. Er stützte sich mit einer Hand an die Felsen und spähte in
die Ferne. Die Sonne stand nun schon hoch am Himmel und
hatte den morgendlichen Dunst weggebrannt, also konnte
Kieli die Geier und Weihen deutlich kreisen sehen. Kieli war
im Dorf für sein Sehvermögen berühmt; er konnte besser sehen als alle anderen. Großvater sagte immer, was dem Jungen
sonst auch fehlen mochte, er hatte die Augen eines Falken.
Seine Augen sahen es tatsächlich ganz genau, aber sein
Kopf wollte es noch nicht begreifen. Es dauerte einige Zeit,
bis ihm wirklich klar wurde, dass die Vögel über Kapoma
kreisten. Panik zündete in ihm wie ein Funke, und ohne zu
zögern rannte er los. Kapoma war die Siedlung neben seinem
eigenen Dorf!
Es gab nur eine mögliche Erklärung für so viele Aasfresser
über Kapoma: einen Kampf. Kieli spürte,
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