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Fall bloß nicht auf!

Fall bloß nicht auf!

Titel: Fall bloß nicht auf!
Autoren: Tim Bowler
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auch die Vergangenheit holt mich ein. Alles kommt hoch wie eine Leiche, die sich plötzlich wieder bewegt.
    Und das Gleiche gilt für Becky.
    Â»Ich hab auch Angst, Bex.«
    Sie schaut mich an.
    Â»Wohin wollen wir eigentlich?«
    Â»Nur fort.«
    Â»Können wir uns nicht hier in der City verstecken?«
    Â»Nein.«
    Â»Aber du kennst dich hier doch so gut aus.«
    Â»Ich kenne die Stadt wie kein Zweiter. Aber gerade deshalb müssen wir weg. Zu viele Leute suchen uns hier.«
    Â»Wohin also?«
    Â»Keine Ahnung. Erst mal müssen wir weg und dann sehen wir weiter.«
    Sie schielt über die Schulter zu Jaz hinüber. Das kleine Mädchen ist ganz über ihrem Bild versunken, als ob es sonst nichts auf der Welt gäbe.
    Â»Bex?«
    Sie wendet sich wieder mir zu.
    Â»Hast du Geld?«, frage ich sie.
    Â»Nein. Du?«
    Â»Nein. Und sonst?«
    Â»Ein paar Sachen von mir sind noch im Haus von Tammys Oma. Ich brauche sie nicht.«
    Â»Gut.«
    Â»Dann müssen wir also warten bis heute Abend?«
    Â»Ja.«
    Und wir warten. Jaz malt ein Bild nach dem anderen, bittet um Papier. Becky findet einen Block mit liniertem Papier und einen Bleistift. Jetzt zeichnen sie gemeinsam. Ich brüte vor mich hin.
    Ãœber all die Dinge, die ich vergessen wollte. Und für einen Moment scheint es, als ob ich wieder sieben Jahre alt bin. Ich stehe wie damals mitten auf der Straße, halte schreiend und fluchend den Verkehr an und würde am liebsten alle zum Teufel wünschen. Aber diesmal ist es anders, die Leute schauen sich das nicht mehr einfach an, diesmal drücken sie aufs Gas und wollen mich überfahren.
    Mein ganzes Leben löst sich auf. Ich dachte, alles wäre fest wie eine kleine Kugel, aber in Wirklichkeit war es nur ein Wollknäuel. Jemand hat das Knäuel genommen und durch die Luft geworfen und nun wickelt es sich ab und hinterlässt für alle einen sichtbaren Faden, dem sie folgen können.
    War nicht schwer, mich zu finden.
    Die Typen und der haarige große Kerl müssen mir schon lange auf der Spur gewesen sein. Sie haben mich wahrscheinlich mit der Mädchenbande unten am Treidelpfad gesehen oder kurz darauf beim Weg zum Bungalow. Bestimmt wussten die, dass ich drin war. Auf mich hatten sie es abgesehen, als sie die Tür aufgebrochen haben.
    Und jetzt ist Trixi tot und wahrscheinlich auch Mary.
    Wie viele Leute werden noch wegen mir draufgehen?
    Ich schaue erst Becky, dann Jaz an und wieder zieht sich in mir alles zusammen.
    Der Tag schleppt sich wie ein schwerer Traum dahin.
    Und dann ist es doch Abend geworden.
    Wir essen, das Gleiche wie schon zu Mittag. Keiner sagt ein Wort, so als würden wir auf eine Hinrichtung warten. Der Fernseher nebenan dröhnt immer noch. Lief den ganzen Tag, ohne dass es mir aufgefallen wäre. Wir machen den Abwasch, räumen alles an seinen Platz, setzen uns wieder. Becky sieht blass aus.
    Â»Bex?«
    Â»Was denn?«
    Â»Willst du bei der Polizei anrufen?«
    Â»Machst du Witze?«
    Â»Ich meine ja nicht, dass du dich stellen sollst. Du könntest ihnen einen Hinweis auf den Kerl geben, der Trixi umgebracht hat. Und auf die anderen beiden Typen, die danach aufgetaucht sind. Dann hätte die Polizei einen Grund, nach anderen Personen zu fahnden. Das könnte von Vorteil für uns sein.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    Â»Ich hab schon genug Probleme mit der Polizei. Die glauben mir sowieso kein Wort. Und wenn …«
    Sie braucht gar nicht weiterzureden. Ich merke schon, dass sie eine Heidenangst vor den Bullen hat.
    Ich stehe auf.
    Â»Wir müssen los.«
    Becky steht ebenfalls auf und reicht Jaz die Hand. Das kleine Mädchen ergreift sie, blickt aber zu mir auf.
    Â»Bist du so weit, Jaz?«, frage ich.
    Sie nickt.
    Da fällt mir etwas ein.
    Â»Bex?«
    Â»Ja?«
    Â»Steck das ein, ja?«
    Ich reiche ihr das Messer.
    Â»Ich will es nicht«, sagt sie.
    Â»Ich auch nicht.«
    Â»Aber du weißt, wie man damit umgeht.«
    Das weiß ich nur zu gut, Bigeyes. Und darin liegt das Problem. Ich kenne mich zu gut mit dem Messer aus. Genauso wie ich auch die Stadt zu gut kenne. Es wird Zeit, beide hinter mich zu lassen.
    Â»Steck es ein, Bex, sei so gut.«
    Sie nimmt es schließlich und steckt es in ihre Tasche.
    Â»Danke«, sage ich.
    Ich checke noch mal die Wohnung, schalte das Licht aus und mache die Tür auf. Alles ruhig. Der Flur ist dunkel und leer. Sogar nebenan ist
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