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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum
Autoren: Charles Bukowski
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Minuten zurück. »Haben Sie die Squeegies fertig?«
    »Nee.«
Er rannte wieder nach vorn. Ich bohrte Löcher, drehte Schrau
    ben rein, schmirgelte. Fünf Minuten später war er wieder da. »Schon fertig mit den Squeegies?«

    »Nee.«

    Als er das nächste Mal wiederkam, hatte ich gerade einen
    Squeegie fertig und war beim zweiten mittendrin.
»Nicht mehr nötig. Der Kerl ist rausgegangen.«
Bud ging gemächlich wieder nach vorn …

79
    Der Laden ging langsam pleite. Die Bestellungen wurden von Tag zu Tag spärlicher. Es gab immer weniger zu tun. Sie feuerten den Busenfreund von Picasso, und ich mußte jetzt die Scheißhäuser aufwischen, die Papierkörbe leeren, frische Rollen Klopapier an die Wand hängen. Jeden Morgen fegte ich den Gehsteig vor dem Laden und spritzte ihn anschließend mit dem Wasserschlauch ab. Einmal in der Woche putzte ich die Schaufenster.
    Eines Tages beschloß ich, auch mal in meinem Packraum sauberzumachen. Dabei räumte ich auch die Ecke aus, in der ich die leeren Kartons aufgestapelt hatte, die ich für den Versand benutzte. Ich trug den Stapel ab, um unten den Dreck rauszukehren. Ganz unten lag eine kleine längliche graue Schachtel. Ich hob sie auf und nahm den Deckel ab. Sie enthielt 24 große Kamelhaarpinsel. Die Pinsel waren dick und prächtig anzuschauen und kosteten 10 Dollar das Stück. Ich war mir unschlüssig, was ich tun sollte. Ich sah sie eine Weile an, dann machte ich den Deckel wieder drauf, ging durch den Hintereingang hinaus auf die Gasse und steckte die Schachtel in eine Mülltonne.
    An diesem Abend verließ ich den Laden als einer der letzten. Ich ging in das Café in der Nähe, trank eine Tasse Kaffee und aß ein Stück Apfelkuchen. Dann ging ich den Block zurück und bog in die Gasse hinter dem Laden ein. Ich hatte ein Viertel des Weges zurückgelegt, als Bud und Mary Lou am anderen Ende um die Ecke kamen und in die Gasse einbogen. Mir blieb nichts anderes übrig als weiterzugehen. Es ließ sich nicht vermeiden. Wir kamen einander näher und näher. Schließlich ging ich an ihnen vorbei. »Hi«, sagte ich. »Hi«, sagten sie. Ich ging ans andere Ende der Gasse und dort über die Straße und in eine Kneipe rein. Ich setzte mich an die Bar, trank ein Bier, dann noch eins. Eine Frau weiter unten an der Bar fragte mich, ob ich mal Feuer hätte. Ich stand auf und ging zu ihr hin. Während ich ihr Feuer gab, ließ sie einen Furz. Ich fragte sie, ob sie hier irgendwo in der Nähe wohne. Sie sagte, sie sei aus Montana. Ich erinnerte mich an eine unglückliche Nacht, die ich in Cheyenne/Wyoming verbracht hatte, was nicht weit von Montana ist. Ich verließ die Kneipe und ging zurück in die Gasse.
    Ich ging an die Mülltonne und griff rein. Die längliche graue Schachtel war noch da. Sie fühlte sich auch noch so schwer an wie beim ersten Mal. Ich schob sie mir oben ins Hemd rein, und sie rutschte nach unten und legte sich quer vor meinen Bauch. Ich ging nach Hause in meine Bude.

80
    Als nächstes stellten sie eine Japanerin ein. Ich hatte schon seit langer Zeit eine sehr eigenartige Wunschvorstellung, die mir nicht mehr aus dem Sinn ging: eines Tages, wenn der ganze Trouble und die Quälerei vorbei waren, würde ein japanisches Girl ankommen, und fortan würden wir glücklich und zufrieden leben bis ans Ende unserer Tage. Oder vielmehr, ob glücklich oder nicht, es würde auf jeden Fall ein leichtes Leben sein, mit sehr viel innerer Anteilnahme und gegenseitigem Verständnis. Japanische Frauen waren so wunderschön grazil, sie hatten einen ganz besonderen Knochenbau. Sie hatten so einen schön geformten Kopf, und ihre Haut straffte sich mit zunehmendem Alter. Straff und glatt wie ein Trommelfell. Bei amerikanischen Frauen wurde das Gesicht schlaffer und schlaffer, und schließlich ging es völlig aus dem Leim. Sogar das Hinterteil ging aus dem Leim und wurde obszön. Es waren überhaupt zwei grundverschiedene Kulturen: japanische Frauen hatten ein intuitives Verständnis für gestern und heute und morgen. Vielleicht kann man es Weisheit nennen. Und sie hatten Stehvermögen. Für amerikanische Frauen gab es nur das Heute, und sobald auch nur einen Tag etwas dazwischenkam, kippten sie aus den Latschen.
    Ich war also sehr eingenommen von dem neuen Girl. Außerdem war ich mit Jan schwer am Saufen, was mir das Hirn vernebelte und mir allerhand merkwürdige Flausen in den Kopf setzte und mich mutig machte.
    Als sie an ihrem ersten Tag mit den Bestellungen zu mir nach hinten kam,
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