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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Der Mahdi
    Kordofan, dieses ganz eigenartige Land, ist von jeher das Durchzugsgebiet vieler wandernder Stämme gewesen, und darum war die Bevölkerung desselben schon vor der Eroberung durch Mehemed Ali eine außerordentlich gemischte. Dann brachten die Fellahta und die Baschibozuks des Vizekönigs das Blut aller kleinasiatischen Rassen unter das Volk. Griechen, Levantiner, Armenier, Arnauten haben sich mit den schwarzen Stämmen des Südens vermischt, und zwischen den Abkömmlingen derselben wohnen wieder die reinblütigen Enkel ganzer Nomadenstämme, welche aus dem Hedschas herüberwanderten.
    Kordofan gehört zu den Sudanländern. Da das Wort Sudan, allerdings schon im Mittelalter gebräuchlich, ein jetzt so viel gehörtes ist, so dürfte eine kurze Bemerkung über dasselbe am Platze sein. Beled es Sudan, das ist der vollständige Name. ‚Beled‘ heißt Land, und ‚es‘, ist der Artikel. Sudan ist der gebrochene Artikel von ‚aswad‘ = schwarz (Plural ‚sud‘). Beled es Sudan heißt also das Land der Schwarzen. Der Ton wird nicht, wie man oft hört, auf die erste, sondern auf die zweite Silbe gelegt; man sagt also nicht Suhdan, sondern Sudahn.
    Kordofan, ausgesprochen Kordofahn, bildet in seinem nördlichen und westlichen Teil eine ungeheure Savanne, welche in der trockenen Jahreszeit einer dürren Wüste gleicht, sich aber während der Regenzeit mit einer üppigen Vegetation bedeckt. Die weiten, grasigen Strecken werden von Mimosenwäldern unterbrochen. In dieser Savanne gibt es ungefähr neunhundert Brunnen mit Dörfern in der Nähe. Dort weiden während der Regenzeit die vielen wandernden Stämme ihre Herden, um bei Beginn der trockenen Jahreszeit wieder fortzuziehen. Man trifft da Giraffen, Strauße, überhaupt Vögel der verschiedensten Arten, und ungeheure Antilopenherden.
    Der südliche Teil des Landes hat mehr tonigen Boden, welcher das Wasser hält, daraus folgt eine wahrhaft bewundernswerte Fülle und Großartigkeit des Pflanzenwuchses. Kolossale Strecken sind mit Palmen, Cassien, Adansonien und Tamarinden bedeckt. Die Tiere vieler Ordnungen und Arten, welche diese Wälder bewohnen, werden von den Leoparden und dem Panther gejagt, und nur zu häufig hört man auch die Stimme des Löwen, des ‚alles Beherrschenden‘, erschallen.
    Das Wadi Melek wird schon mit zu Kordofan gerechnet, und da wir uns zwischen diesem und Es Safih befanden, so hatten wir Nubien hinter uns gelegt. Wie man sich erinnern wird, hatte ich die von dem Sklavenjäger Ibn Asl geraubten Beduininnen diesem abgenommen und in ihre Heimat nach dem Bir es Serir zurückgebracht; zwanzig Soldaten begleiteten mich. Wir waren von den Angehörigen der Frauen und Mädchen mit Jubel aufgenommen und, wenigstens nach ihren Verhältnissen, reich bewirtet und beschenkt worden. Nach unserem Aufbruch hatten sie uns das Geleit bis zum Ende der zweiten Tagereise gegeben, und nun wollten wir auf dem kürzesten Weg nach Karthum, wo ich meine Asaker ihrem Kommandanten, dem Raïs Effendina Achmed Abd es Insaf, zu übergeben hatte.
    Es war noch nicht allzu spät nach der Regenzeit, darum stand die Savanne noch in saftigem Grün. Hätte ich nicht auf einem Hedschihn (Reitkamel), sondern auf einem Pferd gesessen, so wäre es leicht gewesen, zu denken, daß der Ritt durch eine amerikanische Prärie gehe. Wenn in der trockenen Jahreszeit das Gras verdorrt ist, so hat man den Weg möglichst so zu legen, daß man Brunnen berührt; jetzt aber war das nicht nötig. Das Wandern von einem Brunnen zum andern kostet viel Zeit; gegenwärtig brauchten wir indessen bei der saftigen Grasweide für unsere Tiere kein Wasser, und für uns waren die Schläuche gefüllt; darum konnten wir eine schnurgerade Richtung einhalten, bis das Wasser zur Neige ging und wir dadurch gezwungen waren, wieder einen Brunnen aufzusuchen. Auf diese Weise gelangten wir einen vollen Tag eher, als wenn wir uns auf die erwähnten Umwege eingelassen hätten, an den Bir atschahn. Dieser Name bedeutet der ‚durstige Brunnen‘, da der letztere während der heißen Jahreszeit kein Wasser enthält. Jetzt aber hatte er mehr als nötig war, um unsere Schläuche von neuem zu füllen. Er lag inmitten der ebenen Savanne, ohne von einem Felsen, einem Baum oder Strauch bezeichnet zu werden. Ich hätte ihn gewiß nicht gefunden, wenn uns nicht von unseren Gastfreunden ein kundiger Führer mitgegeben worden wäre, welcher uns nach Karthum bringen sollte und die Gegend ebenso genau wie die
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