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Fame Junkies

Fame Junkies

Titel: Fame Junkies
Autoren: Morton Rhue
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Willows Karriere zu zerstören, warum löschst du sie dann nicht einfach?«
    Tja, das ist die große Frage. Aber mein Vater gehört zu den wenigen Menschen, denen gegenüber ich ganz ehrlich sein kann. »Weil … na ja, wenn ich sie veröffentlichen würde, würde das ganz schön Aufsehen erregen und mich unglaublich bekannt mache n …« Ich beende den Satz nicht.
    »Aber du bist schon bekannt«, sagt Dad. »Sonst hättest du den Job gar nicht bekommen. Und wenn du die Fotos löschst, bleiben dir immer noch die Bilder, die du während der Woche von Willow gemacht hast. Das ist eine Exklusivstory und sie gehört dir.«
    Das würde sich zwar gut in meinem Portfolio machen, wäre aber keine Sensation. »Erinnerst du dich noch an den Abend, an dem du unbedingt mit uns ins Gaia wolltest?«, frage ich, weil ich versuchen will, ihm zu erklären, was mich zögern lässt. »Die hätten uns da niemals reingelassen, wenn kurz vorher nicht der Artikel über mich erschienen wäre.«
    Er runzelt die Stirn. »Na und?«
    » Na und ?«, antworte ich erstaunt. »Willst du denn nicht noch mal ins Gaia ?«
    Dad sieht mich mit großen Augen an. »Wozu? Ich wollte bloß mal ausprobieren, ob so ein Artikel reicht, um Zugang zum heiligsten Tempel der Stadt zu bekommen. Das war ein Gag. Ein lustiges Experiment. Nichts, was ich wiederholen möchte.«
    Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn verstehe. »Heißt das, dass es dir egal ist, ob du jemals wieder reingelassen wirst oder nicht?«
    Er lacht. »Hast du wirklich geglaubt, das wäre mir wichtig? Ganz ehrlich, Schatz, es ist mir vollkommen egal, ob ich in so einen dämlichen Club reingelassen werde oder nicht. Das ist sowieso nicht meine Welt.«
    »Sei mir nicht böse, Dad«, sage ich kopfschüttelnd. »Aber das glaub ich dir nicht. Du bist doch der totale Promi-Junkie und verschlingst alles, was mit dieser Welt zu tun hat.«
    »Und was schließt du daraus?«
    Ich höre, was er sagt und verstehe, was ungesagt bleibt: Prominente zu erkennen, heißt nicht, dass man selbst einer sein möchte. Und man sollte sich nicht darüber definieren, ob der Türsteher eines Clubs weiß, wer man ist. Wichtig ist vor allem, dass man selbst weiß, wer man ist.

AVY
April, 10. Klasse – an der Grenze
    Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, aus diesem fahrbaren Eisschrank rauszukommen und endlich wieder in den heißen Sonnenschein zu treten. Gemeinsam mit den Tagesausflüglern, den Studenten und Hausmädchen schiebe ich mich durch das Drehkreuz und gehe an der langen Mauer mit dem Wandgemälde den Fußweg entlang, der nach Tijuana führt. Was für eine trügerische Idylle! Die ordentlich gepflasterten, von Palmen gesäumten Straßen, die Bogengänge mit den einladenden Geschäften, in denen den Touris irgendwelcher Schrott verkauft wird, die vielen Restaurants. Alles wirkt so sauber und malerisch. So sicher.
    Aber wenn man sich nur ein paar Schritte von der Hauptstraße entfernt und in eine der Seitenstraßen abbiegt, befindet man sich auf einmal in einer völlig anderen Welt. Schiefe, selbst gezimmerte Wellblechhütten, staubige Straßen, über die stinkende Rinnsale laufen, barfüßige Kinder in zerrissenen Shorts und verdreckten T-Shirts, Gruppen unheimlich aussehender hombres, die im Schatten der Hauseingänge lungern. Im Hinterzimmer einer kleinen Tacobude kann ich endlich meinen Gürtel aus Klebeband und schweißfeuchten Dollarscheinen abnehmen. Ein kleiner Mann mit fettigen Haaren und einer breiten Narbe unter der Unterlippe nimmt das Geld entgegen. Endlich habe ich den ersten Teil meines Jobs erledigt und kann zu Dr. Varga in die Klinik. Wenn ich in drei Wochen entlassen werde, komme ich wieder zu dieser Bude zurück und hole die Ware ab, um sie nach San Diego zu bringen.
    Dass ich die OP in Tijuana machen lasse, heißt übrigens nicht, dass Dr. Varga irgendein durchgeknallter Cracksüchtiger ist, der seine Patienten auf dem Küchentisch operiert. In seinem Büro hängt das Abgangsdiplom des Albert Einstein College of Medicine in New York, einer der besten medizinischen Fakultäten in ganz Amerika. Seine Klinik blitzt nur so vor Sauberkeit und alles ist brandneu, voll computerisiert und hundertprozentig vertrauenerweckend. Plastische Chirurgie ist auf dieser Seite der Grenze nur deshalb so viel billiger als bei uns, weil die Ärzte hier nicht so hohe Summen zahlen müssen, um sich gegen Kunstfehler zu versichern. Schiefgehen kann natürlich immer was – hier genauso wie dort.

JAMIE
Der
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