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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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in Sachen Brandstiftung ist eine entscheidende Wende eingetreten, und wir können es uns nicht leisten, Zeit zu verlieren.« Er wunderte sich selbst, wie schnell ihm inzwischen die Ausreden einfielen.
    Erstaunlicherweise gab sich Stasi sofort damit zufrieden. Zweifellos hatte er irgendwas in der Hinterhand. Aber dann wollte er doch nur die Berichte über die Brandstiftung mitnehmen.
    »Beachtlich, beachtlich«, nahm er Heinrichs den Stapel ab, und dann platzte es aus ihm heraus: »Offiziell ist es noch nicht, aber ich finde, da wir in den letzten Wochen so eng zusammengearbeitet haben, quasi ein Team waren, sollen Sie es als erste erfahren. Also …« Er machte tatsächlich einen kindischen Diener. Was hatte den armen Kerl nur so aus seiner Kontrollbahn geworfen?
    »Man hat mich ans Innenministerium berufen.«
    »Ach«, kam es von van Appeldorn, und auch die anderen verstanden kein Wort.
    »Ja, der Anruf kam vor einer halben Stunde. Selbstverständlich schwingt bei mir ein bißchen Wehmut mit.«
    Stasi lachte fahrig. »Sie verstehen? Mein kleines Präsidium am Rande der Stadt, nicht wahr? Aber Sie wissen ja, daß ich seit Jahren – recht erfolgreich übrigens – in internationalen Kommissionen gearbeitet habe und, na ja, wie soll ich es sagen? Die Stelle, die man mir jetzt angeboten hat, ist quasi auf mich zugeschnitten.«
    »Wann?« fragte Astrid, offene Trauer in der Stimme und im Blick. Toppe fand, daß sie doch ein wenig überzog, aber Siegelkötter war gleich mit seinem Trost zur Stelle.
    »Zum 1.1. erst, keine Sorge. Und vielleicht kann ich ja auch meinen Einfluß geltend machen, wenn es um die Wahl meines Nachfolgers geht.«
    Er bat dann noch um ihre Verschwiegenheit in den nächsten paar Wochen und schwebte hinaus. Sie sahen sich nur an.
    »Lowenstijn«, sagte Toppe.
    »Lowenstijn«, bestätigte van Appeldorn und hatte schon gewählt.
    Lowenstijn lachte aus vollem Hals. »Siehst du, ich habe doch gesagt, ich finde auch, das Männeken ist ein Fall für das Innenministerium. Ihr Deutschen immer mit euren Beschwerden.«
    »Komm schon«, lockte van Appeldorn. »Wie hast du das gedreht?«
    »Wir haben einen netten Brief an euren Innenminister geschrieben, wie phantastisch die internationale Zusammenarbeit mit Herrn Siegelkötter gewesen ist und was für ein fähiger Mann das sei, der in seinem jetzigen Aufgabenbereich unterfordert. bla, bla. Mein Chef meinte schon, ich soll nicht so dick auftragen, sonst würde Siegelkötter noch heilig gesprochen.«
    »Mann!« war alles, was van Appeldorn rausbrachte.
    »Tja«, lachte Lowenstijn. »Ich dachte, ich tu euch mal einen kleinen Gefallen. Hat ja wohl geklappt, ihr seid ihn los. Und wer weiß, vielleicht kann der Mann auf seinem neuen Posten ja was lernen.«
    Jetzt lachte van Appeldorn, und zwar ziemlich hämisch.
    »Ich komme mal vorbei, wenn ich in der Ecke bin«, sagte Lowenstijn. »Und grüße deine schöne Kollegin von mir.«
    »Die ist in festen Händen.«
    »Mag sein.« Man konnte hören, wie Lowenstijn lächelte. »Aber so was ändert sich manchmal schneller, als man denkt.«

39
    »Die Timmers?«
    Toppe wunderte sich, daß Frau Derksen so alarmiert klang.
    »Wie lange machen Sie schon diesen Job?« fragte er.
    »Ich? Vierzehn Jahre. Wieso?« Dann lächelte sie. »Haben Sie meine Sorge rausgehört? Stimmt, bei der Arbeit, die ich mache, ist die Gefahr, daß man abstumpft, schon sehr groß. Aber ich habe mir geschworen, wenn mir das passiert, lasse ich mich sofort versetzen. Bei Ihrem Beruf dürfte das doch ganz ähnlich sein.«
    »Ja«, Toppe hatte die Frau gleich gemocht, »aber die meisten lassen sich leider nicht versetzen.«
    Sie legte die Hand auf einen roten Aktendeckel auf ihrem Schreibtisch. »Wie Sie sehen, stecke ich gerade mitten in dem Fall Timmer. Einen Moment.« Sie setzte eine Halbbrille auf.
    »Das erste Mal hatte ich im Oktober 1991 mit der Familie zu tun.«
    »Warum?«
    Ein langer Blick über den Brillenrand.
    »Frau Jansen. Aber lassen Sie mich anders anfangen. Die Timmers haben sechs Kinder, das heißt, damals waren es noch fünf. Die beiden ältesten wohnen jetzt nicht mehr zu Hause. Sonja ist sechzehn und macht im Augenblick eine Hauswirtschaftslehre in Angelmodde, und Jens hat vor drei Monaten, an seinem achtzehnten Geburtstag, seine Sachen gepackt und ist nach Berlin gezogen. Der Junge war 1991 der Anlaß für uns, uns um die Familie zu kümmern.«
    Jens, damals nicht mal fünfzehn, war eines Abends betrunken nach Hause gekommen. Sein
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