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5 Farben Blau

5 Farben Blau

Titel: 5 Farben Blau
Autoren: Kajsa Arnold
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    Die Türglocke läutet ununterbrochen und wird von den lauten Klopfgeräuschen, die gegen den Türrahmen donnern, untermalt. Schlaftrunken quäle ich mich aus dem Bett, schlüpfe in mein viel zu großes Shirt und wanke auf nackten Füßen die neun Treppenstufen zur Haustür hinunter, um sie zu öffnen. Mein komaähnlicher Zustand hat einen Namen: Jetlag.
    Kaum, dass ich die Tür entriegelt habe, stürmt Alex, mein älterer Bruder , in das Haus.
    „Danke, ich habe meinen Schlüssel vergessen.“
    Er fällt fast über meine Koffer, die ich mitten im Flur stehen gelassen habe.
    »Verdammt, Jaz, wann räumst du endlich dein Zeug weg? Kaum bist du zu Hause, schon bricht das Chaos aus.« Hektisch rennt er von einem Raum zum anderen.
    Ich kann noch gar nicht richtig nachvollziehen, was er hier will. Mein Kopf dröhnt und mir ist schwindelig. »Alex, ich dachte du wärst arbeiten.« Ich gähne nicht ganz ladylike, setze mich auf den untersten Absatz der Treppe, die in das Obergeschoss führt, und stütze den Kopf auf meine Hände. Müde bin ich, müde und ausgelaugt. Wann ich das letzte Mal richtig geschlafen habe, ohne mich in den Schlaf zu weinen, ist mir entfallen. Gestern habe ich meinen heiß geliebten Job verloren. Einfach so, von heute auf morgen. In dem einen Moment noch brennt mir die heiße Sonne Hawaiis auf den Körper, im nächsten bin ich meine Dozentenstelle an der University of Honolulu los. Obwohl – einfach so ist etwas untertrieben. Man hat mir nahegelegt selbst zu kündigen – als hätte ich ein Verbrechen begangen. Dabei war es Hunter, der mich verführte, nicht umgekehrt.
    Tja, Schicksal, das s diese Affäre nach nur drei kurzen Wochen ans Licht kam und der Direktor der Universität diese Verbindung unter Kollegen für nicht akzeptabel erachtete. Als hätte ich es mit einem Minderjährigen getrieben. Hunter war ein stattlicher Mann von Anfang fünfzig. Ein Surfertyp, groß, blond, breitschultrig und mit einem Lächeln, das so ziemlich jedes weibliche Wesen an der Uni verzauberte. Er hat zum Schluss seine Professur behalten, weil er mir in den Rücken gefallen ist. Hat behauptet, ich hätte ihm keine andere Wahl gelassen, als mit mir zu schlafen. Als wenn ich ihn in Ketten hätte legen müssen, damit er die Nacht mit mir verbrachte. Ich hätte mehr Rückgrat von ihm erwartet. Mir die gesamte Schuld in die Schuhe zu schieben, nur um seinen Job zu retten, war die Tat eines Opportunisten. Mich als Männer verschlingendes Monster darzustellen, war absurd. War ich so wenig wert, dass man mich wie einen Bauern beim Schach opfern konnte? Ich wollte es nicht glauben. Mir schießen schon wieder die Tränen in die Augen. Verflucht, das hatte ich nicht verdient. Für mich war es mehr als eine flüchtige Affäre gewesen. Dass Hunter mich seiner Karriere opferte und den Wölfen zum Fraß vorwarf, hat mich schwer getroffen. Ich wische die Tränen mit meinen Fingern weg.
    Plötzlich geht m ein Blick geradewegs zur offenen Tür. Dort steht ein Mann und starrt mich ungeniert an. Ich spüre seinen Blick förmlich auf meiner Haut, die sofort zu prickeln beginnt. Schnell schaue ich weg, doch zwei Sekunden später muss ich wieder hinsehen. Hat er nicht gelernt, dass es unhöflich ist, andere Menschen so schamlos mit den Augen abzutasten? Als hätte er mich hypnotisiert, bleibe ich auf der Treppe sitzen und gestatte ihm, mich in aller Ruhe mit seinen Blicken auszuziehen. Ob er das wirklich tut, kann ich nicht genau sagen, aber es fühlt sich so an. Verlegen greife ich an meinen Halsausschnitt, ziehe das T-Shirt dort etwas zusammen und bin mir dabei geradezu extrem bewusst, dass meine Brüste sich nun noch deutlicher unter dem dünnen Stoff abzeichnen.
    Eine leichte Sommerbrise weht durch die offene Tür , ich fröstele und spüre, wie sich eine Gänsehaut über meine Arme zieht und sich meine Brustwarzen aufrichten. Auch das noch! Verlegen schiebe ich einen Arm vor meinen Oberkörper. Was soll der Typ nur von mir denken, wie ich auf dieser Treppe hocke und mich winde, als würde er mit seinen Händen langsam versuchen, mir das Shirt über die Schultern zu streifen. Zu allem Überfluss trägt der warme Wind auch noch seinen Duft zu mir herüber. Er riecht angenehm männlich, irgendwie nach Pampelmuse und Zedernholz. Es ist nur ein Hauch und unwillkürlich hebe ich ein wenig den Kopf und schnuppere. Bleu de Chanel kommt mir in den Sinn.
    Der Unbekannte rührt sich nicht, aber er beobachtet mich genau. Er sieht
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