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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Autoren: Der Silberfalke
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vorbei. Kieli spürte einen weiteren geringfügigen Schmerz und
hob die Hand an seine rechte Schulter. Am Arm sah er die
Spuren der Vogelkrallen.
    War das meine Vision?, fragte er sich. Er hatte nie gehört,
dass ein Falke sich so verhalten hätte, nicht einmal in einer
Geschichte. Dann erinnerte er sich mit dumpfem Schrecken
an den Grund, wieso er so eilig den Berg hinuntergerannt war.
    Die Tageshitze lag immer noch drückend auf den Felsen
rings um ihn her. Kieli fühlte sich schwach, und sein linker
Arm pochte, aber sein Geist war klar, und er wusste, er würde
den Bach rechtzeitig erreichen. Nun achtete er mehr auf den
Weg zwischen den Felsen hindurch, denn er wollte nicht noch
einmal stürzen und sich verletzen. Wenn seinem Dorf ein
Kampf bevorstand, dann würde er neben seinem Vater, seinen
Onkeln und dem Großvater stehen, um sein Heim zu verteidigen, denn er war nun ein Mann.
    Kieli stolperte weiter den staubigen Pfad entlang, und bei
jeder Bewegung zuckten heiße Schmerzen durch seinen linken Arm in die Schulter. Er erinnerte sich an eine bestimmte
Rezitation, eine geisttötende Übung, die angeblich Schmerzen
dämpfen konnte, und begann, leise die Worte zu murmeln.
Bald schon wurden die Schmerzen tatsächlich schwächer,
obwohl es nicht so gut funktionierte, wie sein Großvater ihm
gesagt hatte; der Arm tat immer noch weh, aber zumindest
wurde ihm vor Schmerzen nicht mehr schwindlig.
    Er erreichte den Bach und ließ sich vornüber hineinfallen, was
so etwas wie eine Explosion von Schmerzen in seinem Arm
bewirkte. Er keuchte gequält, wurde aber mit einem Mund
voll Wasser belohnt. Dann rollte er sich auf den Rücken und
spuckte Wasser aus, wischte sich die Nase und hustete.
Schließlich kam er auf die Knie hoch und trank nun vorsichtiger. Danach füllte er schnell den Kürbis, band ihn wieder um
seine Taille und machte sich erneut auf den Weg.
    Er hatte Hunger, aber zumindest hatte das Wasser ihn beruhigt. Vom Bach aus waren es noch zwei Wegstunden bis in
sein Dorf. Wenn er in gleichmäßigem Tempo lief, würde er in
einem Drittel dieser Zeit dort sein. Aber so schwach, wie er
nach dem Fasten war, und mit seinem verletzten Arm konnte
er kein gleichmäßiges Tempo aufrechterhalten. Hinter dem
Bach wurde der Wald dichter, und es war kühler. Kieli entschied sich für schnelles Gehen, und auf offenen Strecken lief
er, beides so lautlos er konnte, und er konzentrierte sich auf
den bevorstehenden Kampf.
    Als er näher zu seinem Dorf kam, hörte Kieli die Kampfgeräusche. Der Geruch nach Rauch hing in der Luft. Der Schrei
einer Frau drang dem Jungen so tief ins Herz wie eine Messerklinge. War das seine Mutter gewesen? Aber es war ohne
Bedeutung – wer immer es sein mochte, es handelte sich um
eine Frau, die er sein Leben lang gekannt hatte.
    Er nahm den Ritualdolch fest in die rechte Hand und
wünschte sich sehnlichst, zwei gesunde Arme und ein
Schwert oder einen Speer zu haben. Vom Laufen und von der
Sonne war ihm so warm geworden, dass er vollkommen vergessen hatte, wie spärlich er bekleidet war, aber nun fühlte er
sich besonders verwundbar. Dennoch eilte er weiter, und die
Aussicht auf den Kampf dämpfte den Schmerz in seinem Arm
noch mehr und zwang seine Müdigkeit beiseite.
    Dicke Rauchwolken und das Knistern von Flammen warnten
ihn schon vor dem Anblick, der sich ihm einen Moment später
bot. Er hatte eine Stelle erreicht, wo der Weg den Wald hinter
sich ließ und sich durch die großen Gemüsegärten des Dorfes
zog, bevor er die Palisade erreichte. Das Tor stand offen, wie
immer in friedlichen Zeiten. Kein Feind hatte je zu Mittsommer
angegriffen, denn dies war ein Tag beinahe universellen Waffenstillstands, selbst in Kriegszeiten. Der unversehrte Zustand des
hölzernen Walls und der Erdwälle sagte dem Jungen, dass der
Feind das Tor gestürmt hatte, bevor jemand hatte Alarm
schlagen können. Die meisten Bewohner waren sicher auf
dem Dorfplatz gewesen, um dort das Fest vorzubereiten.
    Überall waren Flammen und Rauch. Kieli konnte Gestalten
im Rauch erkennen, viele davon zu Pferd, und reglose Menschen auf dem Boden. Er hielt inne. Einfach weiter den Pfad
entlang zu rennen, würde ihn sofort zu einem Ziel machen. Es
war besser, das Dorf hinter den Bäumen halb zu umkreisen, bis
er zu der Stelle kam, wo der Wald direkt ans Dorf heranreichte.
    Als er sich nach rechts bewegte, bemerkte er, dass der
Rauch von ihm weggeweht wurde. Nun konnte er sehen, was
die
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