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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard
Autoren: Stonehenge
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Bernard Cornwell
     
    Stonehenge
     
    Aus dem Englischen von Elke Bartels
     
    Die Originalausgabe erschien 1999 unter dem Titel
»Stonehenge«
     
     
    »Die Druidenhaine gibt's nicht mehr — umso besser;
Stonehenge dagegen steht noch — aber was, zum Teufel, war es?«
    Lord Byron, Don Juan
    Canto XI, Vers XXV
     
     
    Erster Teil
     
    Der Himmelstempel
     
    1. KAPITEL
     
    D ie Götter sprechen zu den Menschen
durch Zeichen. Ein solches Zeichen kann ein Blatt sein, das im Sommer abfällt,
der Schrei eines sterbenden Tieres oder die sich plötzlich kräuselnde
Oberfläche eines stillen Gewässers. Auch könnte man dicht über den Boden
dahinziehenden Rauch entdecken, einen Riss in der Wolkendecke oder die
ungewöhnliche Flugbahn eines Vogels.
    Aber an jenem Tag schickten die Götter ein Unwetter. Es
war ein gewaltiges Unwetter, ein Sturm, an den die Menschen noch lange denken
würden, obwohl sie das Jahr nicht nach diesem Naturereignis benannten.
Stattdessen nannten sie es »das Jahr, in dem der Fremde kam«.
    Denn an dem Tag des Unwetters traf ein Fremder in Ratharryn
ein. Es war an demselben Sommertag, an dem Saban um ein Haar von seinem
Halbbruder ermordet worden wäre.
    An diesem Tag sprachen die Götter nicht. Sie schrien.
     
    Wie alle Kinder trug auch Saban im Sommer keine Kleidung.
Er war sechs Jahre jünger als sein Halbbruder Lengar, und da er noch nicht die
Riten durchlaufen und seine Mannhaftigkeit unter Beweis gestellt hatte, war er
nicht von Stammestätowierungen oder Kampfnarben gezeichnet. Aber bis zu seiner
Zeit der Prüfung lag nur noch ein Jahr vor ihm, und ihr Vater hatte Lengar angewiesen,
Saban in den Wald mitzunehmen und ihm zu zeigen, wo sich die Hirsche
aufhielten, wo die wilden Keiler lauerten und wo die Wölfe ihren Bau hatten.
    Lengar war empört darüber, dass ihm sein Vater diese
lästige Aufgabe übertragen hatte; also hatte er seinen Bruder, statt ihn zu
unterweisen, durch dorniges Gestrüpp und Dickichte geschleppt, sodass die
sonnengebräunte Haut des Jungen aus zahlreichen Kratzwunden blutete. »Du wirst
nie ein Mann werden«, höhnte Lengar.
    Saban war so vernünftig zu schweigen.
    Lengar gehörte seit fünf Jahren zu den Männern — er trug
die blauen Narben des Stammes auf der Brust und auf den Armen, die
Tätowierungen eines Jägers und Kriegers. Seine Waffe bildete ein
Eibenholz-Langbogen, der mit Hornspitzen beschlagen, mit Sehnen bespannt und
mit Schweinefett eingerieben war. Sein Gewand bestand aus einem Wolfsfell, das
lange schwarze Haar baumelte ihm als mit einem Streifen Fuchsfell zusammengebundener
Zopf auf dem Rücken. Er war groß, hatte ein schmales Gesicht und galt als einer
der tüchtigsten Jäger des Stammes. Sein Name bedeutete »Wolfsauge«, denn
seine Iris spielte leicht ins Gelbliche. Bei seiner Geburt erhielt er bereits
einen Namen; aber wie so viele Stammesmitglieder wollte er ab dem Eintritt in
das Mannesalter anders heißen.
    Auch Saban war groß und hatte langes schwarzes Haar. Sein
Name bedeutete »der Wohlgestaltete«, und viele im Stamm hielten ihn für
durchaus passend; denn schon jetzt, mit seinen kindlichen zwölf Sommern, versprach
Saban ein gut aussehender Bursche zu werden. Stark und geschmeidig, arbeitete
er unermüdlich und lächelte häufig. Was Lengar nur selten tat. »Er hat eine
Wolke im Gesicht«, sagten die Frauen von ihm, allerdings lediglich hinter
vorgehaltener Hand, denn Lengar würde wahrscheinlich der nächste Clanführer des
Stammes werden. Lengar und Saban waren die Söhne von Hengall, dem derzeitigen
Clanführer des Volkes von Ratharryn.
    Den ganzen Tag über führte Lengar Saban durch den Wald.
Sie trafen weder auf Damwild noch auf Wildschweine, Wölfe, Auerochsen oder
Bären. Ziellos marschierten sie durch das Unterholz; am Nachmittag dann
gelangten sie an den Rand des hoch gelegenen Geländes und sahen, dass eine Wand
dicker schwarzer Wolken das gesamte Land im Westen überschattete. Blitze
zuckten durch die Finsternis, schlugen in den fernen Wald ein und tauchten die
Umgebung sekundenlang in grelles Licht. Lengar hockte sich auf den Boden, eine
Hand an seinem polierten Bogen, und beobachtete das sich nähernde Gewitter. Er
hätte sich schleunigst auf den Rückweg machen sollen; aber er wollte, dass
Saban es mit der Angst zu tun bekam, und deshalb tat er so, als kümmerte ihn
die Drohung des Sturmgottes nicht.
    Während dieses heraufziehenden Unwetters nun erschien der
Fremde auf der Bildfläche.
    Er ritt ein kleines
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