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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 12 Schattentänzer
Autoren: Martin Clauß
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der dritte ihn immer noch kriegen.
    Schon kam das Schnattern wieder näher. Es war wie das Spottgelächter infernalischer Wesen. Ein Freudengesang auf seinen Tod. Hatten diese Menschen wirklich bis vor wenigen Minuten noch ein Auto gesteuert? Waren es nicht Wilde, blutgierige, unzivilisierte Barbaren, die ihn jagten? In seinen Gedanken verwandelten sie sich in nackte, mit Speeren und Blasrohren ausgestattete Kannibalen. Dann wieder dankte er dem Himmel, dass sie nur ein Messer hatten. Dieses krumme Ding ließ sich wohl schlecht werfen – und dieser Tatsache hatte er zweifellos sein Leben zu verdanken.
    Ächzend trieb er seinen Körper weiter vorwärts. Olaf Springer war gut trainiert. In Deutschland joggte er regelmäßig vor dem Frühstück und spielte Tennis mit einem Bekannten. Aber er war nicht mehr der Jüngste. Dazu kam, dass das Mittagessen viel zu reichhaltig gewesen war. Und die Luft in dieser Hölle wurde mit jeder Sekunde stickiger. Er spie Mücken aus. Riss sich Kleidungsstücke vom Leib. Wischte sich den Schweiß von der Stirn, der salzig und schmerzend in seine Augen rann.
    Einen Fluss! Er brauchte einen Fluss, um unterzutauchen und seine Spuren zu verwischen. Mochte er voll mit Blutegeln oder fleischfressenden Fischen sein – ein Fluss wäre seine Rettung gewesen.
    Es gab keinen Fluss. Nicht einmal einen Bach.
    Als er sich umsah, konnte er das Gesicht eines der Männer deutlich erkennen. Es war nicht der, der das Messer hatte. Aber das spielte keine Rolle.
    Olaf gab sein Letztes. Während er hinter sich blickte, prallte er so hart gegen einen riesenhaften Baum, dass er glaubte, sich jede einzelne Rippe gebrochen zu haben. Auch seine Schläfe schien in zwei Teilen zu sein. Den Schmerz ignorierend, peitschte er sich weiter, nach rechts, dann nach links. Er mied die leicht begehbaren Pfade, suchte die dichteren Stellen, durch die er sich kaum quetschen konnte. Vergaß, dass sein Leib größer, sperriger war als die seiner Verfolger. Suchte nach einem Versteck. Nach irgendetwas.
    Sein Körper wurde müde. Die schlaflose Nacht ... das tropische Klima ... die Müdigkeit kam so entsetzlich schnell ...
    Er registrierte es kaum, als der Boden unter seinen Füßen verschwand und er einen steilen Abhang hinabrollte. Erde drang in seinen Mund, als er mit dem Gesicht über den Untergrund schabte, aber es störte ihn nicht. Es war angenehmer, Erde zu essen als Insekten. Seine Braue zerriss, seine Lippe platzte auf. Es gab keine Steine an diesem Erdhang, aber Pflanzen und Wurzeln. Hart und scharf ragten sie aus dem Boden, kämmten seinen ganzen Körper durch, behielten kleine Teile von seiner Kleidung und von seinen Haaren, seiner Haut und seinem Fleisch, während er über sie hinwegschrammte, als Andenken an den weißen Mann, der sich ungewollt dem Gesetz des Dschungels unterworfen hatte.
    Als er am Fuße des Abhangs auf dem Rücken liegen blieb, hatte er keine Kraft mehr zum Aufstehen. Sein Gesicht wurde immer mehr von den roten Rinnsalen überflutet. Blubbernd kam sein Atem aus dem See aus Blut, der seinen Mund füllte. Er schaffte es, seinen ganzen Körper zur Seite zu drehen und das Blut auszuspucken, ehe er daran erstickte.
    Olaf wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Seine Gedanken klärten sich, er hob den Kopf und sah sich um. Weit hinter den Bäumen zur Linken glaubte er die Schatten sich nähernder Gestalten zu erkennen. Wenn es seine Verfolger waren, dann hatten sie einen sicheren Umweg gewählt. Es überraschte ihn nicht, dass sie nicht aufgegeben hatten. Jetzt saß er in der Falle, war ein leichtes Opfer. Vielleicht würde er aufstehen können, ein paar Schritte gehen. Fliehen konnte er nicht mehr.
    Doch etwas anderes überraschte ihn.
    Er befand sich nicht mehr im unberührten Urwald. Er lag vor einer Hütte!
    Jemand hatte ein knappes Ar Dschungel gerodet und zwei primitive Häuser aufgebaut. Das zweite, hintere sah verfallen aus. Die vordere Hütte war gut in Schuss. Sie hatte ein spitzes, dekorativ nach vorne überhängendes Dach, wie man es hier öfters sah, dazu eine kleine Tür, ein Fenster.
    Irrte er sich, oder näherten sich seine Verfolger sehr langsam?
    Waren sie außer Atem? Oder gab es einen anderen Grund, warum sie nicht zügig herankamen, seine Taschen durchstöberten und ihm alles abnahmen, was an seinem Leib von Wert war? Bereitete es ihnen Vergnügen, ihn leiden zu sehen?
    Olaf setzte sich hin. Dann stützte er sich auf und kam auf die Beine. Zunächst blieb er in der Hocke,
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