Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fall bloß nicht auf!

Fall bloß nicht auf!

Titel: Fall bloß nicht auf!
Autoren: Tim Bowler
Vom Netzwerk:
konnte ja nicht wissen, wie gut wir dich hier kennen.«
    Er beugt sich jetzt noch näher zu mir. Ich kann das überhaupt nicht ab. Nicht die Polizeiwache, sondern das Gesicht, das sich zu mir herabbeugt. Er muss mir von der Pelle rücken, jetzt, er muss.
    Aber er tut es nicht. Er grinst nur und beugt sich sogar noch weiter vor.
    Â»Glaubst du wirklich, wir hätten nicht gemerkt, dass du etwas in deinem Strumpf versteckt hast?«
    Ich greife blitzschnell nach dem Messer – vergeblich. Der Mann hat mich fest bei den Armen gepackt. Die Frau sehe ich gar nicht. In der nächsten Minute ist sie an der Tür, dann hinter mir, drückt mich in den Stuhl. Ich spucke die beiden an, beschimpfe sie, versuche mich loszureißen. Ohne Erfolg.
    Â»Schweine!« Ich werfe mich hin und her und schreie wie am Spieß. »Verdammte Bullenschweine!«
    Â»Ja, ja«, bestätigt Mopsgesicht. »Bullenschweine.«
    Â»Na, der hat ja Ausdrücke«, sagt die Frau.
    Â»Schweine!«, schreie ich.
    Â»Schau mal im Strumpf nach«, sagt der Polizist leise.
    Die Frau zieht das Messer hervor und macht sich dann am anderen Strumpf zu schaffen.
    Â»Da ist nichts drin«, fauche ich.
    Sie filzt mich trotzdem, dann richtet sie sich auf, das Messer in der Hand. Der Mann lässt mich los und nimmt ihr das Messer ab. Ich ducke mich und stürze zur Tür.
    Ich bin nicht schnell – das bilde ich mir gar nicht ein –, aber manchmal ist es von Vorteil, klein zu sein. Ich hab sie überrascht und bin vor ihnen an der Tür. Mopsgesicht greift nach mir und die Frau ebenfalls, aber irgendwie sind sie sich im Weg.
    Und schon bin ich draußen auf dem Flur.
    Rufe aus dem Büro. Ein Beamter kommt vom Eingangsschalter auf mich zugerannt. Da kommt der Feuerlöscher gerade richtig. Ein Spritzer auf den Kerl und er rutscht aus. Ich springe über ihn weg und bin draußen.
    Ein Kinderspiel.
    Damals war ich sieben.
    Jetzt bin ich über vierzehn. Ich schaue zurück und das Komische ist, nichts hat sich geändert. Nach wie vor hasse ich die Bullen und mag es nicht, wenn man mir zu nahe kommt.
    Und das gilt auch für dich, Bigeyes.
    Ich weiß gar nicht so genau, warum ich überhaupt mit dir rede. Eigentlich kenne ich dich gar nicht. Vielleicht ist es wegen etwas, was mir Becky einmal gesagt hat. Du musst deinem Leben einen Sinn geben. Denk nach über das, was du tust. Erst denken, dann handeln. Und wenn du reden willst, bin ich immer für dich da.
    Nur ist Becky tot.
    Vielleicht lade ich deshalb alles auf dich ab.
    Glaub aber nicht, ich müsste dir die Wahrheit sagen. Bilde dir nichts ein. Was ich dir sage, kann die Wahrheit sein oder auch nicht. Nur damit du Bescheid weißt.
    Ich hab hier das Sagen. Worüber ich rede oder nicht rede, bestimme ich. Du hast die Wahl, du kannst bleiben oder gehen. Und wenn du gehst, ist mir das auch recht. Ich brauche dich nicht, merk dir das.
    Ich brauche niemanden.
    Ach ja, die Sache mit dem Lügen – angeblich soll es was Schlechtes sein. Sag die Wahrheit, sag die Wahrheit, sag die Wahrheit. Aber was hat man denn davon? Ich hab immer gelogen, soweit ich mich überhaupt erinnern kann. Warum? Weil alle, die mir im Leben begegnet sind, mich angelogen haben.
    Was werde ich dir erzählen? Nicht viel, also keine Aufregung. Sicherlich willst du meinen Namen erfahren. Das ist nicht so einfach, ich habe nämlich jede Menge Namen.
    Der Name, den ich als Baby bekommen habe, ist bescheuert, den benutze ich nie. Dann sind da die erfundenen Namen, davon habe ich ein ganzes Dutzend. Verschiedene Namen für verschiedene Leute, je nachdem, wo ich bin und mit wem ich es zu tun habe.
    Aber einen Namen mag ich wirklich.
    Den hat mir Becky gegeben. Ein Name aus der Vergangenheit. Alle nannten mich früher so. Heute nennt man mich nicht mehr so, denn in dieser Stadt kennt keiner diesen Namen. Und das ist gut. Ich erinnere mich nicht gern. Aber den Namen mag ich immer noch. Du kannst ihn benutzen, wenn du willst.
    BLADE .
    So hat man mich damals genannt. Das hat was, knapp und zackig. Aber denk daran, das bleibt unter uns. Sei kein Klatschmaul. Wenn ich herauskriege, dass du über mich tratschst, erfährst du am eigenen Leib, warum mich Becky Blade genannt hat.
    Wie mich die anderen nennen, ist mir egal. Warum Tamtam um einen Namen machen, wenn man so leicht einen neuen erfinden kann? Mit dem Leben ist es übrigens genauso.
    Leicht, einfach,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher