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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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seinen Verstand die Entscheidungen fällen zu lassen. Denn so hitzköpfig er manchmal auch sein mochte, so gehörte er doch ganz gewiss nicht zu denjenigen, die einen schwer wiegenden Fehler zweimal begehen.
    Es gab Situationen im Leben, da erhielt man keine Gelegenheit, eine falsche Entscheidung beim zweiten Mal wieder gutzumachen. Das hatte ihm sein Onkel Heinrich, dem das Gut Falkenhof eine knappe Kutschenstunde südwestlich von Mainz gehörte und der in seinen jungen Jahren viel von der Welt gesehen hatte, immer wieder eingebläut.
    Auch sein Vater Siegbert Heller, der um fast zwanzig Jahre jüngere Bruder seines Onkels, der sein ganzes Leben der Erforschung unbekannter Länder gewidmet hatte, damit wieder einige der ›weißen‹ Flecken von den Landkarten verschwanden, die noch unerforschte Regionen kennzeichneten, auch sein Vater betonte immer wieder, wenn er von seinen gefährlichen Entdeckungsreisen in Afrika und Arabien berichtete, dass neben Erfahrung und Wissen in erster Linie Selbstkontrolle und ein scharfer Verstand die wichtigsten Eigenschaften waren, die ein Entdeckungsreisender brauchte, wollte er auch noch von dem berichten können, was er gesehen und erlebt hatte.
    Tobias erinnerte sich noch sehr genau daran, wie sein Vater ihm einmal von einer gefährlichen Situation mit feindseligen Wüstennomaden der Sahara erzählt und ihm geschildert hatte, wie es ihm gelungen war, die Gefahr abzuwehren und schließlich sogar das Wohlwollen der Nomaden zu erringen. Damals, es war schon einige Jahre her, ihm aber dennoch so frisch in Erinnerung, als wäre es erst gestern gewesen, damals hatte sein Vater seinen Bericht mit den ihm unvergesslichen Worten beendet: »Ein Toter hat keine zweite Chance, mein Sohn. Deshalb musst du dir verdammt sicher sein, dass du das Richtige tust, wenn dein Leben und das deiner Begleiter auf dem Spiel steht.«
    All dies fuhr Tobias wie ein einziger Gedanke, der jedoch mehr ein Gefühl war, durch den Kopf, während er dem Franzosen nachsetzte, die bernsteinfarbenen Augen voller Wachsamkeit und das Florett in der Sixt-Auslage haltend. Einige Strähnen seines sandbraunen Haares klebten ihm verschwitzt am Kopf. Sein schlanker, kräftiger Körper stand unter einer hohen Anspannung. Wie eine Klaviersaite, die bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit gedehnt wird. Doch dieser Anspannung lag keine Nervosität oder gar Angst zu Grunde. Im Gegenteil. Es war fast eine freudige Erregung, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Er wusste, dass er dieses Gefecht zu seinen Gunsten entscheiden konnte, wenn er nur die Nerven bewahrte und sein Können im entscheidenden Moment richtig einsetzte.
    ›Lass dich nicht locken …! Lass ihn kommen!‹, ermahnte er sich im Stillen. ›Verlier nicht den Kopf …! Hab Geduld!‹
    Tobias ahnte, was der Franzose im Schilde führte. Ja, er war sich sogar ganz sicher. Das Rückzugmanöver und dieses gegenseitige spielerische Klingenspiel täuschten ihn nicht. Der Franzose wollte ihn unter die offene Luke in das helle Lichtfeld locken. Ihm würde die Sonne dann in den Rücken scheinen, während sie ihn, Tobias, blenden und den Angriff zu spät erkennen lassen würde.
    Das Gesicht des Franzosen, ja, seine ganze Haltung trug einen Ausdruck von spöttisch aufreizender Selbstsicherheit, die die Zwillingsschwester des Leichtsinns war, wie Onkel Heinrich einmal gesagt hatte. Hier jedoch eines nur vorgetäuschten Leichtsinns!
    Tobias sah dem Franzosen genau an, dass er im nächsten Moment einen Ausfall machen und den Angriff wagen würde, sowie er aus dem Schatten ins Licht vortrat. Möglich, dass er seinen Angriff mit einer Finte einleitete.
    Nun gut, sollte er es doch versuchen! Er würde ihm schon die passende Antwort erteilen – mit seinem Florett!
    Tobias rückte ein, zwei Schritte weiter vor, während die Klingen unablässig in Bewegung waren. Sie zuckten hin und her und schienen miteinander zu spielen, während sie sich in Wirklichkeit gegenseitig abtasteten und auf eine Gelegenheit zum blitzschnellen Vorstoß warteten. Der Franzose versuchte eine Flankonade, jedoch ohne ernsthafte Vehemenz und Schnelligkeit, wohl um ihn zu testen, und Tobias parierte den Flankenstoß betont schulmäßig und ohne Phantasie zu zeigen. Hell klirrte Stahl auf Stahl. Doch es war ein kaltes Klirren und ein kaltes Funkeln, wie auch der Himmel jenseits der Dachluken von einem kalten, harten Blau war.
    Nur noch ein Schritt und die Sonne würde ihm ins Auge stechen!
    »Mon dieu! Ich sterbe bald
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