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Fall bloß nicht auf!

Fall bloß nicht auf!

Titel: Fall bloß nicht auf!
Autoren: Tim Bowler
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friere immer noch. Der Mantel hält nicht viel ab. Hier ist ein Haus und eine freundliche alte Frau, die mir Obdach bietet. Und trotzdem will ich da nicht rein.
    Â»Los«, drängt sie. »Du musst dich aufwärmen.«
    Ich rühre mich immer noch nicht.
    Sie beobachtet mich. Sie ist entweder verwirrt oder verärgert, keine Ahnung.
    Â»Also ich gehe jetzt rein«, sagt sie, »und lasse die Tür offen. Du kannst nachkommen, wenn du willst. Wenn du es dir aber anders überlegst, dann lass bitte den Mantel auf der Schwelle. Das ist nämlich das einzig wirklich warme Kleidungsstück, das ich für kaltes Wetter habe.«
    Und sie geht hinein.
    Buffy ist schon vorgeprescht. Keine Ahnung, wohin sie verschwunden ist, aber ich kann sie in einem der Zimmer herumtollen hören.
    Weißhaar steht im Flur und hat sich nicht einmal nach mir umgedreht.
    Drinnen sieht es eng aus, wenig Möbel und die auch noch ziemlich ramponiert. Der Teppich ist zerschlissen, überall Löcher, durch die man die Dielenbretter sieht.
    Ich stehe immer noch vor der Tür und komme mir blöd vor. Weißhaar soll sich umdrehen, warum, weiß ich nicht. Doch sie geht weiter bis zum Ende des Flurs.
    Schließlich gehe ich doch rein und mache die Tür hinter mir zu. Ich fühle mich aber nicht besser. Mir ist wärmer, aber erleichtert bin ich nicht. Im Haus riecht es muffig, so als würde sie nie sauber machen oder gar nicht hier wohnen. Was es genau ist, weiß ich nicht.
    Und mir kommen Erinnerungen. Ich bin schon einmal in so einem Haus gewesen.
    Quäl mich nicht mit Fragen, ich sage es dir sowieso nicht.
    Buffy kommt zurück mit einem alten Schuh im Maul. Das soll wohl ein Willkommensgeschenk sein.
    Â»Nein danke.«
    Sie lässt den Schuh zu meinen Füßen fallen.
    Â»Nein danke.«
    Ich habe immer noch so ein komisches Gefühl. Am liebsten würde ich mich sofort umdrehen und wegrennen. Ich mag diese Erinnerungen nicht.
    Weißhaar verschwindet in einem Seitenzimmer. Ich höre Geräusche, Schubladen werden aufgemacht. Buffy stubst mit dem Kopf gegen mein nacktes Bein. Ich schiebe sie weg. Sie macht es wieder, offenbar will sie mit mir spielen.
    Noch mehr Erinnerungen. Ich mag dieses Haus nicht. Ich habe ein flaues Gefühl, ich zittere. Ohne Klamotten kann ich nicht raus und hierbleiben will ich auch nicht. Das ganze Haus ist mir unheimlich. Jetzt kommt Weißhaar wieder, ein Kleiderbündel über dem Arm.
    Â»Hier«, sagt sie. »Ich weiß nicht, ob dir das passt. Buffy, geh aus dem Weg.«
    Sie macht die Tür zu meiner Rechten auf und ich gehe hinein. Ein kleines Schlafzimmer, spärlich eingerichtet, muffiger Geruch wie im ganzen übrigen Haus.
    Â»Du kannst dich hier umziehen«, sagt sie. »Probier die Sachen an. Sie haben mal meinem Enkel gehört.«
    Ich werde ihr nicht sagen, dass sie lügt. Wozu auch? Aber sie lügt, das weiß ich instinktiv. Ich merke sofort, wenn mich einer verarschen will.
    Frag mich nicht, woher ich das weiß.
    Aber ich mache deswegen keinen Wirbel. Ich brauche Klamotten und das hier sind welche. Scheißklamotten und wahrscheinlich nicht meine Größe, aber besser als gar keine.
    Sie drückt mir das Kleiderbündel in die Arme und macht einfach die Tür hinter sich zu.
    Wie sich herausstellt, sind die Klamotten gar nicht so schlecht. Ein bisschen weit und wirklich nicht mein Stil, aber gut genug, um damit nach draußen zu gehen. Es klopft an der Tür, dann Weißhaars Stimme.
    Â»Darf man gucken?«
    Ich mache die Tür auf.
    Â»Wie passen sie?«, fragt Weißhaar.
    Sie schaut mich prüfend an, Buffy neben ihr schlägt mit dem Schwanz auf den Dielenboden.
    Â»Der Pullover steht dir gut«, meint sie. »Vielleicht ein bisschen lang, aber das ist besser als zu kurz. Ich geb dir noch einen Gürtel, dann kommst du auch mit den Hosen besser zurecht. Später suchen wir dir noch ein paar Schuhe aus. Aber jetzt müssen wir deine Eltern verständigen.«
    Und wieder dieses Schweigen zwischen uns.
    Buffy merkt es sofort und hört auf, mit dem Schwanz zu schlagen. Weißhaar beobachtet mich genau. Jetzt sehe ich zum ersten Mal, dass sie grüne Augen hat. Ihre Augen sind freundlich, aber ich traue ihr nicht mehr.
    Â»Warum vertraust du mir nicht?«, fragt sie.
    Sie spricht meine Gedanken aus. Ich gebe ihr keine Antwort. Sie lächelt mich an. Aber ich traue auch ihrem Lächeln nicht
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