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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard
Autoren: Stonehenge
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fast allen über das Land verstreuten Siedlungen
kreisförmig angelegt wurden.
    Cathallo und Ratharryn galten als die Zwillingsstämme des
Herzlandes. Sie waren durch Blutsverwandtschaft miteinander verbunden und so
eifersüchtig wie zwei Ehefrauen. Ein Vorteil für den einen Stamm stellte einen
Affront für den anderen dar, und in jener Nacht brütete Hengall, Clanführer des
Volkes in Ratharryn, über dem Gold der Fremdländischen. Er hatte darauf
gewartet, dass Lengar ihm den Schatz bringen würde und obwohl Lengar
tatsächlich mit einem Lederbeutel nach Ratharryn zurückkehrte, betrat er nicht
die Hütte seines Vaters. Als Hengall einen Sklaven zu seinem Sohn schickte, mit
dem Befehl, ihm unverzüglich die Schätze zu übergeben, hatte Lengar ihm
erklärt, dass er zu erschöpft sei, um zu gehorchen. Deshalb fragte Hengall
jetzt den Hohepriester des Stammes um Rat.
    »Er will dich herausfordern«, verkündete Hirac.
    »Söhne sollen ihre Väter herausfordern«, erwiderte
Hengall. Der Clanführer war ein großer, stämmiger Mann mit einem
narbenbedeckten Gesicht. Seine Haut war wie die der meisten Leute dunkel vor
eingedrungenem Ruß und Schmutz, Schweiß und Rauch. Unter der Schmutzschicht
wiesen seine Arme zahllose blaue Male auf, die bezeugten, wie viele Feinde er
im Kampf getötet hatte. Sein Name bedeutete schlicht »Der Krieger«, obwohl
Hengall den Frieden weitaus mehr liebte als Krieg.
    Der sehr viel ältere Hirac war mager, sein weißer Bart
ziemlich schütter, seine Gelenke schmerzten. Hengall mochte zwar der Anführer
des Stammes sein, aber Hirac sprach mit den Göttern, und deshalb hörte jeder
auf seinen Rat. »Lengar wird dich bekämpfen«, warnte Hirac den Clanführer.
    »Das wird er nicht.«
    »Er könnte es aber tun, er ist jung und stark«, erwiderte
Hirac. Der Priester war nackt, seine Haut bedeckte eine getrocknete Schicht aus
Kreide und Wasser, in die eine seiner Ehefrauen mit den Fingerspitzen
spiralförmige Muster eingezeichnet hatte. Um den Hals trug er eine Lederschnur
mit einem aufgefädelten Eichhörnchenschädel, während sich um seine Taille ein
Gürtel aus Nussschalen und Bärenzähnen schlang. Sein Haar und der Bart waren
dick mit rötlichem Schlamm eingeschmiert, der in der starken Hitze von Hengalls
Feuer allmählich trocknete und rissig wurde.
    »Und ich bin alt und stark«, knurrte Hengall, »wenn er
mich bekämpft, werde ich ihn töten.«
    »Wenn du ihn tötest«, zischte Hirac, »dann wirst du nur
noch zwei Söhne haben.«
    »Nur noch einen«, fauchte Hengall, und er sah den
Hohepriester finster an, weil er es gar nicht leiden konnte, daran erinnert zu
werden, wie wenig Söhne er gezeugt hatte. Kital, Clanführer des Stammes bei
Cathallo, besaß acht Söhne; Ossaya, der der Clanführer von Maden gewesen war,
bevor Kital den Ort erobert hatte, hatte sechs gezeugt; und Melak, Clanführer
der Leute von Drewenna, sogar elf. Deshalb schämte Hengall sich, dass er nur
drei Söhne gezeugt hatte, und als noch größere Schande empfand er die Tatsache,
dass einer dieser Söhne ein Krüppel war. Natürlich hatte er auch Töchter
gezeugt, und einige von ihnen waren am Leben geblieben, aber Töchter konnte
man nicht mit Söhnen vergleichen. Und seinen zweiten Sohn, den verkrüppelten
Jungen, den stammelnden Schwachsinnigen namens Camaban, wollte er nicht als
sein eigen Fleisch und Blut gelten lassen. Lengar erkannte er an und Saban
ebenfalls, aber nicht den mittleren.
    »Außerdem wird Lengar mich nicht zum Kampf herausfordern«,
fuhr Hengall fort. »Das wird er nicht wagen.«
    »Er ist kein Feigling«, warnte der Priester.
    Hengall lächelte. »Nein, das ist er nicht; aber er kämpft
nur dann, wenn er weiß, dass er siegt. Das ist der Grund, warum er ein guter
Clanführer sein wird, wenn er überlebt.«
    Der Priester hockte neben dem Mittelpfosten der Hütte.
Zwischen seinen Knien lag ein Haufen dünner Knochen: die Rippen eines Kindes,
das im vergangenen Winter gestorben war. Er stocherte mit einem langen,
kreidebeschmierten Finger in den Knochen herum und schob sie zu willkürlichen
Mustern zusammen, die er mit schief geneigtem Kopf betrachtete. »Sannas wird
das Gold haben wollen«, murmelte er nach einer Weile; dann legte er eine Pause
ein, um diese Feststellung wirken zu lassen. Genau wie jeder andere
Sterbliche, so hatte auch Hengall einen Heidenrespekt vor der Zauberin von
Cathallo; aber er schien den Gedanken mit einem Achselzucken abzutun. »Und
Kital hat viele Speerwerfer«,
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