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Versuchung Pur

Versuchung Pur

Titel: Versuchung Pur
Autoren: Nora Roberts
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1. K APITEL
    »Wenn ich etwas hasse«, murmelte Eden, »dann sechs Uhr in der Früh.«
    Die Morgensonne strahlte durch die dünnen Vorhänge ins Blockhaus. Sie malte Muster auf den Holzboden, auf das Bettgestell aus Metall und auf Edens Gesicht. Laut hallte das Läuten des Weckers in ihrem Kopf nach. Auch wenn sie dieses schrille Klingeln erst seit drei Tagen kannte – Eden hatte bereits eine inbrünstige Abneigung dagegen entwickelt.
    Einen fantastischen Moment lang vergrub sie das Gesicht unter dem Kopfkissen und träumte sich in ihr großes Himmelbett. Die feine Bettwäsche roch nach Zitrone, ganz leicht nur, ein Hauch. Die Vorhänge in dem luftigen, in Pastellfarben gehaltenen Schlafzimmer waren gegen die aufdringliche Morgensonne fest zugezogen, und frische Blumen versüßten mit ihrem Duft die Luft.
    Doch dieser Kissenbezug hier roch nach Federn und Desinfektionsmittel.
    Mit einem leisen Fluch schleuderte Eden das Kissen zu Boden. Der Wecker hatte inzwischen sein aufdringliches Schrillen eingestellt, dafür hörte man jetzt das aufgeregte Krächzen der Krähen. Aus der Hütte direkt gegenüber ertönte laute Rockmusik. Mit schläfrigem Blick sah Eden zu, wie Candice Bartholomew schwungvoll aus ihrem schmalen Feldbett sprang.
    »Guten Morgen!« Ein strahlendes Lächeln zog auf Candys vorwitziges Elfengesicht. Mit beiden Händen fuhr sie sich durch den leuchtend roten Haarschopf und zerzauste ihn dabei nur noch mehr. Für Eden bestand Candys Wesen hauptsächlich aus Energie. »Was für ein wunderschöner Tag!«, verkündete sie mit bester Laune und reckte sich ausgiebig in ihrem Rüschenbabydoll.
    Eden gab nur einen unverständlichen Laut von sich. Sie streckte die nackten Beine unter dem Bettzeug hervor und setzte sich auf. Als ihre Füße den Holzboden berührten, gratulierte sie sich im Stillen zu dieser erstaunlichen Leistung.
    »Wenn du so weitermachst, fange ich noch an, dich zu hassen«, brummelte sie schlaftrunken. Mit geschlossenen Augen strich sie sich das wirre blonde Haar aus dem Gesicht.
    Candy grinste und stieß die Tür auf, um frische Morgenluft ins Zimmer zu lassen. Dann drehte sie sich um und musterte die Freundin. In der frühen Sommersonne wirkte Eden fein und zerbrechlich. Das helle Haar fiel ihr in Stirn und Wangen, die Lider waren geschlossen. Ihre schmalen Schultern sackten zusammen, bevor sie ausgiebig gähnte.
    Candy hielt sich mit Kommentaren weise zurück. Sie wusste, dass Eden ihre eigene Begeisterung für den Sonnenaufgang keineswegs teilte.
    »Die Nacht kann doch unmöglich schon vorbei sein!«, murmelte Eden jetzt gerade. »Ich bin doch eben erst ins Bett gegangen.« Sie stützte die Ellbogen auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht. Sie hatte einen hellen Teint, ihre Wangen waren leicht rosig. Ihre Nase war klein, und die Nasenspitze zeigte ein wenig aufwärts. Wäre da nicht der volle, großzügige Mund, hätte man ihr Gesicht als kühl und aristokratisch bezeichnen können.
    Candy machte noch ein paar tiefe Atemzüge an der offenen Tür, dann schloss sie sie wieder. »Du brauchst nur eine Dusche und einen Kaffee, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Die erste Woche im Camp ist immer die schlimmste, das weißt du doch.«
    Eden richtete große dunkelblaue Augen auf Candy. »Du hast gut reden! Du bist ja auch nicht in Giftefeu gefallen.«
    »Juckt es noch?«
    »Ein bisschen.« Edens schlechtes Gewissen regte sich. Es gab keinen Grund, ihre üble Laune an der Freundin auszulassen. Und so versuchte Eden sich an einem Lächeln. Sofort wurden ihre Gesichtszüge nachgiebig und weich, die Augen, der Mund, sogar die Stimme. »Es ist ja auch das erste Mal, dass wir die Leiterinnen des Camps sind und nicht die Camper.« Noch einmal gähnte sie mit offenem Mund, dann stand sie auf und zog den Morgenmantel über. Die Luft war erfrischend, aber auch eiskalt. Eden wünschte, sie könnte sich daran erinnern, was sie mit ihren Pantoffeln angestellt hatte.
    »Versuch’s mal unter dem Bett«, schlug Candy vor.
    Eden beugte sich vor und schaute nach. Tatsächlich, da waren sie. Bestickte pinkfarbene Seidenpantöffelchen, wenig geeignet für ein Feriencamp. Aber irgendwie war es Eden nicht lohnenswert erschienen, sich andere zu besorgen.
    Das Anziehen der Pantoffeln lieferte ihr immerhin den passenden Vorwand, sich wieder zu setzen. »Meinst du wirklich, fünf aufeinanderfolgende Sommer in Camp Forden haben uns ausreichend auf das hier vorbereitet?«
    Candy hatte mit ihren
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