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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
Autoren: Der Silberfalke
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Dorf im Augenblick mit den Frauen im Rundhaus sitzen würden, wo sie aßen
und schwatzten, sangen und beteten. Irgendwie gelang es den
Mädchen, ihre Frauennamen ohne die Entbehrungen zu finden,
die die Jungen über sich ergehen lassen mussten. Kieli ließ den
Augenblick vorübergehen – sein Großvater hatte es immer für
Zeitverschwendung gehalten, wenn man sich wegen Dingen
Gedanken machte, die man ohnehin nicht ändern konnte.
    Er dachte an seinen Großvater, Laughing Eyes. Der alte
Mann war der Letzte gewesen, der mit Kieli gesprochen hatte,
bevor der Junge sich auf den einsamen Weg aus dem Tal, in
dem sein Volk lebte, zum Berggipfel gemacht hatte. Großvater hatte gelächelt wie immer – Kieli konnte sich kaum an
einen Zeitpunkt erinnern, an dem nicht ein Lächeln auf dem
Gesicht des alten Mannes gelegen hätte. Großvaters Gesicht
war von beinahe achtzig Jahren in den Bergen gegerbt wie
braunes Leder, aber die Clantätowierungen auf seiner linken
Wange waren trotz vielen Jahren in der Sonne immer noch
schwarz. Der alte Mann hatte immer noch scharfe Augen und
ausgeprägte Züge, und sein Gesicht war von stahlgrauem
Haar gerahmt, das ihm bis auf die Schultern fiel. Kieli sah
seinem Großvater ähnlicher als seinem Vater, denn sie hatten
beide diese bräunliche Haut, die im Sommer nussbraun wurde
und nur selten in der Sonne verbrannte, und als er noch jünger
gewesen war, hatte auch Kielis Großvater rabenschwarzes
Haar gehabt. Die Leute sagten hin und wieder, sie müssten
wohl vor ein paar Generationen einen Fremden in ihre Familie
aufgenommen haben, denn die Orosini waren überwiegend
blond, und schon braunes Haar war ungewöhnlich.
    Kielis Großvater hatte geflüstert: »Wenn der Kürbis am
Mittsommertag leer ist, vergiss eins nicht: Wenn die Götter
nicht bereits einen Namen für dich vorgesehen haben, bedeutet das einfach, dass sie dir gestatten, selbst einen zu wählen.«
Und dann hatte der alte Häuptling seinen Enkel fest umarmt
und ihn mit einem spielerischen, aber immer noch kräftigen
Schlag auf den Rücken auf den Weg geschickt. Die anderen
Männer des Dorfes Kulaam hatten zugesehen, lächelnd oder
lachend, denn die Zeit der Namensvision war eine Zeit der
Freude, und bald würde es im Dorf ein Fest geben.
    Nun erinnerte sich Kieli wieder an die Worte seines Großvaters und fragte sich, ob überhaupt ein Junge seinen Namen
jemals tatsächlich von den Göttern erhalten hatte. Er warf
noch einen Blick in den Kürbis. Das Wasser würde ihm voraussichtlich gegen Mittag ausgehen. Er wusste, dass er auf
halbem Weg zum Dorf welches finden würde, aber dazu würde er den Berg spätestens dann verlassen müssen, wenn die
Sonne ihren Höchststand erreicht hatte.
    Er dachte eine Weile nach. Gedanken über sein Dorf plätscherten in seinem Kopf herum wie der kleine Bach, der hinter dem Langhaus entlangrauschte. Er nahm an, wenn er seinen Geist nur möglichst frei umherschweifen ließe, wenn er
sich nicht zu sehr anstrengte, seine Vision zu finden, würde
sie vielleicht eher kommen. Er wollte so schnell wie möglich
zurückkehren, denn seine Verwandten fehlten ihm. Sein Vater
war alles, was der Junge einmal werden wollte: stark, freundlich, sanft, entschlossen, furchtlos im Kampf und liebevoll mit
seinen Kindern, Kieli vermisste seine Mutter, seine jüngere
Schwester Miliana und vor allem seinen älteren Bruder Sun
Hand, der selbst erst vor zwei Jahren von seiner Namenssuche
zurückgekehrt war, von der Sonne rot verbrannt bis auf einen
hellen Abdruck seiner eigenen Hand, die den Tag über auf
seiner Brust gelegen hatte. Großvater hatte erzählt, dass Sun
Hand nicht der erste Junge war, zu dem die Vision im Schlaf
gekommen war. San Hand war immer sehr nett zu seinem
kleinen Bruder und seiner kleinen Schwester gewesen, hatte
auf die beiden aufgepasst, wenn ihre Mutter auf dem Feld
arbeitete, und ihnen die besten Plätze zum Beerenpflücken
gezeigt. Die Erinnerung an diese Beeren, zerdrückt, mit Honig
gesüßt und auf frisches warmes Brot gestrichen, ließ Kieli das
Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Das Fest würde wunderschön werden, und als Kieli an das
Essen dachte, das schon auf ihn wartete, fing sein Magen laut
an zu knurren. Wenn er ins Dorf zurückkehrte, würde man
ihm erlauben, zusammen mit den Männern im Langhaus zu
sitzen, und er brauchte nicht mehr im Rundhaus mit seiner
Mutter, den anderen Frauen und den Kindern zu bleiben. Ein
klein wenig bedauerte
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