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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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1. ANKUNFT IN MARSEILLE
    It’s a long way to Tipperary,
it’s a long way to go.
    Soldiers Song
    H inter der langen, schwarzen Rauchfahne des Schleppers flatterte eine Schar Möwen her. Zwei Fischerboote dampften an ihm vorbei, kreischend stürzten die Vögel sich auf die Netze. Weit draußen auf See schob sich ein Frachtschiff auf den Hafen zu.
    Alasdair MacAlan lehnte sich an die Reling und sah über das Wasser.
    Ein ganzes Meer trennte ihn nun von der Vergangenheit. Und eine ungewisse Zukunft lag vor ihm. Doch er konnte sich nicht überwinden, ihr ins Gesicht zu sehen.
    Ein schwerer Seesack wurde zu seinen Füßen abgelegt.
    »Sir, es wird Zeit, das Schiff zu verlassen.«
    Mac drehte sich langsam um.
    Ja, es war Zeit, diese letzte Brücke abzubrechen. Er ließ den Seesack liegen, schlenderte über das Deck auf die andere Seite und betrachtete das lebhafte Geschehen am Kai von Marseille. Unter ihm plätscherte öliges Wasser, der Geruch von verrottendem Tang und von Teer stieg ihm in die Nase. Geschrei, Gedrängel, Gepäckberge, eine blökende Hupe, zwei Hunde, die sich knurrend und kläffend um eine Beute zankten – in dieses Getümmel musste er sich nun wohl auch begeben.
    »Sir, wir müssen den Wagen ausladen!«
    Wieder wurde ihm der Seesack vor die Füße gelegt. Mac bückte sich und schulterte ihn.
    »Verdammt, mir muss es schlechter gehen als vor der Reise«, knurrte er. »Oder hast du Bleibarren hineingepackt, Hans?«
    »Es geht Ihnen besser, Sir, aber das Gepäck ist schwerer geworden.«
    Wodurch auch immer. Hans hatte so seine eigenen Wege, an Dinge zu kommen.
    Mac folgte dem knorrigen Mann zum Niedergang, und als sie den Laderaum erreicht hatten, zitterten ihm die Knie. Mochten die Wochen auf See auch erholsam gewesen sein, seine alte Form hatte er noch immer nicht wiedererlangt. Hans wuchtete ihrer beider Gepäck hinten in den Wagen und öffnete ihm die Tür auf der Fahrerseite.
    Nur vier weitere Fahrzeuge warteten darauf, über die Stahlplanken an den Kai zu rollen, die Chauffeure in ihren Uniformen lehnten an den Kotflügeln und warteten, dass der Lademeister ihnen das Zeichen gab, die Motoren zu starten. Mac erkannte einen schimmernden Benz, einen Maybach und einen schnittigen Bugatti. Herrenfahrzeuge. Sein Ford war dagegen ein Lasttier. Der Lack war zerkratzt und staubig, aber als er die Zündung einschaltete, schnurrte der Motor, ohne zu zögern, los. Anders als bei dem Bugatti, dessen Lenker sich an der Kurbel abmühen musste.
    Hans rückte neben ihn auf den Sitz, und vorsichtig bewegte Mac das Automobil an Land.
    Eine modisch gekleidete Dame warf ihm unter dem weißen Glockenhut einen abschätzigen Blick zu. Mac zuckte innerlich mit den Schultern. Sie hatte ihn von Beginn der Reise an mit ihren glutvollen Augen verfolgt, aber er war nicht an einem Flirt interessiert. Auch der Herr im weißen Leinenanzug musterte Macs Fahrzeug mit unverhohlener Arroganz.
    Beide ignorierte er genau wie die Gepäckberge am Kai der Joliette und bahnte sich den Weg zur Straße.
    »Sehen wir nach, ob André Letellier noch seine Garage führt«, sagte Hans.
    »Tun wir das?«
    »Hast du einen besseren Vorschlag?«
    Hatte er nicht.
    Eine Hupe blökte direkt hinter ihnen. Der Bugatti.
    Mac löste die Bremse, ließ den Wagen auf die Straße am Kai rollen und holperte über die Schienen der Elektrischen. Unter der gleißenden Mittagssonne zeichnete sich die Silhouette der Kathedrale von Marseille ab, die sich über dem alten Hafen erhob. Sie kamen nur langsam voran, Fußgänger bevölkerten die Straße weit mehr als Automobile. Hoch beladene Pferdegespanne trotteten vor ihnen her, ein mutiger Reiter versuchte sie zu überholen. Unter den Markisen der mehrstöckigen Gebäude saßen Müßiggänger bei Wein oder Kaffee, wurden Waren ausgestellt, bummelten Damen an den Schaufenstern entlang.
    »Am alten Hafen, irgendwo links«, sagte Hans.
    »Ich weiß.«
    Die Hitze trieb ihnen den Schweiß auf die Stirn, und Mac war froh, als sie in die schmalen Gassen des Panier einbiegen konnten. Ja, er erinnerte sich an die Werkstatt, in der er vor über fünf Jahren eine Weile gearbeitet hatte. Er erkannte die Häuser wieder, uralte Gebäude aus einem anderen Jahrhundert, doch belebt und von reger Geschäftigkeit gezeichnet. Wäsche hing zwischen den Fenstern, es flatterten Hosen, Hemden, Laken und Kittel in der leichten Brise, die vom Meer her wehte. Körbe und Säcke standen vor den Eingängen, hier und da döste ein alter Hund im
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