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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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hat!«
    Sadik nickte bedächtig. »Aiwa …! Ja, ich habe alles gesehen.«
    »Und auch alles gehört?«
    »Allerdings.«
    »Er hat dich einen Kameltreiber genannt!« Empörung sprach aus seiner Stimme. »Ich an deiner Stelle hätte den Franzosen zu einem Duell gefordert – aber ohne Schutzkleidung!«
    Sadik lächelte belustigt. »Weshalb denn, du Hitzkopf? Kamele sind der ganze Stolz eines wahren Beduinen. Je mehr Kamele, desto höher sein Ansehen, habe ich dir das nicht oft genug erzählt? Also, weshalb hätte ich mich darüber erregen sollen?«
    »Und was ist mit dem ›heidnischen Muselmanen‹?«, wollte Tobias wissen, der sich von Maurice Fougots abschätzigen Äußerungen über seinen Freund Sadik persönlich verletzt gefühlt hatte und es noch immer tat.
    Dieser hob in einer Geste der Abgeklärtheit die Hände. »Die Worte galten weniger mir denn dir. Er wollte, dass dir der Zorn die Augen trübt und deiner Hand die Führung des Verstandes raubt. Außerdem: Die Katzen sterben nicht daran, dass die Hunde sie verfluchen. Oder wie Scheich Abdul Kalim, dessen Weisheit noch heute von vielen Stämmen gerühmt wird, gesagt hätte: Das Gebell der Schakale macht auf die Wolken keinen Eindruck.«
    Tobias wusste nicht, ob er sich auf den Arm genommen fühlen oder lachen sollte, und so verzog er das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Du immer mit deinem weisen Scheich Abdul Kalim! Manchmal glaube ich, dass der Bursche nur in deiner blühenden Phantasie existiert!«
    Sadik Talib zuckte nur gleichgültig mit den Achseln und antwortete auf diese Unterstellung mit unübertrefflicher Schlagfertigkeit: »Auch wenn du Gold in den Kot steckst, so bleibt es doch Gold, mein Freund.«
    Tobias seufzte resignierend. »Ich gebe auf. Du hast gewonnen. Mit Worten gewinnst du jedes Gefecht, Sadik. Aber du hast noch immer nichts dazu gesagt, dass ich Fougot neunzehn zu eins in die Knie gezwungen habe.«
    »Du warst gut heute«, erklärte Sadik lapidar.
    »Neunzehnmal besser als der Franzose!«, betonte Tobias und hatte Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen, denn er hatte mehr als diesen trockenen Kommentar von ihm erwartet.
    »Am Festtag sind alle große Herren«, erwiderte der Araber mit seiner Vorliebe für rätselhafte Antworten. »Oder: Das Bellen aus der Ferne ist leichter als das Knurren in der Nähe.«
    »Was heißen soll?«
    Sadik antwortete nicht sofort, sondern schob seinen Pullover hoch und zog ein kostbares Messer aus einer kunstvoll gearbeiteten Scheide aus gehämmertem Silber, die innen mit dunklen Holz ausgeschlagen war. In die gut zwei Finger breite Klinge waren arabische Schriftzeichen eingraviert. Von weitem ähnelten sie Feuerzungen. Das Griffstück bestand aus Elfenbein, da im Laufe der Jahre eine fast gelbliche Farbe angenommen hatte Ornamente, die auf beiden Seiten einen Skarabäus einrahmten waren in das Elfenbein geschnitzt. Er nahm die Spitze der beidseitig geschliffenen Klinge zwischen Daumen und Zeige- und Mittelfinger, sah sich um und deutete schließlich auf einen alten Kleiderschrank, dessen linke Seite angekohlt war und der auch sonst überall Brandspuren aufwies.
    »Siehst du den Schrank und die Rosette über den Türen?«
    »Tab’an!«, antwortete Tobias auf Arabisch. »Natürlich!«
    Der Schrank stand etwa zehn, zwölf Schritte von ihnen entfernt neben anderem Gerumpel unter der Dachschräge. Sadik hob die Hand mit dem Messer.
    »Hasib …! Pass auf!«, rief Sadik und schleuderte das Messer.
    Es flog mit einem leisen, hohen Sirren durch die Luft und bohrte sich tief ins Holz. Die Klinge ragte mitten aus der Rosette heraus, teilte sie in zwei fast gleich große Hälften.
    Tobias folgte ihm zum Schrank. »Ich weiß, dass du so gut mit dem Messer umzugehen verstehst wie niemand sonst, den ich kenne. Aber ich verstehe nicht, was das mit mir und dem Franzosen zu tun haben soll.«
    »Sehr viel. Überlege!«
    »Nein, das ist mir zu hoch, Sadik. Du wirst dich schon zu einer Erklärung durchringen müssen, die auch ein Nicht-Araber und vor allem ein Nicht-Beduine versteht«, zog er ihn damit auf, dass er besonders stolz auf seine beduinische Abstammung war.
    Sadik zog das Messer aus der Rosette. »Geh mit dem Finger über den Einschnitt!«, forderte er ihn auf.
    Tobias verzog spöttisch das Gesicht, leistete seiner Aufforderung aber Folge. »Also gut, ich habe gefühlt. Aber was soll das, Sadik?«
    »Was genau hast du gefühlt?«
    »Die Einkerbung im Holz natürlich!« Die Ungeduld sprach unverhohlen aus
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