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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard
Autoren: Stonehenge
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Cathallo, überall kannte man sie — Saban nahm an, der
Fremde wollte von ihr geheilt werden.
    Lengar lächelte. »Sannas gehört nicht zu unserem Volk«,
erklärte er. »Sannas lebt nördlich von hier.«
    Der Fremde verstand Lengars Worte nicht. »Erek«, sagte er,
und Saban, der die Szene noch immer vom Gestrüpp aus beobachtete, fragte sich,
ob das der Name des Mannes war oder vielleicht der Name seines Gottes. »Erek«,
wiederholte der Verwundete matt; doch Lengar, der den einen Pfeil aus dem
Köcher des Fremden herausgenommen und in den kurzen Bogen eingespannt hatte,
begriff gar nichts. Der Bogen bestand aus schmalen Holzstücken und
Geweihsprossen, zusammengeleimt und mit Sehnen bespannt, und Lengars Volk hatte
eine solche Waffe nie benutzt. Sie bevorzugten den aus dem Holz der Eibe
geschnitzten Langbogen, und der junge Krieger betrachtete die seltsame Waffe
voller Neugier. Er zog die Sehne zurück, um ihre Kraft zu prüfen. »Erek!«,
schrie der Fremde laut.
    »Du bist ein Fremdländischer«, sagte Lengar, »und hast
hier nichts zu suchen.« Er zog die Sehne abermals zurück, überrascht von der
Spannung in der kurzen Waffe.
    »Hol eine Heilerin her. Hol mir Sannas«, bat der Fremde in
seiner eigenen Sprache.
    »Wenn Sannas hier wäre«, erwiderte Lengar, der nichts
außer diesem Namen verstand, »würde ich zuerst sie töten.« Verächtlich spuckte
er aus. »Das ist genau das, was ich von Sannas halte. Sie ist eine
verschrumpelte alte Hexe, eine Schale böser, giftiger Krötenscheiße, die
Menschengestalt angenommen hat!« Er spuckte abermals auf den Boden.
    Der Fremde beugte sich vor, hob mühsam die Pfeile auf, die
aus seinem Köcher gefallen waren, und fasste sie zu einem Bündel zusammen, das
er wie ein Messer in der Hand hielt - als ob er sich damit verteidigen wollte.
»Bring mir eine Heilerin«, wiederholte er in seiner Sprache. Donner grollte im
Westen, und die Haselnussblätter erzitterten, als eine kalte Windbö über die
Hügel fegte, ein weiterer Vorbote des heraufziehenden Unwetters. Erneut blickte
der Fremde flehend zu Lengar auf und fand doch keinerlei Mitleid in seinen
Augen. Er sah dort einzig Mordlust. »Nein«, krächzte er rau, »nein, bitte
nicht!«
    Lengar spannte den Bogen. Er stand nur fünf Schritte von
dem Fremden entfernt, und der kleine Pfeil traf sein Ziel mit tödlicher Wucht,
ließ den Mann ruckartig auf die Seite fallen. Der Pfeil grub sich so tief in
das Fleisch, dass nur noch eine Handbreit des schwarz und weiß befiederten
Schafts aus der linken Brustseite des Getroffenen herausragte. Saban dachte,
der Arme müsse tot sein, weil er eine ganze Weile vollkommen reglos dalag; aber
dann glitt das Bündel Pfeile aus seiner Hand, als er sich langsam, sehr langsam
in eine sitzende Position hochstemmte. »Bitte«, röchelte er.
    »Lengar!« Hastig kroch Saban aus seinem Versteck und kam
herbeigerannt. »Lass mich Vater holen!«
    »Sei still!« Lengar hatte einen seiner eigenen, schwarzen
Pfeile aus dem Köcher genommen und ihn in den kurzen Bogen eingespannt. Er ging
auf Saban zu, zielte und grinste breit über den Ausdruck panischer Angst auf
dem Gesicht seines Halbbruders.
    Der Fremde richtete ebenfalls den Blick auf Saban und sah
einen großen, schönen Jungen mit zerzaustem schwarzen Haar und intelligenten,
erschrockenen Augen. »Sannas«, flehte er Saban an, »bring mich zu Sannas.«
    »Sannas lebt nicht hier«, erwiderte Saban, der nur den
Namen der Zauberin verstand.
    »Wir leben hier«, verkündete Lengar und ziele erneut auf
den Fremden, »aber du bist ein Fremdländischer, und ihr stehlt unser Vieh,
macht unsere Frauen zu Sklavinnen und betrügt unsere Händler.« Damit schoss er
den zweiten Pfeil ab, und genau wie der erste bohrte er sich mit voller Wucht
in die Brust des Fremden, diesmal jedoch in die Rippen seiner rechten
Körperseite. Wieder schlug es den Mann zur Seite, und abermals zwang er sich
mit äußerster Kraftanstrengung hoch, als ob sein Geist sich weigerte, seinen
gequälten Körper zu verlassen.
    »Ich kann dir Macht verschaffen«, äußerte er stoßweise,
während ein Rinnsal schaumigen, hellroten Blutes aus seinem Mund quoll und in
seinen kurzen Bart sickerte. »Macht«, flüsterte er.
    Aber Lengar verstand die Sprache des Mannes nicht. Er
hatte zwei Pfeile auf ihn abgeschossen, und noch immer weigerte sich der Fremde
zu sterben; deshalb hob Lengar seinen Langbogen vom Boden auf, spannte einen
Pfeil ein und wandte sich erneut zu seinem Opfer um. Er zog
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