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Feind aus der Vergangenheit

Feind aus der Vergangenheit

Titel: Feind aus der Vergangenheit
Autoren: Stefan Wolf
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auf die beiden zu achten. Doch man merkte ihm an, daß er
Angst hatte.
    Susanne und Karin betraten die
Halle.
    „Diese Typen gibt’s bei euch
also auch“, sagte Tims Mutter. „Als Frau fürchte ich mich. Denen möchte ich
nicht allein im Parkhaus begegnen.“
    „Parkhäuser meide ich“,
erwiderte Karin. „Jedenfalls nachts.“
    Sie gingen an einem Bettler
vorbei, der neben einem Kiosk stand, eine Sonnenbrille trug mit fast schwarzen
Gläsern und sich auf einen weißen Blindenstock stützte.
    Blind ist der nicht, dachte
Susanne. Täuscht Behinderung vor, um Mitleid zu erregen.
    „Dort ist der Fotoautomat“,
sagte Karin.
    Susanne wartete davor, während
sich ihre Freundin viermal blitzen ließ.
    Jetzt würde es noch einige
Minuten dauern, bis die fertigen Paßfotos aus dem Schlitz rutschten.
    Susanne hatte schon gesehen:
Vor dem Schalter für Platzreservierungen wartete eine endlose Menschenschlange.
Und der Bahnbeamte, ein behäbiger Typ, ließ sich Zeit.
    „Das kann ewig dauern“, meinte
Tims Mutter. „Vielleicht sollte ich’s ein anderes Mal probieren. Uns bleiben ja
noch einige Tage.“
    Karin sah auf die Uhr. „Meine
Schneiderin — o weh! Sie will schnell abstecken und muß dann weg. Es ist schräg
gegenüber. Ich springe mal hin. Wartest du auf meine Fotos?“
    „Natürlich.“
    Karin gab ihr die
Autoschlüssel. „Du bist eher fertig. Setzt dich in den Wagen, ja?“
    Sie lief hinaus, würde gleich
den Bahnhofsvorplatz überqueren und ihre Schneiderin aufsuchen.
    Susanne wartete.
    Dann hörte sie — nach sehr
kurzer Zeit — einen metallischen Laut am Ausgabeschlitz des Fotoautomaten; und
ein Streifen von vier Farbfotos im Paßbildformat kam zum Vorschein.
    Nanu! Susanne furchte die
Stirn. Das war doch nicht Karins Konterfei.
     
    *
     
    Korf stand hinter einem
Taschenbuchständer und beobachtete.
    Die kleine Blondine hatte die
Halle verlassen; aber die schlanke Brünette stand vor dem Automaten und wollte
offensichtlich die Fotos ihrer Freundin in Empfang nehmen.
    Korf hatte Tims Mutter
wiedererkannt. Sofort. Ja, sie war die Zeugin. Die einzige, die ihn
identifizieren konnte. Sie war sein Verhängnis, sein Schicksal, der Auslöser zu
seiner Katastrophe.
    Dieses Weib! In diesem Moment
haßte er sie.
    Hau ab! dachte er. Los! Hast
viel Zeit. Geh bummeln!
    Aber die Frau blieb, wo sie
war, hatte den Blick belanglos auf ein Plakat gerichtet, wollte offensichtlich
keinem der vielen Männer hier Gelegenheit geben, Augenkontakt mit ihr
aufzunehmen.
    Jetzt! Die Fotos!
    Korf sah: Die Frau nahm den
Viererstreifen und betrachtete die Bilder, lange. Dann drehte sie sich um,
angespannt das Gesicht. Blicke strichen umher, suchten.
    Korf machte sich schmal.
    Die Frau wartete, blieb noch
immer, wollte natürlich auch die Fotos ihrer Freundin mitnehmen.
    Und dann — ja, dann würden die
beiden zur Polizei gehen. Dann brauchten die Bullen keine Phantomzeichnung
mehr. Dann hatten sie Originalfotos vom Täter.
    Das mußte verhindert werden! Um
jeden Preis! Und Korf hatte die für ihn richtige Idee.
    Hinter Säulen und aufgestellten
Plakatständern lief er zum Portal, unbemerkt von Susanne.
    War Mehlspeise endlich... Ja,
er war da. Eben hatte er eingeparkt. Eben stieg er aus seinem Fahrzeug.
    Korf rannte zu ihm.
    „Henry!“ Er keuchte. „Die
Frau... die Zeugin... sie hat meine Fotos. Sie...“
    Er berichtete. Henry
Spähtvolger hörte zu offenen Mundes, verdrehte dann die Augen.
    „Mann, das kann auch nur dir
passieren. Wenn sie die Fotos bei den Bullen abliefert, gehst du am besten
gleich mit.“
    „Das meine ich ja. Es darf
nicht sein. Weißt du, was wir machen...“ Er zerrte an seiner Geiernase. „Ich
glaube, die Frau hat die Autoschlüssel, hat sie von ihrer Freundin gekriegt.
Sobald sie deren Fotos hat, wird sie zum Wagen gehen, und dann…“
    Er unterbreitete seinen Plan.
    Mehlspeise verzog sein
Teiggesicht. „Mußt du mich da mit reinziehen?“
    „Sind wir Freunde? Oder nicht?“
    Spähtvolger spuckte zusammen
mit einem Fluch etliche Kuchenkrümel aus, nickte aber.
    Unter der Jacke klappte er sein
Messer auf, verbarg es dann in der Hosentasche und stiefelte hinein in den
Bahnhof.
    Am Portal wurde er angemotzt
von dem Tätowierten.
    „Heh, Fettsack! Rück die Knete
raus! Sonst drehe ich dir ein Bein ab.“
    Mehlspeise reagierte nicht. Die
bunthaarige Braut des Tätowierten lachte.
    Als der Ganove in die Halle
kam, führte der Weg am blinden Bettler vorbei.
    „Sie haben einen Fleck auf der
Krawatte,
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