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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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überraschend. Ich habe es geahnt.«
    »Ja, das haben wir wohl beide.«
    Einen Augenblick schwiegen sie und nur das Knistern des Scheite und das Prasseln der Flammen waren zu hören. Dann bat der grauhaarige Gelehrte: »Erzählen Sie, wie es gelaufen ist.«
    Maurice Fougot drehte sein Glas in der Hand und ließ sich mit der Antwort Zeit. »Ich bin mit ihm auf den Dachboden gegangen. Wegen des Dämmerlichtes, Sie verstehen. Erschwerte Bedingungen.«
    Heinrich nickte mit einem müden Lächeln. Der ganze Tag war für Tobias unter »erschwerten Bedingungen« abgelaufen. Und dennoch hatten sich ihre Hoffnungen nicht erfüllt!
    »Er wollte gleich zur Waffe greifen«, fuhr der Fechtlehrer fort. »Doch ich habe ihn Fußarbeit machen lassen. Pratique ohne Waffe, das er schon immer so sehr hasst. Da hat er sich in den vergangenen drei Jahren nicht geändert. Nun, wir haben geübt. Exercice. Eine geschlagene Stunde. Wie bei einem Anfänger. Körperhaltung, Schrittfolge. Immer wieder von vorn. Fast wäre er mir mit bloßen Händen an die Kehle gegangen!« Er lachte freudlos auf.
    »Zum Teufel noch mal, er hätte müde sein müssen«, warf Heinrich Heller irritiert ein. »Er hat am Vormittag zwei Stunden lang kräftig beim Holzschlagen mit anpacken müssen und Ihr Unterricht fand diesmal direkt nach dem Mittagessen statt – und zwar nach einem extrem schweren und fetten Essen, wie vereinbart! Himmel, wie kann er nach all dem nicht müde gewesen sein!? Ich bin am Schreibtisch eingenickt!«
    Maurice Fougot verzog spöttisch das Gesicht. »Oh, müde war er wohl schon, und das macht es ja umso schlimmer.«
    »Ja, ich verstehe. Natürlich. Bitte, fahren Sie fort.«
    Maurice Fougot erlaubte sich ein halbes Lächeln. »Der Rest ist schnell berichtet, Monsieur Professeur. Als wir endlich zum Florett griffen, glaubte ich schon, es hätte etwas genutzt, unser Plan. Er war so zornig auf mich, dass er nicht warten konnte, es mir zu zeigen.«
    »Und Sie haben den Punkt eingeheimst.«
    Maurice Fougot sah ihn mit einem merkwürdigen Lächeln an, aus dem ebenso Verdrossenheit wie Stolz sprach.
    »Ja, den ersten Punkt habe ich erreicht, Monsieur Professeur«, sagte er betont langsam und legte eine dramatische Pause ein, bevor er hinzufügte: »Aber dabei blieb es auch. Es war der einzige Treffer, der mir gelang – gegenüber neunzehn, die Ihr Neffe anbringen konnte!«
    Heinrich Heller atmete tief durch und lehnte sich zurück.
    »Also gut, der Tag ist gekommen, von dem wir beide wussten, dass er nicht mehr fern war. Nur wünschte ich, er wäre nicht ganz so schnell gekommen.«
    »Er liegt schon hinter uns«, bemerkte der Fechtlehrer lakonisch und nippte an seinem Cognac.
    Heinrich Hellers Gestalt straffte sich auf einmal. »Herr im Himmel, warum reden wir so im Trauerton darüber, über Sie und Tobias? Gut, unsere persönlichen Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Aber ist das ein Grund, in Wehmut zu versinken? Objektiv gesehen sollte das genaue Gegenteil der Fall sein!«
    Maurice Fougot sah ihn skeptisch an.
    »Sie haben Großartiges geleistet«, erklärte Heinrich Heller. »Sie können stolz sein!« Er erhob sich und streckte ihm die Hand hin. »Ich möchte Ihnen meine Hochachtung und meinen aufrichtigen Dank aussprechen und ich bin sicher, das auch im Namen meines Bruders sagen zu können: Sie waren ausgezeichnet!«
    Maurice Fougot lächelte ein wenig gerührt, als er die ihm dargebotene Hand ergriff und den herzlichen Druck erwiderte. »Merci, aber das Gleiche gilt auch für Tobias. Er war der beste Schüler, den ich je hatte – und es gibt nichts mehr, was ich ihm noch beibringen könnte.«
    Sie nahmen wieder Platz. Heinrich Heller strich sich über seinen vollen, jedoch akkurat geschnittenen Bart. »Nun, ich bin sicher, dass Sie ihm die ein oder andere Finesse …«
    Maurice Fougot ließ ihn erst gar nicht ausreden und sagte höflich, aber mit Nachdruck: »Excusez-moi, dass ich Ihnen ins Wort falle, aber es ist, wie ich sagte: Es gibt nichts mehr, was ich ihm noch beibringen könnte, auch keine Finessen. Es fällt mir nicht weniger schwer als Ihnen, aber wir müssen der Tatsache ins Auge sehen: Tobias ist kein Schüler mehr, was die Kunst der Klingenführung betrifft. Er ist mir ebenbürtig. Zumindest. Und er kann zudem noch den Vorteil der Jugend zu seinen Gunsten in die Waagschale werfen.«
    »Die sich aber auch zum Nachteil auswirken kann«, gab Heinrich Heller zu bedenken. »Es stände ihm gewiss nicht schlecht zu Gesicht, würde er
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