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Feind aus der Vergangenheit

Feind aus der Vergangenheit

Titel: Feind aus der Vergangenheit
Autoren: Stefan Wolf
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aus. Und im Notfall
hilft Nero.“
    „Hoffentlich.“
     
    *
     
    Tim verbrachte den Vormittag in
einem Fitneßstudio, wo auch Kampfsport trainiert wird, und kehrte erst gegen 11
Uhr in die Meihäusler-Wohnung zurück, weil actionmäßig nichts angesagt war:
Karin befand sich beim Friseur, und seine Mutter war zur Bank gegangen.
    Jetzt brodelte es in der
Wohnung vor Aufregung. Susanne berichtete mit immer noch hektisch geröteten
Wangen, und Karin, die ganz fummelig war, wollte alles genau wissen.
    „Tim!“ rief sie. „Stell dir vor:
Susanne ist in einen Bankraub geraten.“
    Den TKKG-Häuptling traf das
hart auf die Nieren. Sein erster Gedanke galt der Gefahr für seine Mutter. Aber
sie war unverletzt, und nicht mal der Schreck hatte ihr geschadet.
    Sie umarmte Tim.
    „Du, ich komme gerade von der
Gendarmerie, wie hier die Polizei heißt. Ich bin sozusagen die einzige Zeugin,
die einzige, die wirklich was gesehen hat: nämlich das Gesicht dieses Kerls.“
    Sie erzählte, mittlerweile zum
viertenmal. Drei Berichte hatte Karin verlangt. Tim hörte sich alles genau an.
    „Ein Phantombild“, sagte Karin,
als wäre sie dabei gewesen, „wurde angefertigt. Nach Susannes Angaben.“
    Tims Mutter nickte. „Über eine
Stunde haben wir dazu gebraucht. Und das Ergebnis ist nicht gerade berauschend.
Entweder haben die zu wenig Schablonen, oder der Polizeizeichner hält sich für
Picasso. Nicht, daß das Phantombild dem Täter unähnlich wäre, aber es ist zu
sehr ein Allerweltsgesicht geworden. Mit geierigen Zügen, ja. Aber ob man ihn
danach erkennt? Ich bezweifle es.“
    „Neroisten?“ Tim überlegte.
„Davon habe ich auch bei uns schon gehört.“
    „Auch bei euch?“ fragte Karin
verblüfft. „Ich dachte, es wäre allein unsere Krankheit. Die Neroisten sind
eine terroristische Organisation — benannt nach ihrem Chef, der sich den
Decknamen Nero gegeben hat. Also offenbar in dem verrückten römischen Kaiser
sein Vorbild sieht. Es gibt kein Foto von diesem Bandenchef, keine
Beschreibung, niemand kennt ihn. So stand’s in der Zeitung.“
    „Terrorismus“, sagte Tim. „Das
ist meistens nur eine Ansammlung krankhafter Gewalttäter, die keine wirklichen
Ziele haben.“
    „Nero will in ganz Europa die
Staatsmacht wegfegen. Mit Anschlägen soll die öffentliche Ordnung zerstört
werden. Zuerst hier in Österreich, dann in den anderen Ländern der EG. In einem
Brief an die Presse hat Nero mitgeteilt, terroristische Zellen gäbe es auch
schon in Deutschland.“
    „Bei uns gibt es alles“, nickte
Tim. „Sogar pflückfrische Erdbeeren im Januar. Mit den Banküberfällen — nehme
ich an — finanzieren sich die Typen?“
    „Pro Woche ein Überfall.
Meistens gelingen sie. Oft ist die Beute gering. Aber die Leute packt das
Grausen, wenn ein Räuber in der Bank schreit, dies wäre ein Überfall der
Neroisten.“
    „Ein Glück“, sagte Susanne,
„daß wir nichts zu tun haben mit denen. Aber man sieht, wie schnell man in
etwas hineingezogen werden kann — und sei’s nur als Zeuge.“
    Während sie redeten, hatte
Karin in den Fächern ihres Schreibtisches gekramt, erst nebenher, dann mit
Nachdruck. „Suchst du was Bestimmtes?“ fragte Susanne.
    „Ich dachte, ich hätte noch
Paßfotos. Ich brauche eins für den Mitgliedsausweis im Anti-Atom-Club. Wir
werden immer stärker angefeindet. Zu unseren Treffen kommen Typen, die nur
stören und randalieren. Deshalb führen wir jetzt Ausweise ein — mit Lichtbild.“
    „Das ist schnell gemacht“,
sagte Tim.
    Der Friseur hatte ihr einen
Mittelscheitel in die platinblonde Mähne gefönt. Das paßte gut zu dem schmalen
Gesicht mit den nußbraunen Augen. Mit etwas weniger Stups- und mehr klassischer
Nase wäre Karin eine Schönheit gewesen, allerdings eine kleine, denn sie maß
nur 158 cm und hatte viel Platz in Kleidergröße 36.
    Vielleicht fährt sie deshalb,
dachte Tim, ein so winziges Auto.
    Sie fuhr ein italienisches
Fabrikat, das kleinste auf dem Markt. Zu dritt fühlte man sich darin wie in
einer Dose für Ölsardinen, Tim mußte jedesmal die Knie an die Ohren ziehen.
    „Am Bahnhof“, sagte Karin und
suchte nach ihrem Portemonnaie, „ist ein Fotoautomat. Da mache ich’s. Du
wolltest doch auch hin, Susanne?“
    Das bezog sich auf die
Platzkarten für die Rückfahrt mit dem Intercity — Platzkarten, die Tims Mutter
bestellen wollte. Sie nickte.
    „Am besten, ich komme gleich
mit.“

2. Paßfotos
     
    Korf wohnte in einer Gegend, wo
man nicht aufeinander
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