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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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muß so gegen vier gewesen sein, als wir gegangen sind«, sagte Gründemanns, und sein Blick flog zwischen Toppe und dem Wirt hin und her. »Es war ja eine geschlossene Gesellschaft.«
    »War Ewald Timmer betrunken?«
    »Voll wie ’ne Haubitze«, lachte Gründemanns.
    »Hat ihn jemand nach Hause gebracht?«
    »Warum denn? Der hat es doch wahrhaftig nicht weit. Erzählen Sie uns jetzt, warum Sie das alles wissen wollen?«
    »Nein«, bedauerte Toppe und stand auf. »Im Augenblick kann ich noch nichts dazu sagen, aber trotzdem vielen Dank.«
    An der Theke war es inzwischen knüppelvoll, und Toppe mußte sich durchquetschen. »Kann ich mal telefonieren?«
    Wortlos stellte der Wirt ihm den Apparat auf den Tresen.
    »Einen ruhigeren Platz haben Sie wohl nicht.«
    »Draußen ist ’ne Zelle.«
    Norbert van Appeldorn war noch nicht wieder versöhnt.
    »Timmer? Sagt dir das dein Gefühl, oder hast du Beweise?«
    »Die Baskenmütze«, antwortete Toppe und erzählte, was er eben erfahren hatte.
    »Wenn der clever ist, sagt der uns, er hätte die Mütze sonstwann verloren«, entgegnete van Appeldorn.
    »Wird er nicht, Norbert. Und das sagt mir übrigens mein Gefühl. Kannst du sofort kommen?«
    »Ist ja wohl keine Frage.«
    »Prima. Ich gehe zu Fuß. Wir treffen uns dann auf dem Hof.«

41
    Ein kalter Wind fuhr ihm unter die Jacke, als er über den Hügel kam, und Toppe vergrub fröstelnd die Hände in den Taschen.
    Der Hof war ein Scherenschnitt im stahlgrauen Himmel. Das Küchenfenster dunkel, und auch im Flur brannte kein Licht. Die Hunde verbellten ihn, aber im Haus rührte sich nichts.
    Toppe holte tief Luft. Der Klingelknopf war zugewuchert von wilder Clematis. Er drückte zweimal, aber es war nichts zu hören. Einen Augenblick noch wartete er, dann klopfte er hart gegen das Drahtglasfenster der Tür. Die Hunde waren außer Rand und Band.
    Im Flur ging das Licht an, und Toppe sah eine durch das Glas verzerrte Gestalt auf sich zukommen. Der Schlüssel wurde gedreht.
    Ewald Timmer sagte nichts, sah ihn an. Toppe zog den Plastikbeutel mit den Resten der Baskenmütze aus seiner Jackentasche, hielt ihn hoch, dicht vor Timmers Gesicht.
    »Herr Timmer, Ihre Baskenmütze. Wir haben sie gefunden. Mit dem Abzeichen. Sie haben sie am Sonntag morgen gleich an Jansens Hintertür verloren.«
    Timmers Augen flackerten kurz, dann senkte er den Kopf.
    »Ja.« Es dauerte ein paar Sekunden, bis er wieder aufsah. »Nehmen Sie mich sofort mit?«
    Toppe nickte.
    »Ich sage meiner Frau Bescheid und hole meine Jacke.«
    Die Haustür ließ er offen. Toppe kam in den Flur, hier zog es nicht so, und verstaute die Baskenmütze wieder in seiner Jackentasche.
    Im Wohnzimmer hinten lief der Fernseher. Er hörte Timmers Stimme, knapp, abgehackt, dann wurde ein Schlüssel gedreht, und Frau Timmer schrie. Toppe lief los. Zwei Schritte. Vor ihm stand Timmer, in den Händen ein Gewehr mit kurzem Lauf.
    Toppe schloß die Augen. Seine Dienstwaffe lag sicher verwahrt in seinem Schreibtisch, aber das war egal; er wußte, er hätte sie sowieso nicht gezogen.
    »Raus«, knurrte Timmer, so leise, daß man es kaum hören konnte.
    Toppe hob die Arme halb, die Handflächen Timmer zugewandt. »Herr Timmer, hören Sie doch auf. Es hat doch keinen Sinn.«
    »Raus!« brüllte der Bauer und kam schnell zwei Schritte näher. »Raus, oder ich schieß dich übern Haufen!«
    Toppe wich zurück, langsam.
    »Sie wollten die Frau nicht töten, Herr Timmer, das weiß ich. Sie wollten ihr vielleicht eins auswischen, aber …«
    »Schnauze! Ich will nichts hören. Ihr wollt mir alle mein Kind wegnehmen, aber das lasse ich nicht zu. Eher bring ich uns alle um. Runter von meinem Gehöft!« Sein Blick war auf Toppes Brust gerichtet.
    Toppe stieß mit dem Rücken gegen den Türrahmen.
    »Nein, Herr Timmer.« Er versuchte, seine Stimme zu kontrollieren. »Keiner will Ihnen Hanna wegnehmen.«
    Timmer kam näher.
    »Ich habe mit dem Jugendamt gesprochen. Sie dürfen Hanna behalten.«
    Timmer versetzte ihm einen mächtigen Stoß gegen den Bauch, und Toppe flog in den Dreck vor der Haustür. Kies spritzte unter ihm weg. Timmer knallte die Tür und drehte den Schlüssel zweimal um.
    »Frau Derksen!« schrie Toppe. »Rufen Sie Frau Derksen an!«
    Die Hunde waren wie von Sinnen.
    Zwei Lichtfinger zeigten in den Himmel, dann rollte van Appeldorns Wagen über die Kuppe.
    Im Flur wurde es dunkel.
    Toppe rappelte sich auf, aber Norbert van Appeldorn war schon neben ihm.
    Zwanzig Sekunden später
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