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Fall bloß nicht auf!

Fall bloß nicht auf!

Titel: Fall bloß nicht auf!
Autoren: Tim Bowler
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eine Frau, aber keine Joggerin. Sie ist alt, weiße Haare, schlurfender Gang. Die sollte hier nicht allein unterwegs sein. Moment, da bewegt sich was in den Büschen. Etwas Schwarzes.
    Ein Rottweiler. Weißhaar ist also doch nicht so unvorsichtig. Sie hat mich entdeckt. Sie kommt auf mich zu.
    Geh. Schäm dich nicht. Kein Grund, dein Gerät zu bedecken. Sie hat es sowieso schon gesehen. Der Hund ist jetzt aus dem Gebüsch gekommen und rennt auf mich zu. Sie ruft ihn.
    Â»Buffy!«
    Der Hund hält an, als er ihre Stimme hört. Weißhaar kommt ebenfalls heran. Keine Spur von Nervosität wie bei den Joggerinnen von vorhin. Sie bleibt bei dem Hund stehen, bückt sich, macht eine Leine an seinem Halsband fest. Ich bin auch stehen geblieben und hüte mich, dem Rottweiler zu nahe zu kommen.
    Weißhaar schaut mich an.
    Â»Was ist denn passiert?«, fragt sie.
    Klingt irisch. Ich antworte nicht, keine Ahnung warum. Kriege kein Wort heraus.
    Â»Dein ganzes Gesicht ist blutverschmiert«, sagt sie. »Und überall Kratzer. Was ist mit dir passiert?«
    Â»Bin zusammengeschlagen worden.«
    Die Frau schüttelt den Kopf.
    Â»Armer Junge.«
    Sie will ihren Mantel ausziehen.
    Â»Nein«, protestiere ich.
    Doch dann sage ich nichts mehr. Ich hätte nichts lieber als diesen Mantel, egal wie er aussieht, nur ein bisschen Wärme und Schutz.
    Â»Zieh den an.«
    Sie tritt an mich heran, in der einen Hand den Mantel, in der anderen Hand die Hundeleine.
    Â»Keine Angst wegen Buffy«, beruhigt sie mich. »Sie sieht zwar gefährlich aus und wenn du mir was antun wolltest, würde sie dich in Stücke reißen. Aber wer ihr Freund ist, der hat nichts zu fürchten. Und dich hält sie schon für einen Freund.«
    Das scheint zu stimmen. Der Hund kuschelt sich an mich, als wären wir alte Freunde.
    Ich ziehe den Mantel an.
    Â»Jetzt werden Sie gleich frieren«, sage ich zu ihr.
    Â»Mach dir um mich keine Sorgen«, sagt sie. »Jetzt wollen wir uns erst mal um dich kümmern. Komm mit.«
    Sie macht kehrt und führt mich in die Richtung, aus der sie gekommen ist.
    Â»Wohin gehen wir?«, frage ich
    Â»Zu mir nach Hause. Gleich hinter der ersten Brücke. Nicht besonders luxuriös, aber warm, und wir können von dort die Polizei anrufen.«
    Â»Nein!«
    Ich bleibe stehen.
    Sie schaut sich nach mir um.
    Â»Wirst du von der Polizei gesucht?«
    Â»Nein, das nicht. Aber ich mag sie nicht.«
    Die Frau zuckt die Schultern.
    Â»Wir reden später über alles Weitere. Gehen wir erst einmal zu meinem Haus.«
    Wir gehen schweigend weiter.
    Und weißt du was, Bigeyes? Ich werde wieder nervös, keine Ahnung warum. Ich hab keine Angst vor der Frau. Sie ist nett, dürfte um die siebzig sein, vielleicht noch etwas älter. Ein bisschen wackelig auf den Beinen.
    Ich hab Angst, richtig Angst. So als ob sich etwas zusammenbrauen würde und ich weiß nicht was. Das klingt vielleicht verrückt, aber ich vertraue meinem Instinkt und schau mich deswegen sehr genau um.
    Leider friere ich so sehr, dass ich gar nicht richtig denken kann. Der Mantel ist gut, dick vor allem, auch habe ich ihn bis oben zugeknöpft. Trotzdem zieht die kalte Luft überall herein. Der Boden unter meinen nackten Füßen ist hart. Am ganzen Körper brennt mir die Haut. Die Nasenlöcher scheinen verstopft, wahrscheinlich eingetrocknetes Blut.
    Ich muss übel aussehen.
    Weißhaar friert ebenfalls. Sie trägt eine ausgeleierte Strickjacke über einem alten, formlosen Kleid, das ihr bis zu den Schuhen reicht. Und doch bibbert sie.
    Â»Tut mir leid«, sage ich.
    Â»Weswegen denn?«
    Â»Dass Sie meinetwegen frieren.«
    Sie lächelt mich an.
    Â»Du frierst mehr als ich und das überrascht mich nicht. Der Mantel hält nur den kalten Wind ab. Aber bald sind wir im Warmen. In zwei Minuten sind wir dort. Siehst du das Haus gleich hinter der Brücke? Da wohne ich.«
    Da ist es – ein kleiner, für sich allein stehender Bungalow auf dem anderen Kanalufer.
    Und weißt du, was das Komische daran ist? Ich muss da schon tausendmal vorbeigegangen sein und auch jetzt noch, während ich mit der weißhaarigen alten Frau auf ihn zutaumele, scheint es so, als hätte ich ihn vorher nie gesehen.
    Und ich habe immer noch Schiss.
    Sie öffnet die Tür zum Bungalow.
    Â»Rein mit dir«, sagt sie.
    Ich will da nicht rein. Frag mich nicht warum. Ich
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