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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Autoren: Der Silberfalke
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und die
Aufwinde von den sich schnell erwärmenden Felsen ausnutzen, um im Segelflug nach Beute Ausschau zu halten. Ihre
gewaltige Spannweite erlaubte es ihnen, auf den Aufwinden
zu schweben, während sie sich nach Totem und Sterbendem
am Boden umsahen. Wenn sie dort zu einem Tierkadaver
hüpften, waren sie ungeschickt und hässlich, aber in der Luft
bewegten sie sich geschmeidig und majestätisch.
    Im Süden entdeckte Kieli eine Gabelweihe, die in der Luft
zu hängen schien, den schwarzen Schwanz nach unten gerichtet, während sie rasch zwei- oder dreimal flatterte, dann innehielt, um ein Stück abzusacken, dann wieder flatterte, um über
der erspähten Beute an Ort und Stelle verharren zu können.
Dann stieß sie mit verblüffender Geschwindigkeit zu, die
Krallen nach unten gerichtet, und traf mit ans Übernatürliche
grenzender Präzision ihr Ziel, nur um sich ohne einen Augenblick des Zögerns wieder zu erheben, eine quiekende Wühlmaus in den Krallen.
    Aus der Ferne drangen die Geräusche des Waldes zu Kieli.
Die Rhythmen von Tag und Nacht unterschieden sich, und
nun ließen sich die tagaktiven Bewohner des Waldes sehen,
während die Nachttiere ihre Schlafplätze aufsuchten. Ein
Specht suchte in der Rinde eines nahen Baumes fleißig nach
Insekten. Dem Muster des Geräuschs entnahm Kieli, dass es
einer von den Spechten mit dem roten Kopf war, der dort sein
Futter ausgrub; das Klopfen war langsam, laut und eindringlich, anders als das immer wieder abbrechende Stakkato seines Vetters mit den blauen Flügeln.
    Die Sonne stieg höher in den Morgenhimmel, und bald
schon ging das Feuer aus. Es war auch unnötig geworden,
denn nun war die Tageshitze in die Berge zurückgekehrt. Kieli widerstand der Versuchung, den letzten Rest seines Wassers
zu trinken, denn er wusste, dass er es aufheben musste, bis er
bereit war, ins Dorf zurückzukehren. Er würde sich unten am
Bach satt trinken können, aber den Bach musste er erst einmal
erreichen, und wenn er sein Wasser jetzt verschwendete,
konnte es durchaus sein, dass er es nicht bis dorthin schaffte.
    Es kam nur sehr selten vor, dass ein Junge in den Bergen
umkam, aber es war schon passiert. Der Stamm bereitete jeden Jungen so gut wie möglich vor. Aber man glaubte, dass
jene, die das Namensritual nicht überlebten, von den Göttern
für unzureichend gehalten wurden, und die Trauer ihrer Familien bildete einen bitteren Kontrapunkt zum Mittsommerfest.
    Es war heißer geworden, die Luft war trockener, und Kieli
wurde klar, dass sich ein Sa’tana näherte. Der Wind, der aus
dem Norden kam, war das ganze Jahr über kalt, aber der
Westwind konnte im Sommer schnell trocken und heiß werden. Der Junge hatte schon erlebt, wie Gras in weniger als
drei Tagen braun und brüchig wurde und Obst durch diesen
Wind an den Zweigen vertrocknete. Männer wurden ruhelos
und Frauen gereizt, wenn der Sa’tana länger als ein paar Tage
anhielt, und die Haut begann zu jucken. Wenn Kieli und sein
Bruder an solchen Tagen im Fluss geschwommen waren, waren sie schon wieder trocken gewesen, wenn sie das Dorf erreichten, so, als hätten sie die kühle Berührung des Wassers
überhaupt nicht verspürt.
    Kieli wusste auch, dass er nun in Gefahr war, denn der Sa’tana würde ihm die Feuchtigkeit aus dem Körper saugen,
wenn er hier bliebe. Er warf einen Blick zum Himmel und
erkannte, dass es nur noch zwei Stunden bis zum Mittag waren. Die Sonne hatte nun mehr als die Hälfte ihres Wegs zum
Zenit zurückgelegt, und Kieli blinzelte, weil ihm von der Helligkeit Tränen in die Augen traten.
    Kieli ließ seine Gedanken einen Augenblick schweifen, als
er sich fragte, wen man wohl auswählen würde, um an seiner
Seite zu sitzen. Denn während er selbst sich am Berg aufhielt,
würde sich sein Vater mit dem Vater eines der jungen Mädchen aus den Dörfern treffen. In Kielis eigenem Dorf gab es
drei mögliche Gefährtinnen für Kieli: Rapanuana, die Tochter
von Forest Smoke, Janatua, die Tochter von Broken Spear,
und Teal Eye, die Tochter von Wind Song.
    Teal Eye war ein Jahr älter als Kieli und hatte schon im
Jahr zuvor ihren Frauennamen erhalten, aber es hatte im Dorf
keinen Jungen im richtigen Alter gegeben, mit dem man sie
zusammentun konnte. Dieses Jahr waren es sechs, Kieli eingeschlossen. Teal Eye hatte einen etwas merkwürdigen Sinn
für Humor, und Kieli fragte sich oft, was sie denn eigentlich
so komisch fand, wenn sie lachte oder lächelte. Sie schien
sich
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