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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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seiner Stimme.
    »Kein Blut?«
    Tobias furchte die Stirn. »Nein, kein Blut. Natürlich nicht!«
    »Hätte ich auf einen Menschen geworfen, du hättest Blut gespürt, viel Blut sogar«, sagte Sadik mit ruhigem Ernst. »Und das ist es, worauf all das Üben gerichtet ist, das Messerwerfen und das Fechten – nämlich den Gegner zu treffen! In sein Fleisch! Möglichst da, wo ihn der Stich tötet oder doch zumindest kampfunfähig macht.«
    Tobias bekam einen trockenen Mund. »Willst du damit sagen, dass all die Gefechte mit Fougot nicht das Geringste bedeuten, weil es kein wirklicher Kampf auf Leben und Tod ist?«
    Der hagere Araber fuhr fast versonnen mit dem Daumen über die Klinge seines Messers, ließ es dann in die Scheide unter seinem
    Pullover gleiten und sagte dabei: »Oh, es bedeutet schon etwas. Sehr viel sogar, Tobias. Du hast Sihdi Fougot geschlagen. Doch wenn man einmal so weit ist, bleibt man nicht dort stehen. Nein, du wirst dich nicht damit begnügen.«
    Tobias schluckte. »Ich will mich meiner Haut so gut wie möglich erwehren können, wenn ich auf Entdeckungsreisen in Gefahr gerate und es daraus keine andere Möglichkeit als den Kampf gibt.«
    Ein Lächeln huschte über das hagere Gesicht des Arabers. »Ja, ich weiß, du kannst es nicht erwarten, deiner Heimat den Rücken zu kehren und deinen Vater auf seinen Forschungsreisen zu begleiten – oder besser noch ganz eigene, unerforschte Wege zugehen.«
    »Mein Vater hat mir das Pistolenschießen beigebracht«, fuhr Tobias fort, weil er das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen, »und mein Onkel war es, der den Franzosen verpflichtet hat, als ich von meinem Vater und auch von dir im Fechten nichts mehr lernen konnte. Und bist du es nicht gewesen, der mir voller Stolz erzählt hat, dass ein Beduine den Umgang mit der Waffe genauso selbstverständlich von Kindesbeinen an lernt wie das Melken der Kamelstuten und das Erzählen von Geschichten?«
    Sadik nickte mit einem Schmunzeln auf den Lippen. »O ja, davon habe ich dir sehr wohl erzählt. Doch eine schnelle Hand und ein ausgezeichnetes Arabisch machen dich noch lange nicht zum Beduinen, mein Freund«, sagte er mit sanfter Zurechtweisung. »Ich wollte dir auch nur sagen, dass du eines nie vergessen sollst, wenn du eine Waffe in die Hand nimmst:
    Wenn du sie niederlegst, kann sie vom Blut eines anderen befleckt sein! Du wirst es erfahren: Eines Tages wird Blut an deiner Klinge sein, Tobias! Und das ist eine Erfahrung, die einen jeden Menschen verändert. Zum Guten oder zum Schlechten, das weiß man vorher nicht.«
    Sadiks Mahnung verursachte ihm Unbehagen und so wechselte er schnell das Thema. »Komm, hilf mir, die Luken zu schließen«, bat er. »Und verrat mir, wo du den ganzen Tag gesteckt hast. Ich hab dich kaum zu Gesicht bekommen. Hast du dich vorm Holzhacken drücken wollen?«
    »Ich war auf meinem Zimmer und habe gelesen.«
    »So? Was hat dich denn so in den Bann geschlagen und alles andere vergessen lassen?«
    »Der Koran.«
    »Den ganzen Vormittag?«, fragte Tobias ungläubig, während er eine der Luken schloss.
    Sadik reckte sich nach dem Aufstellholz der zweiten Luke. »Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt, heißt es in meiner Heimat. Und der Koran ist der schönste von ihnen allen.«
    »Na, nichts gegen den Propheten Mohammed und Allah und deinen Koran, Sadik, aber da kenne ich noch ein paar andere Gärten, die mir entschieden besser gefallen«, erwiderte Tobias.
    Sadik zuckte darüber großmütig mit den Schultern. »Wie ein Brot aussieht, hängt immer vom Hunger des Betrachters ab.«
    »Entschuldige, Sadik. Ich wollte nicht über deinen Glauben spotten«, sagte Tobias, weil er seine unüberlegten Worte sofort bereute, und berührte ihn am Arm. »Vergiss, was ich Dummes gesagt habe, und stell mir eins von deinen Rätseln!«
    »Du magst viele Stärken haben, aber das Lösen arabischer Rätsel gehört kaum dazu«, neckte ihn Sadik.
    »Eines Tages komme ich schon noch dahinter. Übung macht den Meister. Also los, fang schon an«, bat Tobias.
    Sadik zog die Stirn kraus. »Mal sehen. Ein einfaches arabisches Rätsel für einen jungen Hitzkopf wie dich«, murmelte er mit lustigem Augenzwinkern, während sie zur Treppe gingen. Dann blieb er stehen und tat, als wäre ihm etwas eingefallen. Dabei wusste Tobias ganz genau, dass Sadik ein Rätsel nach dem anderen erzählen konnte, pausenlos und stundenlang, wenn es von ihm verlangt würde. »Ah ja, das könnte etwas für dich
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