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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer
Autoren: Martin Clauß
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Beine. Dann spürte er die Spitzen ihrer Brüste. Ihr Gesicht war nur noch eine Handbreit von dem seinen entfernt. Sie legte es leicht schräg, als wolle sie sich küssen lassen. Es kostete ihn enorme Überwindung, nicht entweder zurückzuweichen oder sie an sich zu reißen. Einfach so stehen zu bleiben, sich nicht zu bewegen, war eine ungeheure Aufgabe, an der ein Mann zerbrechen konnte. Seine Blicke ruhten auf ihren Lippen.
    „Möchtest du wirklich Frederik sehen?“, lächelte sie. „Dann muss ich gehen. Hier oben ist kein Platz für drei. Ich werde mir unten einen Stuhl suchen, am besten neben einem der ... Junkies. Wäre dir das recht, Artur?“
    Artur war kein Idiot. Er war verwirrt, aber das war nicht dasselbe. Er merkte, dass er verführt werden sollte. Die Frau machte nicht den geringsten Versuch, diese Absicht vor ihm zu verbergen. Und natürlich lief seine Skepsis in seinem Kopf Amok. Er hatte nichts gegen Frauen. Hatte nichts dagegen, verführt zu werden. Aber dies hier hatte nichts damit zu tun, dass sich zwei Menschen zueinander hingezogen fühlten. Diese Frau war auf ihn angesetzt worden. Sie gurrte nicht wie ein Täubchen, weil er ihr gefiel, sondern weil sie den Auftrag hatte, ihn zu becircen. Aber wer hatte sie beauftragt? Frederik? Warum sollte er das tun?
    „Du kannst hier bleiben, wenn du möchtest“, sagte Artur mit belegter Stimme.
    „Oh, das ist sehr liebenswürdig von dir“, erwiderte sie. Mit atemberaubender Langsamkeit löste sie sich von ihm, hob ihren Rock an und ließ sich auf dem Stuhl nieder. „Mein Name ist Carina“, sagte sie, und sie sang ihren Namen dahin wie eine Melodie. „Ich liebe Theater.“
    Artur schluckte. Für einen Moment hatte er ihre Beine bis hinauf zu den Schenkeln gesehen, die weißen Strümpfe, in denen sie steckten, und die Strapse, die sie hielten ... Ihm wurde heiß. Er fühlte sogar eine Art Schwindel, denn es war ihm, als bewegte sich zu Carinas Füßen etwas Dunkles, Schattenhaftes. Der Boden schien Wellen zu schlagen. Er blinzelte und sah wieder auf ihr Gesicht, setzte sich ebenfalls, bastelte sich einen Satz zurecht.
    „Frederik und Janina lieben ebenfalls das Theater, nicht wahr?“ Er wusste nicht, warum er das sagte. Vielleicht, um herauszufinden, welche Verbindung sie zu den beiden hatte.
    „Ja, das tun sie. Aber Frederik liebt die Schauspieler, vor allem die männlichen.“ Sie lachte, und es wirkte nicht spöttisch. „Und Janina, diese Träumerin, die ist verliebt in die Handlungen. Nur schnulzig muss es sein, herzerweichend, und es muss gut ausgehen, wie ihre Groschenromane. Das interessiert mich alles nicht.“
    „Und was ist es dann, was dich am Theater fasziniert?“ Er ließ seine Blicke über ihren ganzen Körper wandern. „Die Kostüme?“
    Carina wurde ernst – und sah dabei noch schöner aus. Ihre Augen bekamen eine Eindringlichkeit, die ihnen magische Kräfte zu verliehen schien. „Die dunklen Räume, Artur! Die Balkone. Stell dir vor, wir sehen alles, was die da unten anstellen. Aber was wir hier oben tun, Artur, das sieht niemand von ihnen. Die Zuschauer nicht und die Schauspieler nicht. Wusstest du, dass manche Dramatiker Szenen in ihre Stücke einbauten, in denen Menschen aus hohen Fenstern schauen? Weißt du, dass sie das nur getan haben, damit die Schauspieler von der Bühne aus sehen konnten, was die hohen Herrschaften in den Logen trieben? Solche Rollen bekamen nur die Verdientesten unter ihnen.“
    Artur erwiderte ihren Blick, auch wenn er fürchtete, jeden Augenblick davon hypnotisiert zu werden. Vielleicht war er es schon. „Nein“, antwortete er. „Das wusste ich wirklich nicht.“
    „Jetzt weißt du es. Was gefällt dir am Theater? Los, raus damit!“
    „Ich ... habe keine Ahnung. Ich bin nur auf Frederiks Einladung hin hergekommen. Es muss Jahre her sein, dass ich ... Carina!“ Er setzte sich aufrecht, leckte sich nervös die Lippen. „Du musst mir jetzt verraten, was hier gespielt wird.“
    Sie sah ihn mit entzückendem Mitleid an. „Dir sagt der Name Nestroy nichts, oder?“
    „Du weißt genau, dass ich das nicht meine. Irgendetwas geht hier vor – ich ... gestehe, ich bin vielleicht nicht genug auf Draht, um es zu durchschauen, aber dass hier eine ganz andere Art von Theater mit mir gespielt wird, ist selbst mir nicht entgangen.“
    „Eine andere Art von Theater! Das klingt hochinteressant. Sprich weiter!“
    „Frederik, Janina, du – ihr steckt doch alle unter einer Decke.“ Wir gehen ab und zu
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